Im Bann des Fluchträgers
verschweigen.«
Darian atmete hörbar aus.
»Also hast du es auch bemerkt«, seufzte er.
»Vieles ergibt keinen Sinn«, fuhr Ravin flüsternd fort. »Wie du bereits sagtest: Ein gebrochenes Herz ist kein Grund für einen Krieg. Vor allem dann nicht, wenn Badok und Jerrik in ihrer Jugend in Frieden lebten.«
»Jerrik hätte Grund, sich an Diolen zu rächen. Aber sie fliehen vor Badoks Truppen.«
»Wenn Diolen vorhatte, Tarik zu töten um Sella zu bekommen, warum lässt er sie nach dem Mord im Wald zurück? Und wenn er in sie verliebt war, wieso würde er sie dann töten, wenn er sie wiedersähe?«
Sie schwiegen lange.
»Nichts, was Mel Amie erzählt hat, passt zusammen«, sagte Darian schließlich. »Da sind viele Ungereimtheiten. Wir werden die Wahrheit morgen herausfinden!«
»Ja, morgen«, erwiderte Ravin.
D
u jagst wirklich Ranjögs?«, fragte Ladro. Ravin und er saßen am Fluss und beobachteten Vaju und Dondo. Das heißt, Ladro beobachtete die Regenbogenpferde. Ravin blickte fasziniert auf das verwirrende Farbenspiel der Bantys, wenn sie zwischen den Bäumen umherwanderten. Manchmal glaubte er eines erkennen zu können, obwohl es bereits mit den gescheckten Stämmen verschmolzen zu sein schien. Doch dann trat es an ganz unvermuteter Stelle aus dem Wald und Ravin musste sich eingestehen, dass er sich wieder getäuscht hatte.
»Ja«, erwiderte Ravin. »Aber die Ranjögs in Tjärg sind kleiner als hier. Ich habe mir die Felle im Zelt angeschaut. Ansonsten sehen sie genauso aus. Sehr weiches, schwarzweißes Fell am Bauch und unscheinbar grau und zottig das Deckhaar auf dem Rücken.«
»Und zwei gemeine schwarze Hörner.«
Ravin lachte und nickte wieder.
»Wie erlegst du sie?«, fragte Ladro weiter.
»Wir kreisen sie sehr leise ein«, sagte Ravin ohne den Blick von einem Banty zu nehmen, das bis zu den Knien im Flusswasser stand und trank. »Sie dürfen den Jäger nicht bemerken. Bei uns im Lager lebt ein Mann, der Jäger war und sich nicht leise genug angeschlichen hat. Er hat nur noch ein Bein. Wenn wir dicht genug herangekommen sind, suchen wir uns eines aus und schießen mit einem Schilfrohr Giftpfeile ab. Sie sind fein wie Nadeln und dringen direkt ins Herz. Das Ranjög spürt keinen Schmerz.«
Ladro nickte.
»Hier stellen wir Fallen auf, denn sie haben gelernt, den Jäger zu entdecken und ihm aufzulauern. Schau, dieses hier hätte mich fast getötet.«
Ravin riss seinen Blick vom Banty los. Ladro zeigte auf seinen Umhang, der von einer Fibel aus poliertem schwarzem Horn in Form einer Marjulablüte zusammengehalten wurde.
»Die ist aus seinem Horn gemacht. Es begegnete mir auf einer Lichtung.«
»Wie bist du entkommen?«
Ladro machte eine Pause und warf einen Stein ins Wasser. Das Glitzern des Wassers spiegelte sich in seinen Augen.
»Amina hat mir geholfen.«
Ladros Augen suchten den Fluss ab, bis sie Dondo fanden, der mit dem Huf im Wasser wühlte und es hoch aufspritzen ließ.
»Ich habe noch nie Pferde gesehen, die so gerne im Wasser sind«, fügte er fasziniert hinzu.
»Man sagt, sie entstammen dem Meer«, antwortete Ravin abwesend. »Was hat Amina getan, als das Ranjög dich angriff?«
Ladro schwieg eine Weile.
»Ravin«, sagte er dann unvermittelt. »Wenn ihr klug seid, flieht ihr mit uns über den Pass. Dabei wirst du noch genug Gelegenheit haben, mehr zu erfahren. Vielleicht wird sie es dir selbst erzählen.«
Ravin war enttäuscht. Er war sicher, dass er von Amina nichts erfahren würde.
»Kennt ihr euch schon lange?«
»Ja.«
Ravin verzichtete darauf, weiterzufragen, denn Ladros knappe Antwort zeigte ihm, dass er nicht willens war ihm mehr zu erzählen. Er war froh gewesen mit dem schweigsamen Ladro zum Fluss gehen zu können. Ladros Bewegungen waren langsam und bedächtig, er
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