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Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)

Titel: Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Kestner
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Bart zu Zöpfen flechten. Auf der anderen Seite hatten fliegende Händler ihre Stände aufgebaut, auf denen sie alles, von der Tasse bis zur Öllampe, verkauften. Daneben war der Zugang zu dem Händlerviertel, aus dem heraus Timothy vorhin die Plaza betreten hatte, und ein kunterbunter Bau mit Türmchen, der keine gerade Seite zu haben schien. Mühevoll entzifferte Timothy »Wächter aller Gattungen«. Die weiteren Bauten konnte er nicht mehr ausmachen. Einzig ein mächtiges Tor aus blankpoliertem Wurzelholz, über dem in goldenen Buchstaben das Wort Kliddels prangte, war noch mit bloßem Auge zu erkennen. Davor stand eine monströse Eichenscheibe, ein Vielfaches höher als Timothy selbst. Er erinnerte sich, dass Loo von Kliddels als der Bank gesprochen hatte, bei der das Vermögen, das der Ältestenrat ihm zugedacht hatte, verwahrt wurde, und dass davor der größte Lex aller Zeiten stehen sollte. Jetzt sah er, was sein Freund gemeint hatte.
    »Kliddels. Dibs – hast du einen Bruder bei Kliddels?«
    Dibs nickte eifrig. »Mindestens sechs Brüder. Sie müssen fegen und wischen und polieren und wienern, den Müll entsorgen …«
    »Wer kommt als Nächstes aus der Tür?«, fragte Timothy
    Dibs schien zwar sichtlich verwirrt, bemühte sich aber gleich, Timothys Frage zu beantworten. »Eine Bellarin, etwa sechshundert Annoten alt. Ihre Tochter ist rund wie ein Gobbel und hat zweimal vor den Tresen gekotzt.« Dibs verzog angewidert das Gesicht. »Uah! Unser Bruder wischt es gerade auf.«
    Timothy stellte sich auf die Zehenspitzen und reckte den Hals. In der Tat kam in diesem Moment eine hochgewachsene Bellarin mit wallendem, blondem Haar heraus, an ihrer Hand ein etwa siebenjähriges Mädchen, das mit gutem Gewissen als fett bezeichnet werden konnte.
    Timothy lachte. »Dibs, das ist ja unglaublich! Loo, Avy – Wir haben ein Fernrohr, das von hier in jede Ecke der Provinz reicht. Versteht ihr? Ich meinte das natürlich nicht abwertend«, fügte er zu Dibs hinunter gebeugt hinzu.
    »Wir sind froh, uns nützlich machen zu können!«, lispelte Dibs mit stolzgeschwellter Brust.
    Loo hingegen wirkte wenig begeistert. Er starrte mit verschränkten Armen und vorgeschobenem Kinn ein Loch in den Tisch. Selbst Avy blickte kritisch drein. Timothy wusste, dass er handeln musste, wenn er nicht die letzten Stunden des Tages damit verbringen wollte, über Dibs Vertrauenswürdigkeit zu diskutieren.
    »Wer dafür ist, dass Dibs uns hilft, hebt die Hand«, beschloss er.
    Dibs Arm schnellte nach oben. Timothy schloss sich an.
    »Ich weiß nicht«, meinte Avy zögerlich. »Glunze gelten als nicht besonders vertrauenswürdig. Auch wenn Dibs da anders zu sein scheint. Es geht um zu viel.«
    »Eben«, sagte Loo grimmig, hob seine Hand und sah dabei aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen. »Es geht um alles! Vielleicht nützt er uns ja was. Aber bezahlen tu ich ihn nicht.«
    · ~ ·
    Die Via Maga lag tief im Händlerviertel, wo sich die einzelnen Lehmbauten nur dadurch unterschieden, dass ihre Bewohner die Türen bunt angestrichen hatten. Wenn ein Lemur tatsächlich einen Grund fand, sich hierhin zu verirren, dann suchte er nach dem Haus mit der grünen oder gelben Tür und nicht etwa nach einer Nummer. Die Gasse lag fast zu jeder Tageszeit ruhig da, einzig das Hämmern und Klopfen der nahegelegenen Werkstätten verriet, dass die Plaza nicht weit sein konnte.
    Zwischen einer grünen und einer blassblauen Tür stach eine aus schwarzem Ebenholz hervor, eine Kostbarkeit, die mit dem Zehnfachen aus Eiche aufgewogen werden musste. Zyracc benutzte sie selten. Das Permatieren fiel ihm so leicht, dass selbst die stahlverkleideten Innenwände kein Hindernis für ihn darstellten.
    Der Raum dahinter erschien viel größer, als er eigentlich sein konnte. Wahrscheinlich täuschte der Eindruck, denn in ihm fanden sich lediglich zwei steinerne Bänke, die einen niedrigen Marmortisch flankierten, sowie ein fein geknüpfter Wandteppich aus dunkellilafarbigem Glunzhaar, auf dem sich das Symbol einer flammenden Sonne abzeichnete, eine mühevolle Arbeit, bei der Generationen weiblicher Glunze ihre farbige Haarpracht eingebüßt hatten.
    Zyracc schritt durch den Teppich hindurch, um in dem dahinterliegenden Fahrstuhl zu verschwinden. Das Scherengitter schloss sich scheppernd. Ärgerlich stieß er gegen das an der Decke hängende Glas, damit die Glühwürmer darin erwachten.
    Sein Wächterrabe Corax hatte sich auf seiner Schulter niedergelassen und schwieg.

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