Im Bann des Nekromanten: Die Chroniken des Beschwörers - 1. Roman (German Edition)
unser Barde hier uns etwas übers Messerwerfen erzählen könnte. Ich werde euch weiterhin im Umgang mit dem Schwert unterrichten. Und da Interesse an Beinarbeit geäußert worden ist«, fügte er mit einem Seitenblick auf Kiara hinzu, »möchte Kiara vielleicht diejenigen unter ihre Fittiche nehmen, die sich dem gewachsen glauben.« Er streifte seine Jacke glatt. »Das alles unterzubringen heißt natürlich doppelte Trainingsstunden.« Kiara musste sich das Grinsen verkneifen, als sie die Reaktionen sah, die diese Ankündigung hervorrief. »Wenn ihr einen Krieg anfangen wollt, braucht ihr alle Übung, die ihr kriegen könnt.«
Einen Kerzenabschnitt später schöpfte Kiara gerade einen Becher aus dem Eimer am Fenster, als Tris auf sie zukam. »Ich bin beeindruckt«, sagte er. Sie suchte seine Miene nach Anzeichen von Sarkasmus ab, fand aber keine. Zu ihrem Leidwesen spürte sie, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg.
»Danke«, murmelte sie. »Ich schätze, das ist eine der guten Sachen an meiner Reise«, sagte sie, sah ihm in die Augen und wandte den Blick ab. »Hier draußen kann ich tatsächlich anwenden, was ich im Training gelernt habe. Bei den Damen bei Hofe bestand dafür nicht viel Bedarf.«
»Die Damen bei Hofe werden überbewertet«, erwiderte Tris gelassen. »Zumindest habe ich das immer so empfunden.«
Kiara drehte sich um und sah ihn an. Seine Augen waren völlig ernst und in seinem Verhalten konnte sie nichts entdecken, was auf irgendeinen Widerwillen gegen ihre Fähigkeiten hingedeutet hätte. Sie bot ihm den Wasserbecher an. »Ich dachte immer, ich sei die Einzige, die sich nichts aus dem Hofleben macht.«
»Wenn ihr zwei am Wasserfass fertig wärt …«, unterbrach Vahanian ihre Unterhaltung und rief sie zur Gruppe zurück. Schmunzelnd schlenderte Tris zu den anderen hin, und Kiara folgte ihm gedankenverloren.
*
Nach dem Waffentraining wurde Tris bereits von Schwester Taru erwartet. Bei ihr war Hüter Devin, ein Mann mittleren Alters mit einem Ring kurz geschorener weißer Haare um seine Tonsur und grau meliertem Bart. Seine braunen Augen wirkten beunruhigend auffassungsfähig, sein dunkler Teint deutete auf eine Abstammung aus Nargi oder Trevath hin. Tris folgte den beiden zu einem Studierzimmer, wo er auf einem Tisch einen Vormittagsimbiss aus Brot, Käse und Dörrobst vorfand, dem er dankbar zusprach. Taru reichte ihm einen aufgewärmten Tee aus einem Kessel auf der Feuerstelle. Das Feuer genügte kaum, um die herbstliche Kälte zu verjagen.
»Ich habe Devin mitgeteilt, was wir gestern erfahren haben«, sagte Taru. »Er hat viele Fragen an Euch.«
»Ich will diese … Gabe … verstehen«, antwortete Tris. »Und ich hätte gern, dass es mich nicht jedes Mal umhaut, wenn ich ein größeres Wirken durchführe.«
Devin gluckste. »Das ist der Preis der Magie, fürchte ich. Aber mit Übung und Erfahrung kommt Widerstandsfähigkeit. Und nun berichtet mir von den Geistern Shekerishets und Euren Erlebnissen auf der Reise hierher.«
Es dauerte einen Kerzenabschnitt lang, Devin alles zu erzählen, was er wissen wollte. Der Hüter ließ Tris zu seinen Begegnungen mit den Geistern auf dem Weg durch Margolan zurückgehen, fragte ihn nach seinen Empfindungen, als er seine Macht eingesetzt hatte, und was – präzise – er in jeder Situation gemacht hatte. Am meisten interessierte Devin sich für die Begegnungen mit dem bösen Geist, der von Carina Besitz ergriffen hatte, und mit den Geistern von Ruune Videya. Schließlich, als Tris ihm nichts mehr erzählen konnte, schloss Devin die Augen.
Nach einem Moment blickte er Taru an. »Er ist tatsächlich der Erbe Bava K’aas. Ein Geistermagier von geringerer Macht hätte diese Prüfungen nicht überlebt.«
»Es hing an weniger als einem Haar«, erwiderte Tris. »Sogar jetzt kann ich die Geister dort draußen spüren, diejenigen, die Fürbitte wollen oder Gerechtigkeit oder einfach nur die Freiheit hinüberzugehen. Wie kann ich sie davon abhalten, mich in den Wahnsinn zu treiben?«
Devin dachte einen Augenblick lang nach. »Das ist eine der Bürden eines Seelenrufers«, sagte er schließlich. »Ihr seid der Mittler zwischen den Lebenden und den Toten. Sobald Eure Macht bekannt wird, werden Euch auch die Lebenden keine Ruhe mehr lassen und Euch aufsuchen, in der Hoffnung, letzten Segen – oder Vergebung – von den Toten zu erhalten, oder mit dem Wunsch, zornige Geister zu besänftigen oder böse auszutreiben. Fürst der Toten und der Untoten zu sein ist
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