Im Bann des Fluchträgers
ändern. Ächzend neigte sich das Schiff und drehte schwerfällig ab.
»Wir können nur versuchen so weit in den Korallenwald zu fahren, dass wir den Fischen ausweichen. Wenn es gut geht und er gejagt hat, werden wir wieder Kurs aufnehmen«, rief Sumal Darian zu.
»Und was sollen wir tun?«, fragte Darian.
»Bleibt, wo ihr seid, und stört nicht«, kam die barsche Antwort.
Immer größer wurde der Rücken, fieberhaft rechnete Ravin, wie schnell der Grom sein musste, um eine so weite Strecke so schnell zurückzulegen. Die Jontar hatte eine ganze Nacht Vorsprung, doch der Grom schien sie in wenigen Augenblicken einzuholen. Plötzlich tauchte der Rücken ab.
»Er taucht!«, schrie Sumal. »Schneller drehen!«
Die brennenden Fische schossen am Schiff vorbei. Und schon sprang der erste im gleißenden Morgenlicht. Er flog neben der Reling, ruderte in der Luft und tauchte wieder ins Wasser.
»An die Haken!«, schrie Sumal. Automatisch gehorchten sie, sprangen auf und rannten über das schlingernde Deck zu der Kiste mit den Haken. Die Fische blendeten wie Blitze. Und dann landete schon der erste an Deck. Er war beinahe so groß wie ein Mensch. Klatschend warf er sich auf den Planken hin und her und hinterließ eine Schleimschicht auf dem Holz. Zu dritt hüpften sie mit ihren Haken um ihn herum, wichen aus, versuchten nicht mit dem Schleim in Berührung zu kommen. Schließlich erwischte Ladro ihn, schlug den Haken hinter die Kiemen und zog ihn zur Reling. Mit einem Schwung flog der Fisch zurück ins Meer. Und schon klatschte der nächste und noch einer auf das Holz. Zwei weitere Seeleute packten die Haken und begannen um die goldenen Fische zu tanzen. Ravin rann der Schweiß in die Augen. Er wusste nicht, wie lange er schon dabei war, immer wieder vor- und zurückzuspringen, seine Muskeln brannten bereits. Und er fragte sich, wann der Grom bei ihnen angelangt sein würde, um die Jontar mit einem einzigen Flossenschlag zu zerschmettern. Da hörte plötzlich der Fischregen auf. Von einem Augenblick zum anderen änderten die brennenden Fische die Richtung. Sie strebten von der Jontar fort, als risse sie eine starke Strömung mit.
Weit draußen, dort wo der Grom sein mochte, begann das Wasser zu kochen. Eine Schwanzflosse, so gewaltig, dass sie die Sonne zu verdecken schien, schwang aus dem Wasser und verschwand in einem Strudel. Wie Blitze in der klaren Morgenluft umzuckten die brennenden Fische sie. Von der Jontar aus gesehen waren sie in der Entfernung nicht mehr als Funken.
Ein Haken fiel zu Boden. Der Seemann neben Ladro sank in die Knie. Sein Gesicht war weiß und schmerzverzerrt, er hatte das Bewusstsein verloren. An seinem Arm quoll ein roter Striemen auf. Ravin und Darian stürzten zu ihm. Xia sprang herbei und half ihnen den Verletzten in den Schatten zu legen. Dann holte sie die Salbe und strich sie auf die Stelle, die sich inzwischen schwarz verfärbt hatte. Es zischte, als das Korallensalz die verbrannte Haut berührte, doch die Verfärbung hörte augenblicklich auf. Das Gesicht des Seemanns entspannte sich. Er kam wieder zu Bewusstsein und blinzelte. Xia verband die Wunde und lächelte ihm aufmunternd zu.
Sumal stand angespannt am Ruder und blickte immer noch auf den Strudel, wo der Grom jagte.
»Ich verstehe es nicht«, sagte sie, als Darian und Ravin zu ihr traten. »Er hatte bereits zu jagen begonnen – und da drehen die Fisch ab und schwimmen direkt auf ihn zu. Das habe ich noch nie erlebt.«
»Wird er zurückkommen?«, fragte Darian. Seine Stimme klang ruhig, doch Ravin hörte ein leises Zittern heraus.
»Er jagt. Danach ruht er wieder. So wie es aussieht, kommen wir die nächsten Tage unbehelligt voran. Es ist kein einziger brennender Fisch mehr bei der Jontar.« Sie wandte den Blick vom Meer und schaute Darian an. Ravin
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