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Im Bann des Fluchträgers

Im Bann des Fluchträgers

Titel: Im Bann des Fluchträgers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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auf der Har­fe, dann be­gann Su­mal zu sin­gen. Ih­re Stim­me klang tiefer und rau­er, als Ra­vin ver­mu­tet hät­te. Su­mal sang vom Fi­scher, der ge­gen die Wel­len kämpf­te und un­er­müd­lich sei­ner Liebs­ten folg­te. Bei je­der Wech­sel­stro­phe gab sie mit ei­nem Ni­cken das Lied an Ladro wei­ter, der an­fangs zö­gernd, schließ­lich je­doch im­mer si­che­rer den Mit­tel­teil sang. Sei­ne Stim­me klang warm, er sang mit ei­nem Lä­cheln. Ra­vin be­merk­te, dass Su­mal nur Au­gen für Dari­an hat­te. Dari­an lä­chel­te – und doch wuss­te Ra­vin, dass es nicht Su­mal war, die er vor sich sah. Nicht die schö­ne, stol­ze Su­mal, die im fla­ckern­den Licht der Kris­tall­la­ter­nen noch gol­de­ner und grö­ßer er­schi­en. Die letz­ten Stro­phen wa­ren schnell und hei­ter wie ein Wir­bel.
     
    »Wollt schwim­men ich im hei­ßen Meer,
    wollt tau­chen tief und weit
    von Dan­tar bis nach Dei­a­hen
    und bis zum Rand der Zeit.«
     
    »Kein Snai, kein Naj,
    kein Schlan­gen­tier jagt mich fort von hier.
    Und wenn ich mei­nen Kopf ver­lier,
    ver­lier ich ihn bei dir!«
     
    »Will tan­zen mit dir schlan­gen­gleich,
    mit Blu­men reich ge­schmückt,
    doch kommt die Eb­be, Liebs­te mein,
    dann bist du mir ent­rückt!«
     
    »Kein Snai, kein Naj, kein Schlan­gen­tier
    jagt mich fort von hier.
    Und wenn ich mei­nen Kopf ver­lier,
    ver­lier ich ihn bei dir!«
     
    »Doch wenn du einen Naj nun küsst,
    dann, Liebs­te, mer­ke dir:
    Ich fan­ge dei­nen neu­en Schatz,
    dich aber lass ich hier!«
     
    Mel Amie und die an­de­ren lach­ten und klatsch­ten. Su­mal und Ladro ver­beug­ten sich und nah­men die Wein­be­cher, die ih­nen ge­reicht wur­den. Ra­vin at­me­te den har­zi­gen Wein­duft ein. Über sei­nen Be­cher­rand be­merk­te er, wie Su­mal Dari­an zu­pros­te­te. Er hät­te so­fort wie­der weg­ge­blickt, wä­re ihm nicht der Aus­druck in ih­ren Au­gen auf­ge­fal­len. Für einen Mo­ment lang war es ihm, als könn­te er durch die­se Au­gen in Su­mals See­le schau­en. Sehn­sucht war dar­in und ei­ne schmerz­li­che Hoff­nung, die er der sprö­den Ka­pi­tä­nin nicht zu­ge­traut hät­te. Das Lä­cheln, das sie Dari­an schenk­te, wirk­te bei­na­he scheu. Dari­an hob eben­falls den Be­cher. Lan­ge sa­hen sie sich an, doch schließ­lich lä­chel­te Dari­an ein ver­le­ge­nes be­dau­ern­des Lä­cheln und senk­te den Blick. Su­mal Ba­jis Ge­sicht ver­stei­ner­te, als hät­te sie eben ei­ne Ohr­fei­ge er­hal­ten, dann über­zog flam­men­de Rö­te ih­re Wan­gen. Ra­vin sah weg, als hät­te er eben einen Blick auf ein Ge­heim­nis er­hascht, das nicht für sei­ne Au­gen be­stimmt war.
    »Hi­n­ag Dan­tar, Ka­pi­tä­nin!«, rief Mel Amie und pros­te­te ihr zu. »Sehr gut! Ob­wohl die Vor­stel­lung, dass sich Men­schen in Naj ver­lie­ben, ziem­lich selt­sam ist!«
    Su­mal zuck­te die Schul­tern.
    »Freut mich, dass das Lied dir ge­fällt, Krie­ge­rin. Es ha­ben sich Men­schen schon in schreck­li­che­re Ge­schöp­fe ver­liebt.«
    Es klang är­ger­lich.
    »In Feu­ernym­phen zum Bei­spiel!«, warf Ami­na ein. »Seht ihr die Nar­be auf Ra­vins Mund? Er hat ei­ne ge­küsst!«
    Ra­vin spür­te, wie er feu­er­rot wur­de, und blitz­te Ami­na wü­tend an.
    »Sing uns ein Lied von dei­ner Liebs­ten, Ra­vin!«, sag­te Chal­tar in sei­ner ge­dehn­ten Aus­spra­che. Die Mann­schaft klatsch­te und pfiff. Hil­fe su­chend blick­te Ra­vin zu Dari­an, doch der hob nur be­dau­ernd die Schul­tern.
    »Ein Lied! Ein Lied über dei­ne Nym­phe!«, for­der­te die Mann­schaft.
    Ra­vin schüt­tel­te den Kopf und schwor sich, Ami­na bei der nächs­ten Ge­le­gen­heit die Mei­nung zu sa­gen.
    »Dann we­nigs­tens ein Lied aus dem Wald! Ein Wald­lied!«, rief Chal­tar. Ladro bat mit ei­ner Ges­te um Ru­he. Er­war­tungs­vol­le Stil­le senk­te sich über die Grup­pe. Ra­vin warf Ami­na einen letz­ten ei­si­gen Blick zu, dann kämpf­te er sei­ne Wut nie­der und über­leg­te. Er ver­such­te sich an die vie­len Lie­der aus dem Tjärg­wald zu er­in­nern, doch selt­sa­mer­wei­se kam ihm nun kei­nes in den Sinn. Nur an ein ein­zi­ges Lied er­in­ner­te er sich. Ein weh­mü­ti­ges Lied, das er vor lan­ger Zeit ge­hört hat­te. Viel­leicht war es

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