Im Bann der Dämonin
dir nichts hereinspazieren und in meinem Geschäft herumschnüffeln?“
Es war ein Leichtes, sich von ihr loszumachen. „Ich kann alles.“
Zuerst durchsuchte er die Regale im Hinterzimmer auf Spuren. Nichts. Nicht der kleinste Hinweis. Einen Moment stand er im Dunkeln und dachte nach.
Da bemerkte er, wie sich im hinteren Teil der Galerie lautloseine Tür öffnete. Ein schmaler Lichtstrahl war alles, was zu sehen war. Dann wurde die Tür wieder geschlossen.
Brandon sah die Frau an. „Was ist da hinten?“
„Nichts.“ Sie warf einen Blick zu den Kunden im Laden, die sich die Glasartikel betrachteten. „Sir, Sie stören meine Kundschaft. Bitte gehen Sie.“
Die Menschen sahen flüsternd zu ihm herüber.
„Das Geschäft muss leider wegen eines Notfalls sofort geschlossen werden. Wenn Sie etwas kaufen möchten, kommen Sie bitte später wieder.“ Brandon öffnete die Tür und drehte das Schild um auf chiuso – geschlossen und wartete, bis die Menschen das Geschäft verlassen hatten. „So. Niemand mehr da, den wir stören können.“
Er ging zum hinteren Teil der Galerie und öffnete die Tür.
„Warten Sie!“, rief die Frau. „Da können Sie nicht hochgehen!“
Die Worte der Verkäuferin interessierten ihn nicht im Geringsten. Er warf einen Blick auf die dunkle Treppe, die nach oben führte. „Oh doch, das kann ich.“
Schon machte er sich auf den Weg nach oben.
Am oberen Treppenabsatz gelangte er auf einen großen Flur, der wie ein Partyraum gestaltet war. Anscheinend sollte hier gleich etwas gefeiert werden. Der Raum war mit Samtsofas und dicken Vorhängen dekoriert. Eine geschwungene Treppe führte hinauf in ein weiteres Stockwerk, mit einer langen Reihe von geschlossenen Türen unter geschnitzten Balustraden. An den hohen Decken hingen edle Kronleuchter.
Eine der Türen öffnete sich, und ein Mädchen schaute heraus. „È lui un cliente , Carlotta?“
„Nein, er ist kein Kunde. Nicht um diese Uhrzeit.“ Keuchend lief die Verkäuferin hinter Brandon die Treppe hinauf.
Der Lärm sorgte dafür, dass weitere Türen geöffnet wurden. Auf der oberen Galerie zeigten sich nun mehrere halb bekleidete Mädchen und schauten neugierig über die geschnitzteBrüstung. Sie drängten sich zusammen und starrten ihn an. Wie in Trance flüsterten sie alle gleichzeitig ein einziges Wort: „Angelo.“
Die Augen der Mädchen leuchteten hell im gedämpften Licht des Bordellflurs.
Denn nichts anderes ist das hier, stellte Brandon fest.
Eines der Mädchen kam auf ihn zu und spielte an ihrem Dekolleté. „Ich habe auch ein Tattoo. Möchtest du es sehen?“
Sie öffnete ihr Korsett und präsentierte ihm freizügig ihre Brüste. Brandon schob sie zur Seite, ohne sie eines Blickes zu würdigen.
„Wo ist Luciana Rossetti? Wer von Ihnen hat sie gesehen?“ „La lucciola?“ , krähte ein Mädchen.
Alle lachten. Der Klang der Sirenen, der Sex und Erfüllung verhieß. Ihre fast nackten Brüste, in Korsetts gezwängt und hochgeschnürt, um alle ihre Vorteile hervorzuheben, wackelten dazu.
„Luciana ist nicht hier.“ Carlotta, die Verkäuferin, die anscheinend auch die Besitzerin des Bordells war, antwortete ihm. „Was heißt das?“, erwiderte er schroff. „La lucciola.“
Als sie ihn italienisch sprechen hörten, bogen sich die Mädchen vor Lachen. Einige von ihnen mussten sich am Geländer festhalten, so sehr lachten sie.
Carlotta lachte ebenfalls. „Das ist ihr Spitzname hier. Er bedeutet ‚Glühwürmchen‘. Wenn Sie vorhaben, Sie zu fangen, besorgen Sie sich am besten ein Schmetterlingsnetz.“ Sie wedelte verführerisch mit ihrem Seidenschal vor seinem Gesicht herum. Doch Brandon schlug unsanft ihre Hand weg. „Mein Lieber, Sie könnten etwas Nachhilfe darin gebrauchen, wie man eine Frau behandelt. Vielleicht werden Sie lockerer, wenn Sie ein bisschen hierbleiben.“
„Es reicht!“, schrie Brandon.
Der Fußboden bebte unter ihnen. Die mit Damast bespannten Wände und das antike Mobiliar wankten. Die Kronleuchterbegannen gefährlich zu wackeln und drohten herunterzufallen. Schon klirrten sie laut.
„Glaubt ihr, die göttliche Macht könnte dieses Irrenhaus nicht dem Erdboden gleichmachen?“ Er wusste zwar, wie unwahrscheinlich das war. Aber von diesen Dämoninnen wusste das keine. „Ich will jetzt wissen, wo sie ist!“
Es war mucksmäuschenstill geworden.
Starr vor Schreck standen die Mädchen da.
Das Klirren der Kronleuchter war das Einzige, was zu hören war, bis auch dieses
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