Im Bann des Fluchträgers
Halle gedreht, als es plötzlich auskeilte und stieg. Funken stoben, als es mit dem Hufeisen die Felswand streifte, dann brach es seitlich aus und versuchte Ravin abzuwerfen. Ravin lachte nur. Nach drei weiteren Runden war das Pferd schaumbedeckt, doch gefügig. Und der neue Horjun Galo Bor wurde den Reitern zugewiesen. Morgen würde er sich in den Ställen melden. Morgen.
In der Nacht lauschte Ravin angestrengt den ruhigen Atemzügen der Horjun. Dennoch wagte er nicht aufzustehen. Er glaubte zu spüren, dass einige von ihnen ebenso wie er wachlagen und an den morgigen Tag dachten. Es würde ihm nichts nützen, jetzt dabei ertappt zu werden, wie er durch die Burg schlich. Es war klüger, zu warten und es am nächsten Tag zu versuchen. Der Gedanke, dass sich Jerrik und die anderen vielleicht ganz in seiner Nähe befanden, vielleicht nur wenige Mauern von ihm entfernt, stimmte ihn traurig. Er fühlte sich einsamer denn je. Betrübt schloss er die Augen und wartete auf die Berührung des Falters. Mehrmals rief er die Königin um Rat an, doch er spürte nur die Dunkelheit auf seinen Lidern lasten. Sie wacht nur noch selten über meinen Schlaf, dachte er bei sich. Ob es an der Entfernung lag? Oder reichte ihre Macht nicht durch die Felswände von Badoks Burg, die von Feuerzauber und dunkler Magie durchdrungen war? Wir sind weit vom Weg abgekommen, dachte er bedrückt. Verzeih mir, Jolon! Doch ich kann Darian nicht seinem Schicksal überlassen. Als bereits die ersten Traumbilder sich in das Dunkel hinter seinen Lidern zu schleichen begannen, dachte er an Amina. Wie sehr vermisste er auch sie! Es gab ihm einen Stich, als er an den letzten Blick dachte, den sie ihm zugeworfen hatte, bevor sie sich auf ihr blindes Pferd schwang. Er schämte sich, dass er sie hatte reiten lassen. Schämte sich, dass er erschrocken war über den Mondschatten auf ihrer Hand. Und wenn sie wirklich eine Woran war? Wie oft hatte Jolon ihn vor dieser finsteren Macht gewarnt! Ihn geheißen niemals einer Woran zu begegnen. Niemals. Und doch … Vielleicht kannte ich bisher nur die Geschichten aus dem Tjärgwald, dachte Ravin, als er endlich in einen Schlaf der Erschöpfung fiel.
Kein Traumfalter weckte ihn, sondern Bors heisere Stimme, die sie anwies, sich anzukleiden und ihre Plätze einzunehmen. Ravin brauchte einige Augenblicke um zu begreifen, wo er sich befand. Er beeilte sich den anderen Reitern zur Reithalle zu folgen. Flüchtig sah er Ruk, der auf der anderen Seite zur Gruppe der Speerkämpfer hinüberging.
Er folgte den Reitern durch einige Gänge, die er wiedererkannte. Sorgfältig prägte er sich jede Biegung ein.
In der Reithalle stand wieder eine Gruppe von Pferden. Mühelos fand Ravin sein Reittier vom Vortag. Es entdeckte ihn ebenfalls und legte die Ohren an. Bei den Pferden stand eine Frau und blickte ihnen mit verschränkten Armen entgegen. Sie mochte zwei Köpfe größer sein als Ravin. Ihr Gesicht war unbeweglich und von Falten durchzogen. Ihr dunkles Haar war glatt und glich den Mähnen der Pferde. Beinahe erwartete Ravin, dass es ebenfalls mit Dornen geschmückt war.
»Ich bin Amgar Bor«, sagte sie. Ihre Stimme klang ruhig, beinahe gelangweilt. Doch Ravin kannte die Stimme der Macht und ließ sich nicht täuschen.
»Heute werdet ihr lernen in die Schlacht zu reiten. Ihr werdet lernen, nicht unter die Hufe eurer eigenen Pferde zu fallen und jedem Gegner zu widerstehen. Die Schlacht, die euch erwartet, wird hart und gefährlich, denn ihr kämpft gegen Feinde, die wie Menschen aussehen – und es doch nicht sind. Ihnen wurde die Seele geraubt, sie kennen nur noch ein Ziel: euch vom Pferd zu holen und zu töten.«
Ravin schauderte, doch überlegte er während ihrer Einweisung, wie er sich in dieser Nacht aus dem
Weitere Kostenlose Bücher