Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
ihm, spürte er ihren Schmerz. Er fühlte das Aufwallen der Macht und schlug die Augen auf, als das Feuer aus seiner ausgestreckten Hand sprang und nicht nur die erste Kerze im Ring entzündete, sondern den Kreis entlangbrauste, bis alle in Flammen aufgingen und binnen eines Momentes fast völlig verzehrt waren. Carina stieß einen spitzen Schrei aus und krabbelte hastig aus dem Weg, doch die Alte sprang vor und zwang Tris’ Hand nach unten.
Zitternd sah Tris zuerst zu Alyzza und dann zu Carina. »Was ist passiert?«, fragte er und starrte mit aufgerissenen Augen die flackernden Kerzen an. »Ich habe mich so angestrengt, ohne dass es zu etwas geführt hat«, sagte er leise, »und dann dachte ich an Kait, und ich fühlte etwas so Starkes mich durchströmen …«
»Die dunkle Magie«, krächzte die Vettel. »Leicht und stark und süchtiger machend als Traumkraut. Deine Wut hat sie hervorgerufen.«
»Wenn man sie nutzbar machen, kontrollieren könnte –«
»Sie kann niemals kontrolliert werden!«, schrie Alyzza. »Jeder Augenblick, in dem du die dunkle Magie in Anspruch nimmst, bringt deine Seele in Gefahr. Selbst die größten Magier haben ihre Verführungskraft zu spüren bekommen! Kein Magier war so groß wie der Obsidiankönig«, sprach die Alte weiter, und ihre Stimme wurde zu einem Flüstern, »und nicht einmal er konnte die Dunkelheit kontrollieren. Sie verzehrte ihn und machte ihn zu ihrem Sklaven.«
»Willst du damit sagen, dass der Obsidiankönig einmal ein Lichtmagier war?«, fragte Tris und schaute auf seine Hände, als ob ein blutiges Schwert darin läge.
»Vor langer Zeit, ja«, antwortete die Vettel. »Manche sagen, er sei besessen gewesen vom Geiste eines Bösen, der stärker als er selbst war. Andere glauben, er habe gedacht, die dunkle Macht könnte zum Guten eingespannt werden, seinem Willen gefügig gemacht, reingewaschen werden. Wenn dem so war, dann hatte er sich geirrt. Über die Jahre hinweg machte sie ihn gefügig und stumpfte seinen Geist ab, sodass er die Veränderungen in sich selbst nicht sehen konnte. Nicht einmal Bava K’aa konnte ihn überreden, davon abzulassen«, fuhr sie fort und schien nicht zu bemerken, wie Tris bei der Erwähnung des Namens seiner Großmutter zusammenzuckte. »So kam es, dass ein guter Mann zum größten Übel wurde, dass unsere Welt je gesehen hat.«
Tris merkte, dass er zitterte und immer noch auf seine Hände starrte. »Ich hatte an meine Familie gedacht«, sagte er leise, »und daran, wie sie gestorben ist. Und an denjenigen, der sie ermordet hat … ihn der Gerechtigkeit zuzuführen.«
»Gerechtigkeit hattest du nicht im Sinn«, sagte Alyzza naserümpfend. »Du hast an Rache gedacht! Du willst, mehr als alles andere, das Instrument seines Todes sein.«
»Jawohl«, flüsterte Tris, schloss die Augen und senkte den Kopf. »Du hast recht. Göttin steh mir bei, das will ich.«
»Du musst dich entscheiden«, sagte Alyzza lauernd. »Nichts Gutes kann aus Rache kommen. Wenn du nur Vergeltung suchst, dann wird die dunkle Magie dich verzehren, und du wirst so viel Böses wirken, dass der Tod deiner Familie im Vergleich dazu unbedeutend ist«, hielt sie ihm vor Augen, und ihre Hände zuckten unter ihren Kleidern. »Es gibt jedoch noch einen anderen Weg.«
»Verrate ihn mir!«, beschwor Tris sie und hob den Kopf.
»Lass deine Familie los!«, zischte sie. »Nicht einmal du kannst sie zurückbringen!« Sie legte ihm den Arm um die Schulter, wobei ihr Ärmel über seinen Hals fiel. »Die Sieben Königreiche sind von größerem Unheil bedroht als ihren Toden. Kämpfe dagegen! Wenn du der Dunkelheit erlaubst, dich auszufüllen, dann wird sie dich verzehren!«
Carina beobachtete mit aufgerissenen Augen, wie Tris das Gesicht in den Händen barg. »Lichte Göttin«, flehte er mit erstickter Stimme, »hilf mir! Ich will ihn so sehr bestrafen … Bei der Jungfrau und der Hure, wenn ihr hättet sehen können, wie sie starben!« Er wischte sich mit der Hand über die Augen. »Und jetzt, Kaits Geist …«
»Alyzza, ist das wirklich nötig?«, setzte Carina an, doch die Vettel befahl ihr mit einer Handbewegung zu schweigen.
»Bei allen Dingen gibt es einen Zeitpunkt, wo man sich entscheiden muss«, krächzte die Hexe, und ihre Lippen berührten fast Tris’ Ohr. »All deine Wege zweigen von diesem Moment ab. Wähle!«
»O Mutter und Kind, so helft mir doch!«, keuchte Tris. »Ich kann nicht … will nicht … so sein!«
»Sehr gut! Du sprichst die Wahrheit«, sagte
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