Im Bann Der Herzen
Auspacken war. »Ich hoffe sehr, Sie werden es hier behaglich haben.«
»Es ist wundervoll, meine liebe Chastity«, erwiderte die Contessa und knöpfte ihren Mantel auf. »Ein reizendes Zimmer. Ich danke Ihnen.«
Wieder lächelte Chastity und wandte sich an Laura. »Laura, jetzt zeige ich Ihnen, wo Sie wohnen werden. Douglas, Ihr Zimmer ist gleich nebenan.« Sie ging den Korridor zurück voraus. Die Räume, in denen sie Douglas und Laura untergebracht hatte, waren so weit vom Zimmer der Contessa entfernt, wie es auf diesem Geschoss nur möglich war. Sollten zwischen dem Zimmer Lauras und jenem des Doktors nächtliche Wanderungen stattfinden, würde die Contessa nichts davon merken. Chastity erschien es jedoch immer unwahrscheinlicher, dass es dazu kommen würde. Laura mochte zwar mit Feuereifer die Rolle der Innendekorateurin in der Harley Street übernommen haben, doch sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie sich in eine heimliche Liaison stürzen würde. Chastity verdrängte energisch ihren Eindruck, der Eifer des Doktors bei der Werbung um die Signorina hätte nachgelassen. Ebenso resolut ignorierte sie den kleinen Anflug von Befriedigung, den sie dabei empfand.
Zum Glück zeigte Laura sich sehr angetan von dem hübschen, in Rosa-und Pastelltönen gehaltenen Zimmer, in dem ihre Zofe sich ebenfalls schon eifrig zu schaffen machte. Und noch ehe Chastity ging, war Laura damit beschäftigt, das Mädchen mit ihren Anweisungen so konfus zu machen, dass die Ärmste herumflatterte wie ein kopfloses Huhn.
»Douglas, Sie werden hier wohnen«, sagte Chastity, öffnete die Tür des Zimmers daneben und trat ein. »Von hier aus haben Sie Ausblick auf den Kirchhof ... hoffentlich sind Sie nicht abergläubisch.«
»Nicht im Mindesten«, sagte er und schloss die Tür hinter sich. »Ich sehe, dass Sie nicht gänzlich gegen Drachen eingestellt sind.« Er deutete auf die Tapete mit dem fernöstlichen Muster.
»Das kommt darauf an, wo diese sich befinden«, sagte sie. Sie vernahm das Klicken der Klinke, das in der plötzlich eintretenden Stille sehr entschieden klang, und stürzte sich geradezu in den nächsten Satz. »Das Bad ist am Gang, die zweite Tür rechts. Leider haben wir zu wenig Zimmer mit eigenem Bad.«
»Anders habe ich es nicht erwartet«, sagte er und lehnte sich an die Tür, wobei er sie mit Belustigung und noch etwas anderem, das ihre Haut prickeln ließ, betrachtete. Sie ging im Zimmer hin und her, wies ihn auf seine Annehmlichkeiten hin, ganz wie eine eifrige Hotelbesitzerin, dachte sie ärgerlich.
»Meist gibt es ausreichend heißes Wasser«, sagte sie. »Aber es dauert eine Weile, bis es kommt. Soll ich Ihnen jemanden schicken, der Ihnen beim Auspacken hilft?«
Er lachte. »Chastity, meine Liebe, Sie müssten es besser wissen. Natürlich brauche ich niemanden. Ich bin sehr wohl imstande auszupacken, was ich heute Morgen einpackte.«
»Ja, das sind Sie sicher«, bestätigte sie und warf einen wachsamen Blick auf die Tür. Um zu dieser zu gelangen, musste sie durch ihn hindurch, und sie war kein Gespenst, das feste Materie überwinden konnte. »Wir sehen uns also unten, nachdem Sie ausgepackt und sich erfrischt haben. Hier ist es Sitte, die Weihnachtssänger aus dem Dorf am Heiligen Abend zu Pastete und Glühwein einzuladen. Meist kommen sie um halb acht, vor dem Dinner.«
»Die werde ich sicher nicht verpassen«, sagte er. Das etwas andere in seinen Augen war auf einmal viel deutlicher.
»Dann überlasse ich das Zimmer Ihnen«, sagte sie und wollte zur Tür.
Er machte ein wenig Platz, um dann mit einer Bewegung, von der Chastity irgendwie wusste, dass sie unausweichlich war, eine Hand hindernd auf ihren Arm zu legen. Ihre Haut prickelte, sie fröstelte, als wäre die Temperatur im Raum plötzlich gesunken.
»Chastity«, sagte er leise. Das war alles. Seine Augen sagten alles andere, als er ihr Gesicht mit beiden Händen umfasste. Er küsste ihren Mund, ganz sacht, fast prüfend, bewegte seine Lippen in jeden Winkel, und küsste dann ihre Lider. Seine Lippen lagen warm auf ihren Lidern und glitten dann in winzigen Vogelküsschen über ihre Wangen, berührten ihre Nasenspitze, streiften ihr Kinn, ehe seine Zunge eine Sekunde lang in das tiefe Grübchen schnellte, um dann wieder auf ihrem Mund Ruhe zu finden.
Chastity hielt den Atem an. Sie wollte ihm sagen, dass dies nicht recht war, dass es ein großes Missverständnis war. Laura della Luca war das Ziel seiner Wünsche und nicht Chastity Duncan, die
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