Im Bann Der Herzen
kostspielig ihr Unterhalt war.«
»Ich wünschte, du würdest beim Frühstück keinen Unsinn äußern«, klagte Lord Duncan und steckte die Nase wieder in die Zeitung.
Chastity lächelte vor sich hin und wartete, während sie ihren Toast verspeiste. Lange dauerte es nicht. Ruckartig hob ihr Vater den Kopf. »Hast du nicht etwas von einem Gefallen gesagt?«
»Ja. Es ist Mittwoch.« Sie nahm einen zweites Stück Toast.
Er schaute auf die Zeitung, als müsse er sich vergewissern. »Stimmt. Na und?«
»Es ist der Tag meines Besuchsnachmittags«, erklärte sie. »Mittwochs ist Jourfix ... immer schon. Das war schon zu Mutters Zeiten so.«
Er wirkte verdattert. »Ich weiß. Erscheine ich schwer von Begriff?«
»Nein, gar nicht. Es ist nur so, dass ich dich gern dabeihätte. Con und Prue kommen natürlich auch.«
Er schüttelte den Kopf. »Chastity, du weißt, dass das nichts für mich ist.«
»Ja, deshalb sage ich ja, dass es ein großer Gefallen wäre.« Sie goss sich Kaffee nach. »Ich brauche dich, damit du mir aushilfst. Es handelt sich um eine Witwe aus Italien. Sie kennt in London niemanden, und sie ist ... wie soll ich sagen ... sie passt im Alter eher zu dir als zu uns. Du brauchst nur zehn Minuten zu bleiben und eine Tasse Tee mit ihr zu trinken.«
»Tee!«, protestierte ihr Vater. »Du erwartest von mir, ich solle mit einer Ausländerin an einem unschuldigen Mittwochnachmittag Tee trinken?«
»Erstens ist sie keine Ausländerin«, erklärte Chastity. »Sie ist so englisch wie du und ich, war aber mit einem Italiener verheiratet. Und wenn du keinen Tee möchtest, gibt es halt Whiskey oder Sherry. Und zweitens, was hattest du an diesem Mittwochnachmittag denn vor?« Nun lag in ihren haselnussbraunen Augen und in ihrem neckenden Ton eindeutig eine Herausforderung.
»Konversation mit einer Ansammlung langweiliger Frauenzimmer entspricht nicht meiner Vorstellung von einem angenehmen Nachmittag«, brummte ihr Vater und blätterte energisch eine Zeitungsseite um.
Chastity stützte das Kinn in die Hand und fixierte ihn unverwandt. Nach einer Minute lugte er um die Zeitung herum und äußerte resigniert: »Aber nicht mehr als zehn Minuten.«
»Danke, Vater, du bist ein Schatz«, freute sie sich. »Ich verspreche, dass es nicht so schlimm werden wird. Nichts kann arg sein, wenn es nur zehn Minuten dauert. Außerdem ist sie eine nette Frau, nur etwas unsicher auf Londoner Parkett. Wenn du ihr ein wenig die Befangenheit nehmen könntest ...«
»Sorge dafür, dass Jenkins die Whiskeykaraffe hinstellt.« Lord Duncan widmete sich erneut seiner Zeitung.
»Das versteht sich.« Chastity stand auf. »Bist du fertig? Soll ich Madge rufen, damit sie abräumt?«
»Heißt das neue Mädchen so?«, fragte ihr Vater.
»Sie ist eine von Mrs. Hudsons Nichten. Ein nettes Mädchen. Sie kommt zu Weihnachten mit nach Romsey.« Chastity ging an die Tür.
»Ach ja, Weihnachten. Ich nehme an, wir werden nur eine kleine Gesellschaft sein?«
»Eigentlich nicht. Im Moment zwar nur die Familie. Aber bis dahin finden sich sicher noch ein paar Verirrte.«
»Eine kostspielige Sache, Hauspartys zu Weihnachten«, rügte ihr Vater.
»Ich dachte, wir könnten dafür den Stubbs versetzen«, antwortete Chastity und meinte damit das Gemälde von George Stubbs, das über dem Wandsafe in der Bibliothek hing. Sie huschte aus dem Raum, ehe ihr Vater auf den Scherz reagieren konnte.
Jenkins kam mit einer Hand voller Briefe von der Haustür und ging durch die Halle. »Ah, der Postbote war schon da. Gibt es etwas von Interesse?«, fragte sie.
Jenkins sah gebührend schockiert aus. »Das weiß ich nicht, Miss Chas. Ich habe die B r iefe nicht angeschaut.«
Chastity nahm ihm die Post ab. »Sie wissen genau, Jenkins, dass Ihnen nichts von Bedeutung entgeht, ebenso wie Sie wissen, dass es in diesem Haus vor Ihnen keine Geheimnisse gibt.«
»Miss Chas, ich laufe doch nicht herum und lausche«, protestierte er.
»Nein, natürlich nicht«, sagte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange, der ihm gedämpfte Röte in die Wangen trieb. »Ich muss heute zum Blumenladen und Nelken besorgen. Wir müssen sie auf die übliche Weise arrangieren, ehe die Gäste kommen.«
»Sehr wohl, Miss Chas. Wieder ein Klient des Vermittlungs-Service, nehme ich an?«
»Ja, genau. Der Gentleman, ein Dr. Farrell, wird nach Lord Buckingham fragen ... das Übliche. Die weiße Nelke geht an eine Dame, die gern Signorina della Luca genannt wird.«
»Eine Italienerin, nehme
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