Im Banne des schwarzen Schwertes
inzwischen völlig in Trance versunken war, zuckte am ganzen Körper. Seine Stimme tönte in schrillen Lauten tief aus der Kehle - die Worte waren fremdartig, unmenschlich, aufwühlend für die Ohren und Nerven der menschlichen Zuhörer. Elric sprach nur kurz, dann brauste die mächtige Stimme des unsichtbaren Windgiganten auf und seufzte: »ICH TUE, WAS DU VERLANGST.« Dann neigten sich die Bäume noch einmal, und der Wald stand wieder still und stumm.
Irgendwo in der versammelten Menge nieste ein Mann laut. Der vertraute Laut löste den Bann und war wie ein Zeichen für die anderen, weiterzusprechen und Mutmaßungen zu äußern.
Lange Zeit blieb Elric in seiner Trance, dann öffnete er plötzlich die rätselhaften Augen und sah sich mit ernster Miene um, einen Augenblick lang verwirrt. Schließlich faßte er Sturmbringer energischer, beugte sich vor und wandte sich an die Imrryrer. »Bald wird Theleb K'aarna in unserer Gewalt sein, meine Freunde, außerdem werden uns die Reichtümer aus Nikorns Palast gehören!«
Aber Dyvim Tvar erschauderte. »Ich bin nicht so gewandt in den esoterischen Künsten wie du, Elric«, sagte er leise. »Doch in meiner Seele sehe ich drei Wölfe, die ein Rudel bei der Jagd anführen, und einer dieser Wölfe muß sterben. Ich glaube, mein Ende steht bevor.«
Unbehaglich sagte Elric: »Mach dir keine Sorgen, Drachenherr. Du wirst noch lange leben und die Raben verspotten und die Beute Bakshaans genießen.« Aber seine Stimme klang nicht überzeugend.
5
In seinem Bett aus Seide und Hermelin regte sich Theleb K'aarna und erwachte. Ihn erfüllte eine düstere Vorahnung bevorstehenden Unheils, und er erinnerte sich daran, daß er in seiner Müdigkeit Yishana mehr gesagt hatte, als ratsam gewesen war. Er wußte nicht mehr, was es war, und hatte nun eine Vorahnung unmittelbarer Gefahr -deren Nähe Gedanken an mögliche Indiskretionen überschattete. Hastig stand er auf und zog sich die Robe über den Kopf, zupfte sie zurecht, während er bereits auf einen seltsam silbrig schimmernden Spiegel zuschritt, der sich an einer Wand seines Gemachs befand und kein Bild zurückwarf.
Mit verschlafenen Augen und zitternden Händen begann er seine Vorbereitungen. Aus einem der zahlreichen irdenen Krüge auf einer Bank am Fenster schüttete er eine Substanz, die wie getrocknetes Blut aussah, durchsetzt mit dem verhärteten blauen Gift der schwarzen Schlange, deren Heimat im fernen Dorel lag, am Rande der Welt. Darüber stimmte er einen kurzen leisen Zaubergesang an, schüttete dann das Zeug in ein Gefäß und schleuderte es gegen den Spiegel, wobei er einen Arm schützend vor die Augen hob. Ein Krachen ertönte, kurz und scharf in den Ohren hallend, hellgrünes Licht flammte auf und war sofort wieder verschwunden. Der Spiegel flackerte aus der Tiefe heraus, die silberne Schicht schien zu wogen und zu wabern und zu blitzen, und endlich formte sich ein Bild.
Theleb K'aarna wußte, daß die Dinge, die er nun sah, in der jungsten Vergangenheit stattgefunden hatten - er sah, wie Elric die Windgiganten rief.
Auf Theleb K'aarnas düsterem Gesicht stand ein Ausdruck schrecklicher Angst. Seine Hände zuckten konvulsivisch, er vermochte die Finger nicht mehr stillzuhalten. Sinnlose Worte plappernd hastete er zu seiner Bank zurück, stützte die Hände darauf und starrte aus dem Fenster in die tiefe Nacht hinaus. Er wußte, was ihn erwartete.
Ein fürchterlicher Sturm tobte - und er war das Ziel des Angriffs der Lasshaar. Er mußte zurückschlagen, sonst würde ihm von den Windgiganten die eigene Seele entwunden und zu den Luftgeistern emporgeschleudert, um bis in alle Ewigkeit von den Winden der Welt herumgewirbelt zu werden. Seine Stimme würde wie ein verdammtes Gespenst um die kalten Gipfel der eisverhüllten Berge wimmern - für immer verloren und einsam. Seine Seele würde dazu verurteilt sein, mit den vier Winden zu reisen, wohin ihre Launen sie auch führen mochten, ohne jemals Ruhe zu finden.
Theleb K'aarna empfand einen aus Angst geborenen Respekt vor den Mächten der Aeromantie, des seltenen Zaubers, der die WindElementargeister beherrschte - und die Aeromantie war nur eine der Künste, die Elric und seine Vorfahren beherrscht hatten. Dann ging Theleb K'aarna auf, gegen was er da kämpfte - gegen zehntausend Jahre und viele hundert Generationen von Zauberern, die ihr Wissen von der Erde und anderen Quellen jenseits von ihr bezogen und es an den Albino weitergereicht hatten, den er, Theleb K'aarna,
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