Im Bann des Fluchträgers
verlassen hatten oder vielleicht sogar geflüchtet waren. Vielleicht war Jerrik vertrieben worden. Gerne hätte er mehr erfahren, aber er wusste, dass die Höflichkeit ihm diese Frage verbot.
»Doch nun erzählt. Was sucht ihr im Grenzgebiet?«, fragte Jerrik.
Ravin wechselte einen Blick mit Darian, dann holte er aus und berichtete vom Tjärgwald, erzählte von den Stürmen und den verkümmerten Bäumen und schließlich von Jolon und dem Kristall. Während er sprach, nahm er schemenhaft wahr, dass sich mehr und mehr Menschen am Feuer versammelten. Als er bei seinem Besuch in Gislans Burg angelangt war, sprang Darian ein und erzählte von ihrem Entschluss, gemeinsam Skaardja zu suchen, im Grenzland von Skaris, das noch keiner von ihnen betreten hatte. Als er berichtete, wie Ravin Sella entdeckt hatte, sahen sich die Krieger am Feuer vielsagend an. Einige lächelten bitter.
»Und Sella führte uns durch den Wald, bis wir auf euch stießen – oder ihr auf uns, wie man es nimmt«, schloss Darian.
»Dieser Stein …«, fragte Amina leise, »den Jolon in der Hand hält. Wie sieht er aus?«
»Es ist ein purpurner Kristall.«
Amina und Ladro wechselten einen Blick. Ravin sah, wie Ladro kaum merklich den Kopf schüttelte.
»Soweit wir wissen, ist er jedoch nur der Träger des Fluchs. Es könnte ebenso gut ein Bogen oder ein anderer Gegenstand sein.«
Jerrik blickte nachdenklich ins Feuer.
»Und nun sucht ihr Skaardja. Ich fürchte, ihr werdet hier mit eurer Suche keinen Erfolg haben.«
»Skaardja ist nur ein Märchen«, sagte Amina. »Ein Ausdruck der Sehnsucht, dass Tod und Flüche nichts Endgültiges sind.«
Ravin sah sich in der Runde um. In vielen Gesichtern las er Mitleid. Er holte Luft und spürte Trotz und Enttäuschung in sich aufsteigen.
»Und selbst wenn sie heute ein Märchen ist! Vor langer Zeit hat sie im Grenzland gelebt. Wir haben Menschen getroffen, in deren Dörfern sie gewesen ist …«
»Wir werden weitersuchen, bis wir sie finden«, schloss Darian ruhig. Die Lagerbewohner flüsterten miteinander. Jerrik machte ein höfliches Gesicht, doch Ravin sah ihm an, dass ihm dieses Vorhaben mehr als zweifelhaft erschien.
»Nun, wir wollen euch nicht enttäuschen«, ergriff die Kriegerin Mel Amie das Wort. »Aber hier werdet ihr eure Reise nicht fortsetzen können. Badoks Truppen sind jedem auf der Spur, der durch die Wälder reitet. Vorerst wird euch nichts anderes übrig bleiben, als bei uns zu bleiben.«
Ravin versuchte seine plötzliche Unruhe und Unsicherheit zu verbergen. Auch Darian war blass geworden. Mel Amie sprach ruhig weiter.
»Es ist mir ein Rätsel, wie ihr so weit kommen konntet, ohne dass die Badok euch gestellt haben! Sie kennen Sella. Sie hätten nicht gezögert euch zu töten.«
»So wie ihr uns beinahe?«, fragte Darian.
»So in etwa«, antwortete Amina trocken. »Nur schneller!«
Ravin schauderte.
»Wo sind eure Kinder? Eure Alten?«, fragte Ravin. Er wusste selbst nicht, warum ihm die Frage herausgerutscht war. Das plötzliche Schweigen sagte ihm, dass er einen wunden Punkt getroffen hatte.
»In Sicherheit«, antwortete Mel Amie. »Du beobachtest sehr genau, Ravin va Lagar. Wie du bestimmt schon erraten hast, sind wir auf der Flucht. Seit die Badok uns angreifen, bleibt uns nur der Rückzug. Unsere Kinder, unsere Eltern, die Fischer haben wir schon über den Pass gebracht. Nur die Krieger und die Heiler sind geblieben, um im Falle eines Angriffs die Badok aufzuhalten. Doch auch wir werden fliehen.«
Ravin fröstelte und suchte Aminas Blick. Aber sie stocherte in der Glut und hielt die Augen gesenkt.
Darian beugte sich zu Jerrik vor.
»Was wollen die Badok von euch? Hat es etwas mit Sella zu tun?«
Eine kurze Pause entstand, in der sie wieder nur das Reisig knacken hörten, das im
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