Im Banne des stuermischen Eroberers
hatte. Er hielt den Atem an, um nicht von ihrem Gestank überwältigt zu werden, aber durch ihren Dank würde er sich zu einer Erwiderung bemüßigt fühlen. Zu schweigen wäre unhöflich gewesen. Um ihn zu retten, entwand sie sich seinem Griff und schritt auf den Wohnturm zu. „Nun, gewiss wollt Ihr jetzt wieder aufbrechen, Lord Templetun“, plauderte sie drauflos. „Ich werde hineingehen und schauen, ob noch etwas vom Mittagsmahl übrig ist, um meinen Hunger zu stillen. Kommt wohlbehalten ans Ziel.“
Falls Templetun etwas entgegnete, vernahm Helen es nicht, denn sie hörte erst auf zu reden, als sie im Wohnturm war. Sie rauschte durch die Große Halle ihres Gemahls und hielt auf die aufgebockten Tafeln zu. Sir Stephen war draußen geblieben, vermutlich für ein Wort unter vier Augen mit Lord Templetun. Die Unterredung konnte allerdings nicht lange gewährt haben. Helen hatte die Tische kaum erreicht, als sie hörte, wie sich das Portal hinter ihr öffnete. Sie schaute sich um und sah Stephen mit besorgter Miene auf sich zueilen. Helen schüttelte den Kopf. Er hätte die Gelegenheit nutzen und länger draußen verweilen sollen. Sie an seiner Stelle hätte es getan.
„Lord Templetun ist hier.“
„Wie bitte?“ Hethe, der soeben ins Lager eingeritten war, zügelte sein Pferd hart, als er die Nachricht seines Knappen vernahm. „Was will er?“
„Das weiß ich nicht, Mylord. Er sagte nur, dass er Euch nach Holden bringen will, damit Ihr etwas Unerledigtes zu Ende führt.“
Hethe fluchte, denn er ahnte, was sich hinter diesem „Unerledigten“ verbarg. Zweifellos war seine Gemahlin zu Templetun gelaufen, kaum dass er selbst Tiernay verlassen hatte. Wieso nur konnten Weiber einfach nicht den Mund halten? Hätte sie stillschweigend auf seine Rückkehr gewartet, hätten sie die Dinge vielleicht klären können, ohne Templetun und den König hineinzuziehen. Aber nay , sie musste ja ...
„ Sagtest du, er will mich nach Holden bringen ? “, fragte er plötzlich, als auch der erste Teil des Satzes zu ihm durchgedrungen war. „Aye, Mylord.“
Hethe runzelte die Stirn. Er hatte seine Braut auf Tiernay zurückgelassen. Holden war diesem Lager hier allerdings näher. Vielleicht hatte Templetun sie dort abgesetzt, um anschließend ihn einzusammeln - sofern Hethe sich nicht täuschte, was die Absichten des Mannes anging. Womöglich hatte er ja auch nur verabsäumt, irgendwelche Dokumente zu unterzeichnen. Der Gedanke stimmte ihn ein wenig hoffnungsfroher.
Der verwundete Krieger, den er vor sich im Sattel hielt, riss Hethe mit einem Stöhnen aus seinen Gedanken. Er trieb sein Pferd an und ritt in die Mitte des Lagers, wo er den Versehrten Ritter aus dem Sattel gleiten ließ und ebenfalls abstieg. „Sorg dafür, dass sich jemand um ihn kümmert, Edwin. Ich werde Lord Templetun aufsuchen.“
„Aye, Mylord.“
Hethe war schon dabei, sein Pferd am Zügel fortzuführen, als er noch einmal innehielt und zu seinem Knappen zurückschaute, der sich kniend über den Verletzten beugte. „Wo ist er?“
„Ich habe ihn in Euer Zelt gebracht, wo er sich ausruht und Euch erwartet, Mylord.“
„Gut.“ Er wandte sich ab und schritt zu seinem Zelt. Auf dem Weg drückte er einem seiner Männer die Zügel seines Pferdes in die Hand.
„Lord Holden.“ Templetun kam auf die Füße, als Hethe ins Zelt trat. Der königliche Gesandte wirkte überaus erleichtert darüber, ihn zu sehen. „Wie steht es im Kampfgeschehen?“
„Leicester hat Haughley in Flammen aufgehen lassen, aber der König hat ihn in die Flucht geschlagen.“
„Haughley ist in Flammen aufgegangen?“ Templetun runzelte die Stirn. „Eine alte normannische Festung, noch aus Holz gebaut.“ „Aye, hat gebrannt wie Zunder.“
Templetun nickte, sann kurz darüber nach und räusperte sich. „Ich bin wegen Lady Tiern... wegen Lady Holden hier“, berichtigte er sich ärgerlich. „Sie sagt, die Ehe sei nicht vollzogen worden.“ Hethe schnitt eine Grimasse. Sie hatte also geplaudert, und nun war es an ihm, den Karren aus dem Sumpf zu ziehen. „Ihr habt doch den Beweis für die Besiegelung gesehen.“
„Sie behauptet, Ihr habet den Beweis gefälscht.“
„Nun, ich hingegen behaupte, dass sie lügt“, konterte er und sah Templetun scharf an. Er war alles andere als erpicht darauf, diesem Weibsbild beizuliegen. Hätte sie nicht dermaßen gestunken ... nun, dann wäre es anders verlaufen. Leider jedoch stank sie nun einmal. Er gab sein Bestes, sich unter
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