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Im Bann des roten Mondes

Im Bann des roten Mondes

Titel: Im Bann des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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sehen doch, dass es ihr schlecht geht, Leutnant«, gab Philippe erbost zurück. »Nach allem, was sie durchmachen musste, ist sie unmöglich in der Lage zu reiten.«
    »Tut mir Leid, Monsieur, aber eine Sänfte kann ich ihr nicht bieten. Und es ist unmöglich, noch eine Nacht länger hier zu bleiben. Unser militärisches Ziel ist erreicht. Für weitere Aktionen habe ich keinen Befehl.«
    »Es bedarf auch keiner weiteren Aktionen«, entgegnete Philippe. »Meine Braut braucht jetzt nur Ruhe.«
    »Die kann ich ihr hier leider nicht garantieren«, erwiderte er frostig. »In einer Stunde brechen wir auf.« Er ging, ohne auf Philippes Einwand zu warten.
    Désirée schob Philippes Hand von sich. Langsam erhob sie sich und lief wie in Trance über den sandigen Boden. Wo sie lief, gingen ihr die Tuareg aus dem Weg. Sie wandten die Köpfe ab oder drehten sich weg. Selbst die Kinder hockten zu ängstlichen Knäueln geballt im Staub und schwiegen. Einige Soldaten standen am Fluss und schauten zu, wie die Kameltreiber ihre Tiere tränkten, andere hatten sich in den Schatten der Palmen gesetzt, die Gewehre über den Knien. Der Leutnant lief durch das Lager und brüllte Befehle.
    Am Rande der Oase, am Fuße der Dünen begruben sie ihre Toten. Es waren einfache Steinkreise, abgedeckt mit den Zweigen von Dornbüschen. Damals war Désirée dieser Ort überhaupt nicht aufgefallen. Das Wehklagen der Frauen, die Gebete der Männer, der eintönige Singsang des Korangelehrten wehten zu Désirée herüber. Sie blieb stehen, als sie sowohl Aissa als auch Tedest unter den Trauernden bemerkte. Sie spürte fast körperlich die Mauer der Feindseligkeit zwischen ihnen.
    Aissa wandte sich ab, als sie Désirée sah. Nur Tedest drehte sich zu ihr um. Aus ihrem Blick sprach so viel Leid und Entsetzen, aber gleichzeitig auch ein unbeugsamer Stolz. Die Tränen brannten in Désirées Augen wie Salzwasser. Dann lief sie zu Aissa und warf sich ihr zu Füßen.
    »Verzeih mir, Aissa, verzeih mir!« Die Umstehenden schauten sie befremdet an. Aissa rührte sich nicht. Da beugte sich Tedest zu Désirée herab und umfasste ihre Schulter. Mit sanftem Druck zog sie sie hoch und nahm sie in die Arme. Désirée schluchzte hemmungslos und verzweifelt. Ein wenig hilflos schaute sich Tedest nach Arkani um. Er kam langsam näher und legte nun seinerseits seinen Arm um Désirée. Dann führte er sie beiseite.
    »Warum?«, flüsterte sie tonlos. »Warum?«
    Arkani senkte den Kopf. »Sie haben dich gesucht. Und sie zogen hier vorbei, zwei Tagesritte von hier.«
    »Dann war es nur ein Zufall, dass sie hierher kamen?«
    »Nein. Diese Oase ist allen Beduinen bekannt.« Er senkte den Kopf und schwieg.
    Sie fasste nach seiner Hand. »Erzähl mir die ganze Wahrheit, Arkani, ich muss sie wissen.«
    Er hob den Kopf wieder, und sein Blick schweifte irgendwo in die Ferne. Sie sah unendliches Leid in seinen schönen Augen, und es zerriss ihr das Herz.
    »Einige Männer meines Stammes wollten Lösegeld für dich erpressen.«
    »Das weiß ich«, flüsterte sie. »Die einen wollten mich in der Wüste verdursten lassen, die anderen Lösegeld für mich erpressen. Aber niemand wollte, dass ich bleibe.«
    Er antwortete nicht.
    »Ich verstehe es nicht. Die Begleiter haben uns im Stich gelassen, weil sie glaubten, dass wir aus den Bergen nicht wieder zurückkommen, dass uns die Geister holen. Wieso haben sie dann trotzdem Lösegeld gefordert?«
    Er starrte immer noch in die Ferne. »Sie haben nicht begriffen, dass der Wandel schon da ist, die Veränderung. Die Welt hat sich geändert. Und diese Veränderungen haben auch die Tuareg erreicht.«
    »Diese Lösegeldforderungen, habt ihr das schon immer getan?«
    Er wandte den Kopf etwas beiseite. »Nein. Unsere Krieger erheben Schutzzölle von den Karawanen. Das ist etwas anderes. Diese Lösegeldforderung war der Geist des Bösen, der in die Köpfe einiger Männer gekommen ist. Sie haben nicht vorausgesehen, dass sie damit dem eigenen Stamm schaden.«
    »Es ist entsetzlich«, flüsterte sie schaudernd.
    »Die Soldaten glaubten, dass man dich versteckt hielt, und wollten den Ort herausbekommen. Mein Vater, der Amenokal, sagte, dass du fortgeritten seiest. Sie haben ihm nicht geglaubt.«
    »Und deswegen haben sie ihn ...«
    »... erschossen«, ergänzte er. »Sie haben so viele erschossen, hingerichtet. Wahllos, immer einen. Eine Frau, ein Kind, ein Mann. Dann wieder eine Frau, ein Kind ... Dann haben sie die Zelte angezündet. Bis wir kamen. Sie

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