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Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Titel: Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Kestner
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zu werfen. Mit Schrecken sah er gerade noch eine Hand, die sich durch den Geröllhaufen bohrte, dann war auch er im Schrein der Gedanken untergetaucht.
    Ein unglaublicher Anblick bot sich seinen Augen und hatte nichts mit dem zu tun, was Timothy sich unter einem Schrein vorgestellt hatte: Er stand am Rand eines tiefen Abgrunds, der sie von einer gewaltigen Höhle auf der anderen Seite abschnitt, die wie eine Festung auf ihn wirkte. Unzählige Treppen schraubten sich zu spitzen Türmen, die wie Wespennester an der rauen Felswand hingen; überall sah er Zinnen, steile Mauern und runde Scharten, welche etliche vorstehende Steinplatten schützten, von denen aus jeder Angriff mit Leichtigkeit hätte abgewehrt werden können. Anscheinend hatten die Erbauer hohen Wert darauf gelegt, diesen Ort zu schützen. Erst weit über den wehrhaften Bauten entdeckte Timothy in schwindelerregender Höhe einige hängende Balkone, von denen aus arkardenartige Gänge führten. Er versuchte, sich für einen Moment auszumalen, wie die Hexen sich dort, auf ihren Holunderästen fliegend, besucht hatten, um bei einer Tasse Wurzeltee die neuesten Zaubertrankrezepte auszutauschen. Dann aber drückte er sich an der dunklen Felswand entlang und spähte mit klopfendem Herzen durch den Spalt.
    »Siehst du jemanden?«, wisperte Avy ihm zu und erstickte mit vor den Mund gepresster Hand einen Hustenanfall. Auf dieser Seite war es so trocken, dass feiner Steinstaub nach kürzester Zeit einen rötlichen Schleier auf ihrer Haut hinterließ.
    Timothy wich von dem Spalt zurück. »Nein – nichts. Ich kann auch keine Schritte mehr hören.«
    »Dann lass uns hier abhauen!«, krächzte Loo, auf dessen Gesicht sich hektische Flecken gebildet hatten.
    »Und wohin?«, zischte Avy.
    »Na, dahin!« Loo zeigte mit seinem knubbeligen Zeigefinger auf die gegenüberliegende Seite. »Wohin sonst?«
    »Wohin sonst?« Timothy schnappte nach Luft. »Ist dir vielleicht der Abgrund vor unseren Füßen entgangen, Loo?«
    »Wir werden schon einen Weg finden«, trotzte Loo, bewegte sich jedoch keinen Schritt auf die breite Schlucht zu, stattdessen sah er auffordernd seinen Freund an: »Du bist doch der Erlöser, oder?«
    »Na toll«, stöhnte Timothy, wagte sich jedoch bis zum fransigen Rand des Abgrunds vor, wobei er mit beiden Armen hinter seinem Rücken ruderte, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. »Hey, guckt euch das an! Hier in der Schlucht sind überall Taue befestigt, und dort unten ist so was wie ein Altar!«, rief er aus. »Vielleicht sollten wir versuchen runter zu kommen.«
    Loo, der immer noch an die Wand gepresst stand, nahm einen Stein von der Erde und schleuderte ihn über Timothys Kopf hinweg in die Schlucht. Einige Atemzüge später vernahmen sie den dumpfen Aufprall.
    »Auf keinen Fall die Taue!«, rief er entsetzt.
    Timothy trat leicht schwankend von der Schlucht zurück und seufzte. »Na, ich schätze, dann wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als den Pfad hier weiterzugehen.«
    »Modriger Mummatsch! Ich hätte bei dem Glunz bleiben sollen!«, zeterte Loo, folgte jedoch Timothy und Avy an die Felswand gepresst, den immer schmaler werdenden Pfad entlang, der kurz vor einer uneinsehbaren Kurve fast gänzlich in die Schlucht weggebrochen war. Behutsam setzte Timothy einen Fuß vor den nächsten und versuchte, sich nicht von Loo aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen, der mit festem Griff seine Hand umklammert hielt. Einige weitere Schritte und sie hatten die Kurve umrundet. Die Freunde atmeten erleichtert auf: Das bröcklige Gestein war einer breiten Felsplatte gewichen, von der aus eine Hängebrücke über die Schlucht auf die andere Seite führte.
    »Na also!«, sagte Loo selbstzufrieden, als wäre die Entdeckung sein Verdienst.
    Einen kurzen Moment später standen sie vor der Brücke und sahen sich entsetzt an. Die marode Überführung wurde lediglich von den leuchtenden Flechten gehalten, die scheinbar von der ganzen Höhle Besitz ergriffen hatten. Einstmals schienen dicke Taue die Brücke gehalten zu haben, aber die waren längst den natürlichen Gesetzen der letzten Jahrtausende zum Opfer gefallen und baumelten nun nutzlos über der Schlucht.
    »Dann werden wir mal Hartlefs Erinnerungen suchen«, meinte Timothy furchtloser, als er sich fühlte, schickte ein stilles Stoßgebet zum Himmel und setzte seinen Fuß mit zittrigen Knien auf das knarzende Holz.
    Avy und Loo folgten ihm auf den Fersen. Bei jedem weiteren Schritt, den sie dem

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