Im Bann der Drudel (Auf der Suche nach dem magischen Buch) (German Edition)
behalten. Aus Corax war Corr geworden.
»Ich vergesse immer, wie hässlich du bist, wenn du lemurische Gestalt annimmst, Corr! – Wie auch immer, einige meiner Kräfte scheinen bereits nachgelassen zu haben, ich will wissen, wie sehr! Bist du bereit?«
»Mein Arm ist gebrochen, glaube ich«, krächzte das Wesen kläglich.
Zyracc verdrehte die Augen und legte seine Hand auf die offensichtlich zertrümmerten Gliedmaßen. Der gequälte Gesichtsausdruck seines Dieners ließ nach. Dankbar sah er auf.
»Ich bin bereit, Herr.«
»Gut!«
Zyracc wandte Corr den Rücken zu und bewegte lautlos seine Lippen. »Hörst du die Stimme deines Herrn in deinem nutzlosen Hirn, Corr?«
»Klar und deutlich«, antwortete sein Diener.
»Denk an eine Zahl! – Ah, es ist die sieben. Nicht sehr einfallsreich.« Tadelnd schüttelte Zyracc den Kopf. »Die Gabe der Dan ist also noch sehr kräftig. Jetzt die Gabe der Crucio …«
Corr wich erschrocken zurück, bis er gegen eine kalte Schieferwand stieß. »Herr, bitte, sie war doch gestern noch sehr stark! Sie wird bestimmt noch vorhanden sein … »
»Sie weicht aber auch am schnellsten. Du musst wirklich das Hirn eines gewöhnlichen Vogels haben«, giftete Zyracc und fixierte seinen Lakaien mit durchdringendem Blick.
Corr verzog schmerzhaft das Gesicht.
»Das ist alles?«, schrie sein Herr. »Du solltest dich auf dem Boden krümmen!« Wütend warf er einen losen Stein nach seinem Diener, der knapp neben dessen Kopf ein Stück der Wand niederriss.
»Zumindest die Stärke der Validen ist noch unangetastet«, schlussfolgerte er. Angespannt rieb er sich das Gesicht. »Wenn sie weiter so schnell weicht, werde ich bald keine Crucio mehr besiegen können. Sie sind sowieso am schwersten zu entmachten.«
Ein dumpfes Pochen zeigte, dass sich oben jemand an der Tür bemerkbar machte. Zyracc gab seinem Diener zu verstehen, er solle nachsehen, wer um diese Stunde Einlass verlangte.
Kurze Zeit später öffnete sich das Scherengitter und Malignus betrat leicht schwankend und mit säuerlichem Gesicht den Raum. Er war bis unter das Kinn mit Hexenbüchern beladen, die trotz ihrer Fesseln unruhig zuckten.
Dem Crucio war anzumerken, dass er derartige Botengänge als unter seiner Würde empfand. Trotzdem verbeugte er sich, so gut es ging.
»Zyracc.«
»Malignus!«, sagte sein Gegenüber übertrieben freudig. »Wie ich sehe, warst du nicht untätig.«
Zyracc musterte seinen wichtigsten Oberen für einen Moment begehrlich. Was für ein absonderlicher Zufall, dass gerade in diesem Moment ein so mächtiger Crucio sein Haus betrat. Seine ausgeprägte Gabe würde nicht so schnell nachlassen, aber es wäre in Zyraccs jetzigen Zustand umso schwieriger, sie zu übernehmen.
Schnell verwarf er diesen Gedanken wieder. Malignus‘ Berichte aus dem Ältestenrat waren unverzichtbar.
Kapitel VII
Der Märchenerzähler
»Also nehmen wir an, die Drudel wäre wirklich in einer der ersten Provinzen, also in …«
»Lin Noma«, half Avy aus.
»Zompan«, knurrte Loo.
»Wie auch immer. Kurz nach eurer Verbannung, meine ich. Was dann?« Timothy drehte nachdenklich einen der Tintenzuckerkringel zwischen seinen Fingern.
Ein dicklicher Koch mit bauschigem Schnauzer hatte ganze dreizehn Schalen der violetten Köstlichkeiten herbeigeschleppt, die sich jetzt vor Timothy auf dem Tisch türmten. Kauend sahen ihn die anderen an.
»Ich meine, wie war das? Sind alle Lemuren Hals über Kopf geflüchtet, oder hattet ihr noch Zeit, Dinge vorzubereiten? Wo war die Drudel vorher? Wer hat auf sie aufgepasst? Wer sie geschrieben und vor allen Dingen wann?«
»Die sind köstlich!«, sagte Loo zum vierten Mal. Gierig griff er nach einer weiteren Schüssel.
Mit einem Ruck zog Timothy sie ihm unter der Nase weg. »Loo! Avy – Dibs! Das Zeug macht euch madig im Kopf! Ihr müsst doch irgendetwas über die Drudel wissen!«
»Wer hat denn sieben Lex zu drei Ringen dafür ausgegeben?«, konterte Loo und zog seine Zipfelmütze über die Ohren, als wenn er nichts mehr hören wollte.
Avy rieb sich ausgiebig die Nasenwurzel. »Das macht es ja so schwierig, Timothy. Es gibt meines Wissens keine Aufzeichnungen über die Zeit der Verbannung oder die Drudel selbst. Überleg mal, das Buch ist vor über vierundzwanzigtausend Annoten verschollen.«
»Richtig. Ich vergesse immer wieder den Zeitunterschied. Nicht zu glauben, dass erst knappe zwei Stunden dort oben vergangen sind, seit ich hier bin«, entgegnete Timothy kopfschüttelnd und
Weitere Kostenlose Bücher