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Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Titel: Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Kestner
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Bein hoch.
    »Was ist noch da?« Timothy musterte Dibs scharf.
    »W-wir w-wissen es ni-icht. Es hat gea-ha-tmet«, presste Dibs heraus und war mit einem Satz unter Timothys Schlafschaukel verschwunden, nur sein zittriges Ärmchen lugte hervor und deutete auf die wuchtige Standuhr.
    »Die Uhr hat geatmet?«, fragte Timothy vornübergebeugt und angelte nach seinen Schuhen. »Oder meintest du etwa Loos Schnarchen?«
    Dibs schüttelte heftig den Kopf. »So-hoo hat die Uhr gemacht und immerzu geschnauft«, behauptete er; dabei blähte er seine Backen auf und ab.
    »Hey, du hast wahrscheinlich nur –« Gerade als Timothy geträumt sagen wollte, meinte er eine Bewegung in der Uhr zu erkennen. Verdutzt rieb er sich die Augen. Schon wieder! Der froschgrüne Korpus zuckte, gerade so, als hätte er Schluckauf. Vorsichtig näherte er sich ihr und bedeutete Dibs mit einem Handwedeln, unter der Schaukel zu bleiben. Auch Loo, der mit zusammengekniffenen Augen die Standuhr fixierte, war die Bewegung anscheinend nicht entgangen.
    »Wirsinnichallein«, zischte er Timothy zu und stieg leise aus der Schlafschaukel.
    Timothy blieb mitten im Schritt stehen. Er spürte, wie die Angst in ihm aufstieg: Was zum Teufel war in der Uhr, und warum?
    »Was soll ich tun?«, fragte er beklommen, während er Loo dabei beobachtete, wie der auf Zehenspitzen zu dem erkalteten Ofen schlich.
    »Wir sollten Avy wecken, es ist schon spät«, dröhnte Loo, als ob es die zentrale Sesselstation zu übertönen gelte. Dabei wedelte er mit hinter dem Rücken verborgener Hand Richtung Tür.
    »Ist gut. Wenn Avy schon wach ist«, versuchte Timothy möglich gleichgültig zu erwidern, blieb jedoch mitten im Schritt stehen.
    Loo hatte einem schweren Schürhaken gegriffen, sprang auf die Standuhr zu und hieb das Eisen in die Rückwand.
    »Aaaa! Hua! Aaaaah!«
    Statt dem Geräusch von zerberstendem Holz erfüllte nur ein gellender Schrei das Zimmer. Der Schürhaken federte zurück. Und da, wo Timothy eben noch die beulenartige Ausbuchtung der Uhr gesehen hatte, erstreckte sich ein gewaltiger Bauch, der über zwei stämmigen Beinen thronte. Aus der oberen Wölbung dehnten sich zu beiden Seiten Arme, die in klobigen Händen endeten, wobei die linke eine leere Flasche umklammerte und die rechte nach dem blutenden Hinterteil griff.
    »Ein Vine! Timothy, vergiss Avy! Hilf mir lieber!«, schrie Loo, während er verzweifelt versuchte, den massigen Vinen mit seinen kurzen Armen zu umklammern.
    Doch Timothy war im ersten Moment nicht imstande, sich zu bewegen. Der Schreck hatte sich augenblicklich in das vertraute Zittern verwandelt, das sich rasant von seinen Haarspitzen bis zu seinen Beinen vorarbeitete. Er musste bereits alle Willenskraft aufbringen, um nicht durch das geschlossene Fenster zu fliehen, an einen Angriff war nicht im Entferntesten zu denken. Dabei bot der fleischige Vine in seinem froschgrünen Umhang und dem kreisrunden Uhrenkopf eher einen komischen als einen beängstigenden Anblick.
    »TIMOTHY! Beweg dich endlich!«, schrie Loo zornig.
    Im gleichen Moment wölbte sich das Ziffernblatt zu einem hochroten, beinahe violetten Kopf, der gehetzt zu allen Seiten sah. Erleichtert über die offensichtliche Furcht des Vinen spürte Timothy, wie der Wunsch zu jagen seine eigene Angst überflügelte. Doch bevor ihm seine Beine wieder gehorchten, riss sich der Fremde los und sprang durch die massive Mauer auf die Via Aurum. Die leere Flasche fiel klirrend zu Boden. Jetzt konnte Timothy auch sein Blut wittern und wusste, dass der Vine sich Richtung Plaza entfernte.
    »Er läuft zur Plaza«, rief Loo wie zur Bestätigung, wobei er seinen kurzen Oberkörper so weit wie möglich aus dem Erkerfenster streckte. »Warum hast du mir nicht geholfen, Mann? Den hätten wir geschafft!«
    Niedergeschmettert ließ sich Timothy auf die Schlafschaukel sinken und vergrub sein Gesicht in den Händen. »Ich konnte einfach nicht.«
    Natürlich hätte er Loo von dem Zittern erzählen können. Wahrscheinlich sollte er das sogar. Mit Glück gab es eine ganz einfache Erklärung für all das. Doch im Grunde wusste Timothy, dass etwas Widernatürliches in ihm vorging, von dem seine Freunde besser nichts erfahren sollten. Übelkeit überkam ihn, als er an den Gobbel denken musste, den er erlegt hatte. Erlegt, schalt er sich sofort in Gedanken. Er hatte den Gobbel getötet, ja, aber erlegt? Der Dämon war doch keine Beute gewesen, oder doch? Aber als Timothy an das fellige Monster dachte, gingen

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