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Im Bann seiner Küsse

Im Bann seiner Küsse

Titel: Im Bann seiner Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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alles vorüber war, konnte sie nichts mehr hören.«
    Katie runzelte die Stirn. »Gar nichts?«
    »Nichts. Das machte alles für sie sehr schwierig, weil sie nicht wusste, wie sie sich verständlich machen sollte. Deshalb ...« Schmerzliche Erinnerungen versetzten Tess in die Vergangenheit. Plötzlich war sie wieder Kind, sieben Jahre, und wurde über den Schulhof zu der windschiefen alten Bruchbude geführt, in der die Sonderschulklasse untergebracht war.
    Das ist Tess Gregory, sagte die Schulleiterin und ließ das Verdammungsurteil folgen. Sie gehört hierher...
    »Mama?«
    Katies Stimme versetzte Tess jäh wieder in die Gegenwart. Sie wischte sich über die feuchten Augen und räusperte sich. »Tut mir Leid. Na jedenfalls ... meine Freundin besuchte dann eine Sonderklasse für Schüler, die ... anders waren. Es war sehr schwer für sie. Nach einer Weile vergaß man, dass sie nicht hören konnte, und behandelte sie, als wäre sie einfach dumm. Und die anderen Kinder, die Freundinnen von früher, lachten sie aus und vergaßen sie dann.«
    »Wie schrecklich.«
    Tess zeigte ein unsicheres Lächeln. »Ja. Dann starb die Mutter meiner Freundin, und sie musste bei einer anderen Familie leben.« Bei der ersten von vielen Pflegefamilien. »Lange Zeit war sie sehr traurig, aber dann geschah etwas Wundervolles.«
    »Was denn?«
    Sie lächelte in der Erinnerung an den Tag, als Jane Essex in die Sonderklasse gekommen war. »Sie freundete sich mit einem Mädchen an. Ihre Freundin litt an etwas, das Dyslexie genannt wird.«
    »Was ist das?«
    »Das ist ein Problem, das viele haben.« Tess fasste nach Katies Händen und zog sie in ihren Schoß. »Alle Buchstaben purzeln in ihren Köpfen durcheinander und verschwimmen und tanzen auf der Buchseite. Ist es bei dir auch so?«
    Katie schluckte schwer und nickte. »Hm ... ja.«
    »Auch ihre Freundin war blitzgescheit.«
    »Und hat sie Lesen gelernt?«
    »Aber sicher. Sie brauchte etwas länger und musste sich sehr anstrengen, aber sie schaffte es.« Tess strich Katie übers Haar und schaute ihr in die Augen. »Ich weiß, wie dir zumute ist. Aber dumm bist du nicht. Möchtest du Lesen lernen?«
    Katies Unterlippe bebte. Tränen stiegen ihr in die Augen, flössen über. Sie wollte wegschauen, Tess aber ließ es nicht zu.
    »Katie?«
    Ein mit Tränen vermischtes Schluchzen entrang sich ihr. »Ich fürchte mich so.«
    »Soll ich dir helfen? Ich habe meiner Freundin viel abgeschaut.«
    Katie bekam Schluckauf. »Ich weiß nicht. Was ist wenn ...«
    »Kein >Wenn<, Katie. Du kannst es. Du musst nur Ja sagen.«
    Katie schluckte schwer und wischte sich die Tränen ab. »Ich möchte es lernen«, sagte sie leise.
    Tess empfand so viel Befriedigung, Stolz und Liebe, dass sie es kaum fassen konnte. Lachend zauste sie Katies Haar. »Komm, Kleine, wir sollten nach Hause, ehe dein Daddy und deine Schwester die Nationalgarde rufen.«
    »Die ... was?«
    Lachend stand Tess auf und streifte Kletten und Grashalme von ihrem Rock. Hand in Hand gingen sie zum Haus zurück.

Hewlett-Packard
    14
    Hoch über ihm blinzelte die heiße Sonne durch eine Schicht von Wattewolken. Der saphirblaue Himmel verschmolz mit der ebenso blauen Meerenge, deren aquarellfarbenes Wellengekräusel nur vom gewaltigen grünen Landrücken von Vancouver Island unterbrochen wurde.
    Jack schüttete einen Eimer Wasser in den langen Metalltrog. Auf das Geräusch hin drehten sich die Schafe gemeinsam um, drängten sich zusammen und liefen als großes, schmutzigweißes Knäuel auf ihn zu. »He, Jack!«
    Jack blickte auf und sah zur Straße oberhalb der Farm hin. Ein Wagen holperte in einer Staubwolke vorüber.
    Jack rang sich ein Lächeln ab und winkte zurück. Zu dumm, er hatte völlig vergessen, dass die Hannahs heute mit den bestellten Vorräten kamen.
    Kein Wunder, dass er nicht daran gedacht hatte. Heute war er irgendwie ... unkonzentriert. Da hatte es auch nichts genützt, dass er sich in die Arbeit stürzte. Er hatte nicht vergessen können.
    Der Kuss.
    Er stöhnte auf, als er wieder die Woge des Begehrens und Verlangens zu spüren meinte, die ihn bei der Berührung ihrer feuchten, lockenden Lippen erfasst hatte. Der Kuss war ... ganz besonders. Eine andere Charakterisierung wollte ihm nicht einfallen. Wie Amarylis und doch nicht wie sie. Verrückt, aber für ihn war der Kuss wie die Frau, die sie seit einiger Zeit war - liebevoll, zärtlich, teilnahmsvoll. Wie Lissa eben.
    Oh Gott, er war kurz davor, seinen Verstand zu

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