Im Banne des stuermischen Eroberers
sie noch von Holden. “ Es war eher eine Feststellung, und Hethe war überzeugt, einen Vorwurf herauszuhören. Allerdings verstand er nicht warum, und die Frau kannte er auch nicht. Vage vertraut kam sie ihm vor, ohne dass es ihm jedoch gelang, sie einzuordnen. Angesichts der eindrucksvollen Warze hätte er sich eigentlich an sie erinnern müssen, aber andererseits hatte er in den letzten Jahren wenig Zeit auf Holden verbracht. Da Lady Helen auf eine Erwiderung zu warten schien, brummte er zum wiederholten Male zustimmend und nickte der Hexe zu.
„Sie beaufsichtigt nun meine Kammerfrauen“, fuhr Lady Helen fort, und abermals war ihm, als schwinge ein Vorwurf in ihren Worten mit. Weshalb, war ihm nach wie vor nicht klar, und ihm blieb auch keine Zeit, darüber nachzusinnen, denn Lady Helen sprach bereits weiter. „Wir sind sehr froh, sie zu haben. Sie weiß so viel und besitzt jede Menge Erfahrung. Eben weil sie so erfahren ist, wird sie und nicht eine der jüngeren, unkundigeren Mägde sich Eurer annehmen. Wir hielten es für angemessen, dass sie sich um Euch, unseren wichtigsten Gast, kümmert.“
Den Ausführungen seiner Braut hatte Hethe nichts entgegenzusetzen. Obwohl er sich bei dem Gedanken an die begehrenswerten jungen Frauen, die William und Lord Templetun aufwarteten, ein Gegenargument herbeisehnte.
„Euer Gemach ist etwas kleiner als die anderen“, fuhr Lady Helen heiter fort. „Aber da Ihr es nur für eine Nacht bewohnen werdet, hielten wir es für das Beste, Euch hier unterzubringen. Nach der Hochzeit werdet Ihr ja ohnehin ins Brautgemach umziehen, und es erschien uns wenig sinnvoll, diese Kammer einem der anderen Herren zuzuweisen, um ihn nach der Hochzeit ebenfalls umsiedeln zu müssen.“
Hethe riss sich vom Anblick der Alten mit der gewichtigen Warze los und erkannte, dass die Kammer in der Tat winzig war. Fast so winzig wie ein Abtritt, stellte er missmutig fest. Es war kaum genügend Platz für das schmale Bett und den Zuber.
„Wenn Ihr etwas braucht, sagt es Maggie. Sie wird sich darum kümmern. “ Lady Helens Worte ließen ihn wieder zu der alten Hexe hinüberblicken, die ihm durch ein Lächeln ihre schiefen Zähne entblößte. Kurz schloss er die Augen.
„Dann genießt Euer Bad, Mylord“, fügte Lady Helen so fröhlich an, dass sich ihm die Nackenhaare aufstellten. Er fuhr herum, um einen Blick auf die Miene seiner Braut zu erhaschen, sah aber nur noch, wie sich die Tür hinter ihr und ihrer lächelnden Tante schloss. Das Lächeln nährte das ungute Gefühl, das ihn jäh beschlich, denn es war beinahe ein wölfisches Grinsen gewesen, fand er.
Er schob seine Beklommenheit beiseite, straffte die Schultern und wandte sich zu der Alten um, nur um die Schultern gleich wieder fallen zu lassen, als diese ihm zuzwinkerte.
„Grundgütiger“, raunte er abermals. Es klang kläglich.
„So, Euer Bad ist fertig, Mylord. Soll ich Euch entkleiden?“
Entsetzt zuckte Hethe zusammen und starrte die alte Kammerfrau, die beflissen auf ihn zustrebte, aus weit aufgerissenen Augen an. Er hätte schwören können, ein boshaftes Blitzen in ihrem Blick zu sehen. Abwehrend hob er die Arme, wobei er ihre warzigen Hände nicht aus den Augen ließ und einen Schritt zurückwich.
„Nay, nay, das kann ich allein“, erwiderte er hastig und wünschte, er hätte auf seinen Knappen gewartet, ehe er sich von Lady Helen die Treppe hinaufscheuchen ließ. Dann hätte er eine Ausrede gehabt, um die alte Frau fortzuschicken. Aber sein Knappe war im Stall, um dafür zu sorgen, dass Hethes Pferd gut untergebracht wurde.
„Ein wenig schüchtern, hm?“ Die Hexe lachte gackernd, ehe sie nach der Seife und einem Leinentuch griff, mit dem er sich, wie er annahm, nach dem Baden abtrocknen sollte. Auch dabei würde er auf ihre Hilfe verzichten. Schaudernd stellte er sich vor, wie sie ihn berührte, schob den Gedanken aber sogleich von sich und machte sich widerstrebend daran, seine Kleider abzulegen.
„Seid Ihr sicher, dass Ihr keine Hilfe braucht, Mylord?“, fragte sie, warf sich das Leinentuch über die Schulter und sah, wie er zögerte.
Kopfschüttelnd ergab er sich in das Unvermeidliche, legte Schwertgürtel und Langdolch ab und zog sich aus. Die Alte be-obachtete ihn schweigend. Als er die Tunika abstreifte, glomm es erwartungsvoll in ihren Augen. Derart abgelenkt, war es eher verwunderlich, dass ihm die Kälte auffiel, aber plötzlich merkte er, dass es in der Kammer nicht so warm war, wie es hätte sein
Weitere Kostenlose Bücher