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Im Bann der Engel

Im Bann der Engel

Titel: Im Bann der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Gref
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dem Irrsinn erlegen waren. Wie war es ihnen gelungen, die schrecklichen Eindrücke zu überwinden? Elena graute vor dem Gedanken, der Boss könnte sie dabei ertappen, Mitleid zu empfinden. Für Mitleid wurde sie nicht bezahlt, auch nicht für Freundlichkeit. Die Wesen mussten funktionieren – und bislang hatte Elena auch nicht den Eindruck gehabt, dass sich die Engel in Selbstmitleid ergingen. Aber gerade das konnte sich als Nachteil erweisen.
    Ihr Blick fiel auf die Bücher, die auf dem Regalbrett über dem kleinen Sekretär standen. Es handelte sich ausschließlich um Werke mit okkulten Inhalten. Einige davon waren offiziell verboten worden. Elena hatte alle schon mehrfach gelesen.
    Sie fragte sich, was ihr dieses Wissen nutzen sollte, wo sie auf der ganz normalen menschlichen Ebene bereits versagt hatte. Sie musste ihre Vorgehensweise ändern, würde künftig versuchen, die Wesen als Kreaturen zu betrachten, die Mitgefühl verdienten.

    In Madame Hazards Salon roch es nach den Ausdünstungen erhitzter Körper. Die meisten Gäste waren einfach liegen geblieben, nachdem sie sich verausgabt hatten. Viele schliefen. Diejenigen, die wach waren, befanden sich in einer Art Trance. Die Augen blickten leer zur Decke, die Lider schlossen sich nur selten zu einem Blinzeln. Sophia drehte vorsichtig einen Mann auf die Seite, der auf ihrem Kleid lag. Sie zog an dem Stoff, gab jedoch ihre Bemühungen auf, da sie Gefahr lief, das Kleid zu zerreißen.
    Sie blickte auf und sah Madame Hazard, die ihre Arme vor den üppigen Brüsten verschränkt hielt und die Herumliegenden mit einem nicht zu deutenden Lächeln musterte. Sie winkte Sophia zu sich.
    »Sie werden sich an nichts erinnern können. Dennoch werden sie ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie zu ihren Ehefrauen oder Männern unter die Bettdecke kriechen. Sie werden sich fragen, was sie heute Abend getan haben. Albert war so freundlich, einige Daguerreotypien anzufertigen. Erinnerungen an diesen wunderbaren Abend. Albert verwendet dazu eine neue Methode, die auf Unmengen von Magnesium bei der Aufnahme verzichtet. Es gibt fast keinen Blitz. Die Gäste haben zumindest nichts bemerkt.«
    »Wie kriegen wir sie hier raus?«, flüsterte Sophia.
    Sie deutete auf die nackten Leiber und die verstreuten Kleidungsstücke.
    »Die Engel werden es für uns erledigen. Dann brauchen wir uns nicht die Hände schmutzig zu machen.« Als sie Sophias fragenden Blick bemerkte, fügte sie hinzu: »Keine Sorge, auch an die Engel werden sie sich nicht erinnern können.«
    In der Tat gaben die meisten nur ein unwilliges Grunzen von sich, als sie von Marcellus und dem anderen Engel, der Albert am Nachmittag zu Diensten gewesen war, hinausgeführt wurden.
    Sophia überwachte die Zuteilung der Kleidungsstücke und ließ die Gäste erst in ihre Kutschen oder Dampfmobile steigen, wenn sie den Eindruck erweckten, allenfalls betrunken zu sein. Die Sterne verblassten schon, als das letzte Dampfmobil zischend das Gelände verließ.

    Am nächsten Morgen erschien Magnus Walter Grape das erste Mal in seiner dreißigjährigen Dienstzeit zu spät, was keine Konsequenzen zur Folge hatte, denn er war der Direktor der Bank in Cravesbury. Er litt unter bohrenden Kopfschmerzen und einem lästigen Ziehen in der Leistengegend. Es fühlte sich an, als wäre er mit dem Unterleib gegen eine Tischkante gestoßen. Grape zog sich matt in sein Büro zurück und beschloss, sich einen kurzen Arbeitstag zu gönnen. Seine Sekretärin, servierte ihm Tee und Kekse.
    »Sir, draußen wartet die Witwe Hazard. Sie sagte, sie sei mit Ihnen verabredet. Aber ich kann keinen derartigen Eintrag in meinem Journal finden. Könnte es sein, dass sie…«
    »Nein, nein, das geht schon in Ordnung«, murmelte Grape und sah sie klagend an. »Geben Sie mir noch fünf Minuten. Bieten Sie ihr derweil etwas zu trinken an.«
    »Ja, Sir.« Seine Sekretärin verschwand und schloss leise die Tür hinter sich.
    Grape schlürfte seinen Tee und versuchte sich zu erinnern, welche Verabredung er mit Madame Hazard getroffen hatte. So sehr er auch grübelte, es fiel ihm nicht ein. Es musste in Zusammenhang mit dem gestrigen Dinner stehen. Das Abendessen war vorzüglich gewesen, so viel wusste er noch, und doch gab es da eine Lücke von einigen Stunden. Das nächste, an das er sich nebulös erinnerte war, wie sein Diener ihn zu Bett gebracht und ihn – viel zu früh für sein Empfinden – wieder geweckt hatte. Den Kopfschmerzen nach zu urteilen waren es etliche

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