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Im Banne des stuermischen Eroberers

Titel: Im Banne des stuermischen Eroberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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Bad nach oben bringen lassen, um sich zumindest die Haare zu waschen. Allerdings hatte sie es nicht übers Herz gebracht, Ducky um Hilfe zu bitten. Der Gestank war noch recht durchdringend gewesen, und daher hatte sie ihre Kammerfrau fortgeschickt und sich das Haar so gut wie möglich allein gewaschen. Keine leichte Aufgabe, in dem beengten Badezuber. Hinterher war sie so entspannt und müde gewesen, dass sie eingeschlafen war, ohne sich die langen Flechten gekämmt zu haben. Nun war ihr Haar ein wildes Durcheinander.
    „Ich hole deine Kammerfrau“, beschloss Tante Nell und wandte sich der Tür zu.
    „Nay, ich kämme es, so gut es geht, und binde es zurück. Uns bleibt keine Zeit, Ducky damit zu betrauen.“ Helen griff nach einem Kamm und fuhr sich damit hektisch durchs Haar.
    Dieses sinnlose Treiben schaute sich ihre Tante einige Augenblicke lang an, bis sie genug hatte. „Warte, lass mich dir helfen.“
    „Ich ...“, setzte Helen an, brach aber ab und folgte Tante Nell mit dem Blick. Anstatt zu ihr zu kommen, schritt diese zur Truhe und zog ein sauberes Unterkleid hervor, das sie sich vors Gesicht knotete. Erst danach trat sie zu Helen und streckte eine Hand nach dem Kamm aus.
    Stumm überreichte Helen ihr den Kamm und drehte sich um, damit Tante Nell nicht sah, dass sie rot wurde. Es war erniedrigend, wie eine Aussätzige behandelt zu werden. Hätte sie gewusst, dass sie keine Gelegenheit mehr erhalten würde, Lord Holden mit ihrem Geruch zu belästigen, hätte sie die alte Joan doch gebeten, sie davon zu erlösen. Nachdenklich runzelte sie die Stirn.
    „Vielleicht sollte ich baden, ehe ich Lord Templetun gegenübertrete“, meinte sie.
    Tante Nell zauderte kurz, schüttelte jedoch den Kopf, ohne im Kämmen innezuhalten. „Dafür ist jetzt keine Zeit. Dir bleibt nur, so hinunterzugehen, wie du bist, und zu hoffen, dass es ihm nicht auffällt.“
    Helen schnaubte. Als ob dieser Gestank irgendjemandem verborgen bleiben könnte! Ihr fiel auf, dass sie sich an der Hand kratzte, und sie zwang sich aufzuhören. Nach dem Treffen würde sie Joan holen lassen, entschied sie. Diese würde sicher ein Mittel gegen das Stinkkraut haben und auch mehr Salbe bringen. Vielleicht würde sich Helen dann wieder etwas menschlicher fühlen.
    „So, mehr können wir wohl nicht tun“, sagte Tante Nell, raffte das Haar ihrer Nichte im Nacken und band es zu einem Zopf zusammen. Als sie fertig war, wandte Helen sich um und eilte zur Tür. Tante Nell blieb dicht hinter ihr. Sie waren schon auf der Treppe, als ein Blick über die Schulter Helen kundtat, dass ihre Tante vergessen hatte, sich das Unterkleid vom Gesicht zu nehmen. Sie schnitt eine Grimasse, blieb stehen und zog am unteren Ende des Kleids, um ihre Tante darauf aufmerksam zu machen. Kopfschüttelnd sah sie zu, wie Nell ebenfalls stehen blieb, um es zu entfernen.
    „Lauf schon vor“, sagte Tante Nell. „Ich bringe dies hier eben zurück und komme gleich nach.“
    Helen nahm die Stufen nach unten und stellte erleichtert fest, dass Lord Templetun noch an der aufgebockten Tafel saß und gerade den Rest seines Mahls verspeiste.
    Natürlich war er nicht allein in der Halle. Etwa die Hälfte der Burgbewohner hatte bereits gegessen, aber es waren immer noch genügend Leute da, als Helen die Halle durchquerte. Sie blieben allerdings nicht lange. Als man Helen erblickte, erstarben sämtliche Gespräche. Ein jeder stieß seinen Nachbarn an und wies in ihre Richtung. Die Nachricht von ihrem kleinen Problem musste die Runde gemacht haben, denn Helen hatte kaum die Mitte der Halle erreicht, als jäh eine Massenflucht einsetzte. Fast zeitgleich sprangen alle auf, ließen ihr Essen stehen und flohen, als ginge es um ihr Leben.
    Nie zuvor, dachte Helen ein wenig verbittert, habe ich diese Menschen so eilfertig an die Arbeit zurückkehren sehen. Ihre Untergebenen waren keineswegs Faulpelze, aber sie genossen das Morgenmahl so sehr wie jeder andere. Heute Morgen jedoch offenbar nicht - wenn das bedeutete, Helens üble Ausdünstungen ertragen zu müssen ...
    Das Scharren der Füße und das eindringliche Flüstern, das allenthalben ertönte, ließ Lord Templetun aufschauen. Erstaunt beobachtete er, wie die Große Halle sich leerte. Helen war schon fast bei ihm, als er zur Seite sah und sie erblickte. Sofort erhob er sich, und seine Verwirrung wich einem freundlichen Lächeln.
    „Ah, guten Morgen, Mylady. Ich bin froh, dass Ihr Euch entschlossen habt, mir vor meinem Aufbruch noch

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