Im Bann der Wüste
durchtrennt. Spürt Ihr das, Kalam? Wir schwanken gleichmäßig – irgendjemand da oben an Deck weiß, was er zu tun hat, den Göttern sei Dank. Obwohl sie immer noch viel zu schwerfällig ist … aber sie wird durchhalten.«
»Schließlich haben wir genügend Lumpen.«
»Das haben wir.«
»In Ordnung, ich bin fertig«, sagte Kalam und stand auf. »Versucht zu schlafen, Kapitän. Wir brauchen Euch gesund. Und das schnell.«
»Das ist nicht sehr wahrscheinlich. Der andere Leibwächter wird die erste Gelegenheit nutzen, um die Geschichte zu Ende zu bringen. Der Schatzmeister will mich aus dem Weg haben.«
»Darum werden wir uns kümmern, Kapitän.«
»Einfach so?«
»Einfach so.«
Nachdem er die Tür hinter sich zugezogen hatte, blieb Kalam kurz stehen und lockerte das Langmesser in der Scheide. Einfach so, Kapitän.
Der Sturm war vorüber, und im Osten wurde der Himmel heller, klarte golden auf. Die Lumpenpfropf hatte sich gedreht, als der Handelswind zurückgekehrt war. Das Durcheinander auf dem Achterdeck war beseitigt worden, und die Mannschaft schien die Dinge in der Hand zu haben, doch Kalam konnte sehen, wie angespannt die Seeleute waren.
Der Schatzmeister und sein letzter Leibwächter standen in der Nähe des Hauptmasts. Ersterer starrte ununterbrochen zu dem Kaperschiff hinüber, das auf parallelem Kurs und mit angepasster Geschwindigkeit an Steuerbord dahinglitt. Es war nahe genug, dass man die Gestalten auf seinem Deck erkennen konnte, die ihrerseits herüberstarrten. Die Aufmerksamkeit des Leibwächters hingegen war auf Salk Elan gerichtet, der in der Nähe der Stufen zum Vorderdeck herumschlenderte. Kein einziges Mitglied der Mannschaft schien die freie Fläche von zehn Schritt, die die beiden Männer trennte, durchqueren zu wollen.
Kalam begab sich an die Seite des Schatzmeisters. »Dann habt Ihr also das Kommando übernommen?«
Der Mann nickte heftig; allerdings konnte man sein mangelndes Selbstvertrauen daran erkennen, dass er es vermied, dem Assassinen in die Augen zu schauen. »Ich habe vor, uns den Weg freizukaufen – «
»Euch Euren Anteil zu nehmen, meint Ihr. Und wie viel wird das sein? Achtzig, neunzig Prozent? Und natürlich werdet Ihr als Geisel mit an Bord gehen.« Er sah, wie dem Mann alles Blut aus dem Gesicht wich.
»Das geht Euch nichts an«, sagte der Schatzmeister.
»Da habt Ihr Recht. Aber es geht mich etwas an, wenn jemand den Kapitän und seine Offiziere tötet, denn das gefährdet unsere Reise. Auch wenn die Mannschaft es nicht ganz genau weiß – seid versichert, dass sie Verdacht geschöpft hat.«
»Wir haben die Seesoldaten, die sich darum kümmern können. Haltet Euch raus, und Euch wird nichts geschehen. Mischt Euch ein, und Ihr werdet niedergehauen.«
Kalam musterte das Kaperschiff. »Und wie viel Prozent bekommen die da drüben? Was sollte sie daran hindern, Euch die Kehle durchzuschneiden und mit der ganzen Beute davonzusegeln?«
Der Schatzmeister lächelte. »Ich bezweifle sehr, dass mein Onkel und meine Vettern das tun würden. Und jetzt schlage ich vor, dass Ihr Euch unter Deck – in Eure Kabine – begebt und dort bleibt.«
Ohne diesen Ratschlag zu beachten, ging Kalam los, um nach den Seesoldaten zu suchen.
Der Kampf mit den Piraten war kurz und heftig gewesen. Nicht nur, dass ihr Schiff unter ihren Füßen auseinander gebrochen war – die von Panik erfüllte Piratenmannschaft hatte auch nicht viel Kampfgeist gezeigt.
»Das war schon mehr ein Abschlachten«, murmelte der Leutnant, als sich Kalam gegenüber der jungen Frau hinhockte. Die beiden Trupps saßen im vorderen Laderaum; um sie herum rieselte Wasser an den Planken herab, und sie waren eifrig damit beschäftigt, Lumpen in alle mögliche Löcher und Risse zu stopfen. »Wir haben keinen einzigen Kratzer abgekriegt.«
»Was habt Ihr bis jetzt für Pläne?«, fragte Kalam leise.
Sie zuckte die Schultern. »So viele wie wir brauchen, Korporal. Was sollten wir denn Eurer Meinung nach tun?«
»Der Schatzmeister wird euch befehlen, euch ruhig zu verhalten. Dann werden euch die Piraten die Waffen abnehmen – «
»Woraufhin sie uns die Kehlen aufschlitzen und über Bord werfen werden – Imperialer Erlass oder nicht, der Mann begeht Verrat.«
»Nun, er bestiehlt einen Dieb, aber ich verstehe, was Ihr meint.« Kalam stand auf. »Ich werde mit der Mannschaft sprechen und dann wieder zu Euch kommen, Leutnant.«
»Und warum nehmen wir uns den Schatzmeister und seinen Leibwächter nicht
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