Im Bann seiner Küsse
Dielenbrettern. Rauchschwaden zogen an der Decke entlang.
Kochen war offenbar Schmutzarbeit.
Na ja, dachte sie, ohne zerbrochene Eier keine Omeletts. Sie drehte sich zu dem inzwischen heißen Herd um und zog einen großen gusseisernen Topf zu sich. Er rumpelte und schürfte und klirrte über die Herdplatte.
Sie hob den Deckel und warf Kartoffel, Zwiebel und eingemachte Möhren hinein, die sie zuvor klein geschnitten hatte. Den Deckel sorgsam neben den Topf legend, goss sie bis zum Rand Wasser auf, salzte aus dem Salzbehälter neben dem Herd und tat das Stück Fleisch hinein, das sie im Netzbehälter über der Abtropffläche gefunden hatte.
Sie sah kurz zu, wie das Wasser zu sieden anfing, dann steckte sie die Hände in die Schürzentaschen und drehte sich langsam um. Das Ausmaß der angerichteten Katastrophe traf sie wie ein Schlag, sie zuckte zusammen. Der Anblick allein genügte, um ihr alle Kraft zu rauben.
Seufzend ging sie zum Tisch und ließ sich auf den harten Stuhl fallen. Wenn sie nicht rasch etwas unternahm, würde sie auf der Stelle einschlafen.
Müde stand sie auf, griff unter der Abtropffläche nach zwei Eimern und lief hinaus.
Der Nachmittag war atemberaubend schön. Auf den sanft zum Meer abfallenden, saftig grünen Wiesen um das Haus steckten Wiesenblumen in allen Farben ihre Köpfe aus dem frischen Gras. In der Ferne sah man die stahlblaue Wasserfläche der Meerenge blinken. Das sanft raschelnde Laub der Eiche wurde vom Sonnenschein vergoldet.
Sie schloss die Augen und lauschte den Frühlingsgeräuschen - Vogelgezwitscher, Wind, raschelndem Laub, Bienengesumm. Für Tess, die so viele Jahre in totaler Stille verbracht hatte, war es wie die schönste Symphonie. Nichts konnte herrlicher klingen.
Leise vor sich hin summend schlenderte sie zur Zisterne und schlug den schweren Holzdeckel zurück. Klares blaugrünes Wasser fing funkelnd die Sonne ein.
Sie brauchte eine Ewigkeit, um sechzehn Eimer Wasser ins Haus zu schaffen und zu wärmen, doch als sie in die Küche zurückkehrte und den letzten Eimerinhalt in die Badewanne goss, die sie im Schuppen gefunden hatte, wusste sie, dass es sich gelohnt hatte.
Sie zog ihren formlosen Kittel aus und warf ihn über den nächsten Stuhl, ehe sie rasch in die Wanne stieg.
Obschon nur lauwarm, war das Wasser himmlisch. Tess wusch Haar und Körper mit Lavendelseife, bis ihre Haut prickelte und glühte. Dann legte sie den Kopf auf den Wannenrand und schloss die Augen. Sie wollte nur ein paar Minuten ausruhen, ehe sie sich die Küche vornahm ...
Im nächsten Moment war sie auch schon eingeschlafen.
Hewlett-Packard
7
Jack war todmüde, als er die durchhängenden Stufen zum Haus hinaufging. Vor der geschlossenen Tür blieb er stehen und versuchte sich auf die eisige Gefühllosigkeit einzustimmen, die im Umgang mit Amarylis für ihn unabdingbar war. Einfach war es nicht, da er verdammt müde war, trotzdem bemühte er sich darum und suchte in seiner Seele nach dem so notwendigen Schutzschild der Distanz. Auf alles gefasst riss er die Tür auf ... und stieß gegen die Kupferwanne, so dass es laut durch den dunsterfüllten Raum hallte.
Jack sah hinunter und erstarrte.
Tess war in der Wanne eingeschlafen. Ihre Arme hingen außen locker herab, ihr mondhelles Haar fiel gelockt bis auf den Boden. Und ihre Haut. Du lieber Gott, ihre Haut...
Ihre Brustspitzen schimmerten als rosige Umrisse durch das farblose Wasser. Begehren schoss heiß und hart durch seinen Körper. Oh Gott, er wusste noch, wie sich ihr Fleisch angefühlt hatte, wie schmiegsam, warm und willig sie einmal war.
Die Tür entglitt seinen tauben Fingern und schlug mit lautem Knall gegen die Wand.
Sie fuhr erschrocken auf. »Was? Ach ...«
Nun erst sah Jack, in welchem Zustand sich die Küche befand. Er schwenkte auf Ärger um, da er dieses Gefühl dem Begehren vorzog. »Allmächtiger!«
»Jack?«, gab sie schläfrig von sich. »Du musst es sein. Deine angenehme Stimme würde ich überall erkennen.«
»Hier sieht es ja aus wie nach einer Schlacht. Was um Himmels willen treibst du da?«
»Jack!« Diesmal rief sie seinen Namen hoch und schrill, als hätte sie eben erst bemerkt, dass sie nackt in der Wanne saß. Mit einer blitzartigen Drehung griff sie nach dem Handtuch und drückte es an den Körper.
»Was machst du da?«, wiederholte er.
Langsam richtete sie sich auf, das feuchte Handtuch schützend vor sich. »Ich koche.«
»Du kannst nicht kochen.«
»Das kann man sagen.«
»Ich sage, du
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