Im Bann des Fluchträgers
sprach nicht viel, doch schien er Ravin zu mögen. Dass sie beide Waldmenschen waren, machte es ihnen leichter, sich zu unterhalten.
Im Laufe des Tages waren Ravin und Darian im Lager umhergegangen und hatten versucht mehr über Tarik und die Badok herauszufinden, doch Jerrik und Mel Amie wichen aus oder erzählten ihnen dieselbe Geschichte wieder und wieder.
Amina verhielt sich ihnen gegenüber höflich, aber kühl. Spöttisch beobachtete sie, wie Darian seine Zaubereien vorführte.
»Seid ihr immer noch entschlossen den Badok in die Arme zu reiten?«
Ravin hatte Aminas Schritt längst erkannt, sie folgte ihm bereits, seit er vom Fluss wieder ins Lager gegangen war. Doch er drehte sich erst um, als sie ihn ansprach.
»Wir müssen weiter«, antwortete er.
Verständnislos schüttelte sie den Kopf. Der Wind strich ihr durch das Haar. Ravin machte sich auf eine spöttische Bemerkung gefasst, doch sie setzte sich nur in den Baumschatten und deutete auf die Stelle neben sich. Zögernd ließ sich Ravin auf dem Gras nieder. Sie schauten zum Waldrand, wo einige der Krieger bereits die Zelte abbauten.
»Das wird nicht so einfach sein«, sagte sie. »Es bahnt sich etwas an. Die Badok lassen uns schon auffällig lange in Ruhe.«
»Natürlich, wir sind im Bannkreis.«
Sie biss sich auf die Unterlippe.
»Da bin ich mir nicht mehr sicher. Ich habe das Gefühl, wir werden beobachtet.«
»Für mich ergibt das alles keinen Sinn. Warum ist Krieg?«
»Du stammst aus dem Wald, Ravin. Hütet ihr eure Geheimnisse nicht ebenso gut wie wir die unseren?«
Wieder sah sie ihn mit diesem Aufblitzen von Ärger an, das Ravin nicht verstand. Wieso unterhielt sie sich mit ihm, wenn sie ihn offensichtlich nicht leiden konnte?
»Wie dem auch sei«, sagte sie versöhnlicher. »Morgen werden wir fliehen. Und ich rate euch, vergesst Skaardja und bringt euch mit uns in Sicherheit. Vom Pass aus könnt ihr in weitem Bogen den Wald umreiten und wieder ins Grenzland zurückkehren.«
Sie machte eine Pause und fuhr dann wütender fort: »Sieh mich nicht so an, Ravin. Ihr seid in etwas Böses hineingeraten und ich will euch helfen, so heil wie möglich da rauszukommen! Bleibt bei uns. Und du halte deine Schleuder bereit!«
Er forderte sie absichtlich heraus um zu sehen, was sie sagen würde.
»Woher willst du wissen, dass uns Gefahr droht? Die Badok sind hinter euch her, nicht hinter zwei harmlosen Wanderern.«
Sie beugte sich vor. Mühsam beherrschte Wut funkelte in ihrem Blick.
»Dein Freund ist ein Shanjaar, nicht wahr? Kein besonders geschickter, wie man sieht. Ich bin ein bisschen geschickter als er. Und manchmal, bei Vollmond, kommt im Traum die Zukunft zu mir und küsst mich wach.«
Sie lächelte tiefgründig.
»Ich habe euch reiten sehen – alleine. Und euer Ziel war die lichte Grenze. Also reitet mit uns!«
Ravin schluckte und blickte auf den Boden. Ob sie die Wahrheit sagte?
»Gut«, antwortete er schließlich. »Ich werde mit Darian sprechen.«
Ein wenig verwundert sah er die Erleichterung auf Aminas Gesicht. Sie atmete auf und lehnte sich zurück. Nun war sie wieder Amina mit dem spöttischen Blick.
»Ein guter Entschluss, Ravin va Lagar. Viel besser als der, in diesen Wald zu reiten!«
In dieser Nacht hielt der Schlaf Ravin wie ein dunkler Samtmantel umfangen, kein einziges Traumbild schimmerte durch den schweren Stoff. Nun zitterte der Traumfalter der Königin an seiner Schläfe und weckte ihn. Ein flüchtiges Bild, eben im Entstehen begriffen, huschte in die Baumwipfel, die sich gegen den hellgrauen Morgenhimmel abzeichneten. Sein Herz klopfte wie eine energische Hand gegen seinen Brustkorb. Er blickte sich um. In diesem Moment erwachte auch Darian. Er blinzelte, als hätte Ravins Unruhe ihn geweckt, und richtete sich
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