Im Bann der Liebe
dass er teuer für seine Eitelkeit bezahlte. Dennoch war er es, der die Entscheidung treffen musste, also sagte sie nichts mehr. Der Ausdruck von Zufriedenheit auf seinem Gesicht, als er endlich hinter seinem Schreibtisch saß, war Lohn genug für die Mühe, auch wenn die Anstrengung des Sitzens sich bald zeigte.
Susannah trat hinter ihn und massierte seine Nackenmuskeln, und schon bald entspannte er sich. Er ergriff eine ihrer Hände und hauchte einen Kuss darauf, und einen kurzen Moment lang hoffte sie, er würde ihr sagen, dass er sie liebte. Seit dem Überfall drängt es sie, ihm ihre wahren Gefühle zu gestehen, aber sie fürchtete, dass er ihre Hochzeit absagen würde, wenn sie zu viel von sich preisgab.
»Wie lange müssen wir noch warten?«, fragte er.
»Worauf?« Sie hatte an etwa anderes gedacht und war verwirrt.
Er zog sie herum, sodass sie ihn ansah. »Auf unsere Hochzeit«, sagte er geduldig.
Sie errötete und hoffte, dass er ihre Freude nicht bemerkte. »Wann immer du dich dem gewachsen fühlst«, erwiderte sie scheu, »ich bin bereit.«
Er suchte ihren Blick. »Wirst du wirklich bereit sein?«
Sie wusste, was er fragte. Er wollte, dass ihre Hochzeit in jeder Hinsicht vollzogen wurde. Auch sie wollte das, hatte aber so gut wie keine Erfahrung und war deshalb nervös. Sie wollte gerade Ja sagen, als es an der Tür klingelte.
Sie wollte öffnen gehen, weil Maisie und Ellie beide zu tun hatten, aber Aubrey hielt sie fest. »Susannah«, drängte er.
»Ja«, stieß sie hervor und errötete, »ja, ich werde bereit sein.«
Er lächelte strahlend. »Gut, denn ich bin es schon.«
Sie zog sich zurück. »Wir bekommen Besuch«, erinnerte sie ihn.
John Hollister wartete auf der Veranda, den Kragen gegen die Kälte hochgestellt, Schneeflocken auf dem Hut. Er betrachtete sie mit Traurigkeit, lächelte aber dann und neigte den
Kopf. »Miss McKittrick«, grüßte er, »ich bin gekommen, um Aubrey zu sehen.«
Sie nickte und trat zurück, um ihn hereinzulassen, und nahm ihm dann den Mantel ab. »Kommen Sie bitte herein. Es ist kalt heute. Kann ich Ihnen etwas Warmes zu trinken bringen?« Sie benahm sich, als sei sie schon die Hausherrin, und wusste, dass er das bemerkte.
»Sehr freundlich von Ihnen«, bedankte er sich. Dann ging er auf die Treppe zu, weil er natürlich davon ausging, dass Aubrey immer noch bettlägerig war, wenn man in Betracht zog, dass seine Verletzungen erst eine Woche alt waren. In der Woche hatte Susannah sich damit beschäftigt, Julias Sachen in Kisten zu packen und sie wegzustellen, bis Victoria eines Tages nach Erinnerungen an ihre Mutter fragen würde.
Susannah ließ Mr. Hollister mit einem Blick innehalten. »Er ist in seinem Arbeitszimmer.«
»Danke«, erwiderte Hollister und änderte die Richtung.
Einige Minuten später betrat Susannah das Zimmer mit einem Teetablett. Darauf standen eine Kanne, drei Tassen und ein Teller mit Maisies speziellen Sesam-Zitronen-Crackern. Die drei Tassen sollten ein Hinweis darauf sein, dass sie sich nicht wie ein Hausmädchen nach dem Servieren wieder wegschicken lassen würde.
»... als ich bei Pinkerton war ...«, sagte Hollister gerade.
Susannah brauchte eine Zeit, um das zu verarbeiten, und als sie dann Aubrey ansah, erwiderte er ihren Blick voller Vorsicht. Hollister redete weiter, ohne die plötzliche Spannung im Raum zu bemerken.
Susannah setzte das Tablett so heftig ab, dass das Porzellan klirrte, doch sie lächelte ihren Besucher dabei strahlend an. »Sie waren ein Privatdetektiv, Mr. Hollister?«, fragte sie. »Das wusste ich gar nicht.«
Hollister wurde rot, als ihm sein Fehler bewusst wurde. Hilflos sah er Aubrey an und verstummte. Dann erst fiel ihm ein, dass sie ihm ja eine Frage gestellt hatte. »Äh ... ja ... ich war fünf Jahre lang bei der Pinkerton-Agentur angestellt. Davor war ich Anwalt.«
Susannah stellte eine Tasse vor ihn hin und goss ihm den Tee ein. »Ich verstehe.« Wütend sah sie Aubrey an. Sie verstand allerdings. Als sie neu in Seattle war und Mr. Hollister ihr scheinbar den Hof gemacht hatte, hatte er in Wirklichkeit Nachforschungen betrieben. Und Aubrey war der, der ihn dafür angeheuert hatte. »Nun, wie dumm von mir, dass ich da nicht schon viel eher drauf gekommen bin, nicht wahr?« Sie knallte dem Hausherrn, der in diesem Moment nicht allzu herrisch aussah, die zweite Tasse hin.
»Susannah«, protestierte Aubrey.
Sie goss ihm den Tee ein, und ihre Hände zitterten dabei vor Wut. »Was haben Sie denn
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