Im Bannkreis Des Mondes
genannt.«
»Einen Engel?«
»Aye. Als Cait und ich noch Kinder waren, erzählte meine Mutter uns oft von Engeln. Es seien Wesen mit Haar, das die Farbe von gesponnenem Gold habe. Sie seien so schön, dass ihre Schönheit sich mit der unserer gesegneten Highlands messen könne.«
»So siehst du mich?«
»Ich kann dich nur auf diese Weise sehen.«
»Oh.«
»Außerdem habe ich gesagt, dass du mein bist. Mein Engel.«
»Oh.« Sie würde, nein, sie konnte dem einfach nicht widersprechen.
Talorc ließ sie herunter, bis sie mit ihm auf Augenhöhe war. »Und jetzt sagst du es.«
»Ich bin dein.« Obwohl sie sich nicht als Engel bezeichnen würde.
Noch einmal sagte er etwas in dieser uralten, fremden Sprache. Dann fügte er auf Gälisch hinzu: »Ich gehöre zu dir.«
Sie wartete nicht, bis er sie anwies, die Worte zu wiederholen. »Du gehörst zu mir.« Wenigstens so lange, bis er die verfluchte Wahrheit erfuhr.
»Ich verspreche, dich während unserer Hochzeitszeremonie zu beschützen, und du versprichst, dich meinem Schutz anzuvertrauen. Und nun verspreche ich, dich zur Gefährtin für mein künftiges Leben zu nehmen.«
Wieso hatte sie den Eindruck, er spreche das Wort Gefährtin mit einer Endgültigkeit, die nicht einmal dem Wort Eheweib innewohnte? Würde dieses Versprechen ein Leben lang gelten? Oder verlor dieses Gelübde der Chrechte seine Gültigkeit, wenn herauskam, an welchem Gebrechen sie litt? »Ich verspreche, dich nach meinen Möglichkeiten zu beschützen und so lange deine Gefährtin zu sein, wie du es willst.«
Bei dieser Ergänzung runzelte er die Stirn. Oder beunruhigte ihn der Vorbehalt, den sie vorbrachte? »Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für einen Segen nach Art der Chrechte. Ich werde diesen Segen sowohl als Rudelführer wie auch als dein Mann sprechen.«
»Das klingt hübsch.« Es war allemal besser als die hastig gesprochenen Ehegelübde, die der Priester heruntergespult hatte, ehe Talorc mit ihr aus der Kapelle geflohen war.
Er trug sie aus dem Wasser und stellte sie auf die Pelze. Dann sank er vor ihr auf die Knie und zog sie mit sich. Voreinander kniend blickten sie sich an. Seine Miene wirkte so angespannt, dass es Abigail fast den Atem raubte. Er legte den Kopf leicht in den Nacken und sagte etwas. Als gebe er jemandem einen Befehl. Sie verstand nicht, was er sagte, aber er blickte sie erwartungsvoll an, als sollte sie seine Worte verstehen.
Dann glaubte sie zu wissen, mit wem er gesprochen hatte, denn zwei Krieger traten in ihr Sichtfeld und stellten sich hinter Talorc. Erst jetzt bemerkte sie, dass die beiden nicht allein in die Höhle getreten waren. Alle Soldaten waren zu ihnen gekommen und bildeten nun einen Kreis um sie und Talorc. Keiner trug seinen Plaid; alle waren nackt.
Das hätte Abigail in tiefe Verlegenheit stürzen sollen – sowohl die Nacktheit der Männer als auch ihre eigene. Aber nichts dergleichen geschah. Stattdessen fühlte sich irgendwie richtig an, was hier geschah. Als sei sie dazu geboren worden, dieses Chrechteritual zu vollziehen. Es half ihr, dass keiner der Männer sie ansah. Sie wandten Talorc und ihr den Rücken zu und legten den Kopf in den Nacken, als schauten sie in den Himmel.
Jeder Soldat hatte eine schlichte blaue Tätowierung auf dem linken Schulterblatt: einen Wolf. Auch Talorc trug eine solche Tätowierung. War das ein Zeichen, das alle Chrechte verband?
Ihr Blick glitt von den Soldaten zurück zu ihrem Ehemann. Er sah sie mit einer Geduld an, die sie von einem Mann, der noch vor wenigen Minuten verkündet hatte, es sei an der Zeit, die Ehe zu vollziehen, nicht erwartet hätte. Er streckte ihr seine Hände entgegen, und sie legte ihre Hände in seine.
Er nickte und begann dann zu sprechen.
Der Segen war lang. Sie beobachtete, wie Talorc in der fremden Sprache redete, die zu verstehen sie keine Chance hatte. Dennoch wuchs in ihr mit jedem Wort, das er sprach, ein wohliges Gefühl. Sie wusste nicht, worum es in dem Segen ging. Aber der ernste Ausdruck in Talorcs Augen verriet ihr, dass der Segen für ihn eine große Bedeutung hatte.
Er hörte auf zu sprechen. Niemand bewegte sich. Selbst die Luft um sie herum war reglos still. Alle warteten auf etwas, das spürte Abigail, auch wenn sie nicht wusste, was es sein könnte.
Als Talorc den Kopf in den Nacken legte, richtete sich Abigails ganze Aufmerksamkeit auf ihn. Seine Miene wirkte ungezähmt, und in seinen Augen lag ein ihr unbekanntes Funkeln. Dann öffnete Talorc den Mund, und
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