Im Bann der Dunkelheit
sagte ich und schüttelte den Kopf.
»Wir sind offensichtlich keine Amish.«
»Bist du über den Fluß gekommen, wie ich es dir gesagt habe?«
»Yeah.« »Wie bist du durch den Zaun gefahren?«
»Hab ein größeres Loch geschnitten.«
»Ich bin davon ausgegangen, daß du zu Fuß reinkommst.«
»War mir zu lästig mit der Kühltasche.«
»Tja, wir werden wohl eh ein Auto gebrauchen können«, sagte ich in Anbetracht der großen Fläche, die wir vielleicht absuchen mußten.
»Du riechst echt gut, Bruder«, sagte er.
»Hab schwer dran gearbeitet.«
Am Rückspiegel baumelte ein blaßgelber Luftauffrischer, der wie eine Banane geformt war. Bobby nahm ihn vom Spiegel ab und hing ihn mir ans linke Ohr. Manchmal ist er einfach zu komisch. Ich tat ihm nicht den Gefallen, ihn mit einem Lachen zu belohnen.
»Es ist eine Banane«, sagte ich, »aber sie riecht wie Kiefernharz.«
»Der gute alte amerikanische Einfallsreichtum.«
»Kann man wohl sagen.«
»Wir haben Menschen auf den Mond geschickt.«
»Wir haben Cornflakes erfunden, die nach Schokolade schmecken.«
»Vergiß nicht die Plastikkotze.«
»Das war überhaupt das Größte«, sagte ich.
Bobby und ich stießen mit patriotischer Ernsthaftigkeit an und tranken große Schlucke Bier.
Obwohl ich eigentlich so schnell wie möglich Orson und Jimmy suchen wollte, ließ ich mich von dem trägen Tempo, in dem Bobby lebt, hinreißen. Er wirkt manchmal so phlegmatisch, daß er lieber keine Besuche im Krankenhaus machen sollte. Sonst würden die Schwestern ihn nämlich noch für einen im Koma liegenden Patienten halten, ihm sein Hawaiihemd ausziehen und ihn in ein hinten offenes Krankenhausnachthemd stecken, bevor er das Mißverständnis aufklären könnte. Wenn Bobby nicht gerade durch eine epochale Brandung surft und von einer Röhrenwelle in die Mangel genommen wird, schätzt er seine Ruhe. Er reagiert auf eine ungezwungene Konversation, sperrt sich aber, wenn man ihn zu etwas drängen will. Ich habe diese gelassene Einstellung während unserer siebzehnjährigen Freundschaft zu schätzen gelernt, auch wenn sie nicht meinem Wesen entspricht. Ruhe ist eine Grundvoraussetzung für überlegtes Verhalten. Da Bobby nur handelt, wenn er zuvor gründlich nachgedacht hat, weiß ich, daß er sich von nichts und niemandem ablenken oder aufs Glatteis führen läßt. Er mag zwar entspannt wirken, manchmal sogar verschlafen, aber wie ein Zenmeister kann er den Fluß der Zeit verlangsamen, während er überlegt, auf welche Weise er sich am besten mit einer anstehenden Krise befaßt.
»Tolles Hemd«, sagte ich.
Er trug eines seiner antiquarischen Lieblingshemden. Es zeigte eine asiatische Landschaft in Brauntönen. Er hat ein paar hundert solcher Hemden in seiner Sammlung und kennt alle Einzelheiten ihrer Geschichte.
»Etwa 1950 hergestellt, von Kahala«, sagte ich, bevor er antworten konnte. »Seide, die Knöpfe aus Kokosnußschale. So ein Hemd trug John Wayne in Marihuana.«
Er schwieg so lange, daß ich beinahe die ganzen Hemddaten noch einmal wiederholt hätte, aber ich wußte, daß er mich gehört hatte.
Er trank noch einen Schluck Bier. Schließlich sagte er: »Interessierst du dich jetzt wirklich für Aloha-Fäden, oder machst du dir nur einen Scherz mit mir?«
»Nur ein Scherz.«
»Viel Vergnügen.«
»Was ist das da auf deinem Schoß?« sagte ich, während er wieder in den Rückspiegel schaute.
»Was freue ich mich, dich zu sehen«, sagte er. Dann hielt er einen ziemlich großen Revolver hoch. » Smith & Wesson Model 29 «
»Es wird bestimmt kein Zuckerschlecken werden.«
»Um was geht es denn genau?«
»Lilly Wings Junge ist entführt worden.«
»Und von wem?«
»Von irgendeinem Perv«, sagte ich, womit ich einen Perversen meinte, einen Abartigen.
»Woofy«, sagte er, was australischer Surferslang für Wellen war, die von Abwässern verunreinigt waren, aber mittlerweile auch noch zahlreiche andere, ähnliche Bedeutungen hatte, von denen keine einzige positiv war.
»Hat Jimmy einfach aus seinem Schlafzimmer geholt«, sagte ich, »durch das Fenster.«
»Und da hat Lilly dich angerufen?«
»Ich war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort, bin bei ihr vorbeigeradelt, direkt nachdem der Perv den Jungen geholt hat.«
»Wie bist du von dort hierhergekommen?«
»Bin Orsons Nase gefolgt.«
Ich erzählte ihm von dem Perv, dem Entführer, dem ich unter dem Lagerhaus begegnet war. Er runzelte die Stirn. »Gelbe Augen, sagst du?«
»Gelbbraun oder
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