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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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rie­sig und von ste­chen­der Klar­heit, und wink­te ihm zu. Ra­vin be­ob­ach­te­te, wie er in den Ko­ral­len­wald ab­tauch­te. In Ra­vins Brust­korb häm­mer­te das Herz, Blut rausch­te in sei­nen Oh­ren. Er tauch­te in die Welt der Ge­räusche und schnapp­te nach Luft. Die Ge­sich­ter von Dari­an und Su­mal Ba­ji lach­ten ihm von der Re­ling aus zu. Ra­vin hol­te Luft und ließ sich mit ge­schlos­se­nen Au­gen wie­der in die Stil­le glei­ten. Als er die Au­gen öff­ne­te, ent­deck­te er, dass ei­ne Art Spie­gel­bild vor ihm im Was­ser trieb. Blass­grü­ne Au­gen blick­ten ihn an.
    Der Meer­naj war grö­ßer als der Fluss­naj – oder viel­leicht er­schi­en er nur so. Denn der Naj, den Ra­vin auf dem Stein am Fluss hat­te sit­zen se­hen, war fal­tig und tro­cken ge­we­sen – die­sen hier da­ge­gen um­ga­ben sei­ne Schwimm­häu­te wie ein Kleid aus fun­keln­den Schlei­ern, in de­nen sich das Son­nen­licht fing. Der Naj be­weg­te sich, als wür­de er tan­zen, blieb je­doch an der­sel­ben Stel­le im Was­ser. Oh­ne Ei­le be­trach­te­te er Ra­vin, der sei­nen Herz­schlag in den Oh­ren dröh­nen hör­te. Für einen ban­gen Mo­ment frag­te er sich, ob der Naj ihn in die Tie­fe zie­hen wür­de, doch im sel­ben Au­gen­blick ver­lor der Naj das In­ter­es­se, bausch­te sei­ne Schwimm­häu­te und ver­schwand in ei­nem Wir­bel aus Luft­bla­sen.
     
    Die bren­nen­den Fi­sche ka­men spät in der Nacht. Al­le an Deck wa­ren da­mit be­schäf­tigt, die Ko­ral­len in Bün­del zu schnü­ren, als plötz­lich Chal­tars Ruf er­tön­te.
    Sie zo­gen längs­seits am Schiff vor­bei. Das Ers­te, was Ra­vin ein­fiel, war, dass Feu­ernym­phen so aus­se­hen wür­den, wenn sie schwim­men könn­ten. Schlan­ke Un­ter­was­ser­fa­ckeln schos­sen da­hin, schie­nen im Wech­sel im­mer neue traum­haf­te Bil­der zu er­ge­ben, mal feu­ri­ge Au­gen, mal einen Schau­er aus fal­len­den Ster­nen. Su­mals Lip­pen wur­den schmal.
    »Das ha­be ich mir ge­dacht!«, zisch­te sie und rann­te zu der Grup­pe von Tau­chern. Sie stürz­ten eben­falls zur Re­ling. Dari­an und Ra­vin ge­sell­ten sich zu ih­nen.
    »Da vor­ne, seht ihr?«, sag­te Su­mal und deu­te­te in die Dun­kel­heit. Lan­ge Zeit er­kann­te Ra­vin gar nichts, doch schließ­lich, nach ei­ner Ewig­keit, wie ihm schi­en, schäl­te sich lang­sam das Bild ei­nes kno­chi­gen Hü­gels aus dem Dun­kel der Nacht.
    »Ein Grom liegt auf der Lau­er. Das hat uns ge­ra­de noch ge­fehlt.«
    Su­mal kniff die Au­gen zu­sam­men, um den kno­chi­gen Hö­cker bes­ser be­trach­ten zu kön­nen.
    »Im Mo­ment scheint er ru­hig zu sein. Wir kön­nen nur hof­fen, dass er nicht nachts auf die Jagd geht, aber im All­ge­mei­nen sind sie nur so ru­hig, wenn sie meh­re­re Stun­den schla­fen.« In der Küs­ten­spra­che wies sie Chal­tar und ei­ni­ge an­de­re an, die Nacht über Wa­che zu hal­ten.
    Dari­an war blass ge­wor­den.
    »Am bes­ten wir sa­gen Mel Amie und den an­de­ren nichts da­von«, flüs­ter­te er Ra­vin zu. Ra­vin nick­te. Der selt­sa­me Druck auf sei­ner Brust ver­stärk­te sich. Es war ei­ne dif­fu­se Angst. Wenn das, was er dort sah, nur die größ­ten Kno­chen­hö­cker auf dem Rücken wa­ren, moch­te er sich nicht vor­stel­len, was sich un­ter der Was­sero­ber­flä­che ver­barg.
    Als die Son­ne auf­ging, streif­te wie­der ein Schwarm bren­nen­der Fi­sche am Schiff vor­bei. Der Hö­cker war zu ei­nem klei­nen Punkt am Ho­ri­zont zu­sam­men­ge­schrumpft. Ra­vins Au­gen schmerz­ten, doch die küh­le Mor­gen­luft hielt ihn wach. Zu­erst glaub­te er, sei­ne über­mü­de­ten Au­gen spiel­ten ihm einen Streich. Er drück­te die Hand­bal­len auf die Au­gen. Ro­te Fun­ken tanz­ten hin­ter sei­nen Li­dern. Es hör­te, wie Dari­an einen klei­nen Schre­ckens­laut aus­stieß. Er sah es al­so auch: Der Hö­cker wur­de grö­ßer und hielt ge­nau auf die Jon­tar zu! Su­mal schrie mit bar­scher Stim­me Kom­man­dos. Die See­leu­te stürz­ten zu den Se­geln.
    Ein noch grö­ße­rer Schwarm bren­nen­der Fi­sche glitt am Schiff vor­bei. Auf­ge­regt schwam­men sie im Zick­zack. Die See­leu­te zurr­ten Lei­nen fest und brach­ten die Jon­tar in Win­desei­le da­zu, den Kurs zu

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