Im Bett mit Brad Pitt
kaum glauben. Endlich eine Person, die mit mir in aller
Ruhe und ganz seriös über mein Buch redet.
Auf den Riesenreinfall bei Barry Lustmolch Gracen
war nämlich noch eine ganze Reihe weiterer Enttäuschungen gefolgt. Bei mehr als
der Hälfte der Agenturen wurden wir gar nicht erst vorgelassen, und langsam
hege ich den unangenehmen Verdacht, dass ausgerechnet das die Guten sind, die
sich nicht mit jeder x-beliebigen Möchtegernautorin abgeben.
Dann gab es auch welche, die anscheinend jeden unter Vertrag nehmen,
ganz nach dem Motto, je mehr Vermittlungsverträge, desto höher auch die
Wahrscheinlichkeit, dass eine von diesen Nieten es doch noch irgendwann schafft
und sie dann an deren Erfolg mitnaschen können.
Andere wieder schlugen gleich die Hände über dem Kopf zusammen, als
sei es die größte Zumutung von allen, dass ihnen jemand ein Drehbuch anbietet,
wo der Markt doch schon dermaßen übersättigt ist.
Den Vogel abgeschossen hat aber ein alter Haudegen namens Tex
Bannister, der, nachdem ich meinen Vorstellungstext heruntergeleiert hatte, nur
wortlos die Tür zu einem Nebenraum öffnete, in dem sich Hunderte – ach,
was sage ich, Tausende Manuskripte zu wahren Bergen
türmten, und sich dadurch jede weitere Erklärung ersparte, warum er kein
Interesse an meinem Buch hat.
Doch jetzt, nachdem wir beinahe schon aufgegeben hätten, scheinen
wir endlich bei einer guten Adresse gelandet zu sein. Barbara Bowen ist eine
Frau mittleren Alters, die wie ihr ganzes Büro einen sehr aufgeräumten und
seriösen Eindruck macht, und mit ihr kann ich endlich ein vernünftiges Gespräch
über mein Buch führen.
»Ja.« Ich räuspere mich. »Wissen Sie, ich kenne mich ein bisschen
aus bei Filmen, und das ist es, was ich seit Langem vermisse: eine berührende
und zugleich auch dramatische Liebesgeschichte.«
»Endless Love.« Sie betrachtet
nachdenklich mein Manuskript. »Erinnert mich an Love Story .
Aber wahrscheinlich kennen Sie den gar nicht, dafür sind Sie noch zu jung.«
»Natürlich kenne ich Love Story . Ali
McGraw und Ryan O’Neal, die beiden waren ein großartiges Paar«, gerate ich
sofort ins Schwärmen.
Sie sieht mich überrascht an. »Und Ihre Geschichte ist ähnlich?«
»Ja … das heißt nein, eigentlich nicht …«
Barbara Bowen lehnt sich zurück. »Wenn Sie Ihre Geschichte in einen
einzigen Satz packen müssten, wie würde der lauten?«
»In einen einzigen Satz?« Ich denke nach. »Also, Sam und Jesse sind
ein glückliches junges Paar, und als sie erfahren, dass Sam schwer herzkrank
ist, versucht Jesse verzweifelt, Geld für ihre Operation aufzubringen, und als
ihm das endlich gelingt, gibt es gerade kein geeignetes Spenderherz, deshalb
beschließt er, sich für sie …«
»Stopp!« Sie unterbricht mich unerbittlich. »Zu lang, Miss Tanner.
Ich wollte nur einen einzigen Satz hören.«
»Das geht aber nicht«, protestiere ich. »Die Geschichte eines ganzen
Films kann man nicht in einen Satz verpacken, dafür ist sie doch viel zu … groß . Versuchen sie doch mal, Love
Story in einem Satz unterzubringen«, fordere ich sie im Gegenzug heraus.
Ich sehe, dass ihr eine scharfe Antwort auf der Zunge liegt, doch dann
denkt sie über meine Worte nach. »Hm, vielleicht haben Sie recht«, räumt sie
dann ein. »Möglicherweise ist diese alte Regel inzwischen überholt. Endet ihre
Geschichte wenigstens tragisch?«
»Nein, ganz im Gegenteil, am Schluss gibt es ein unerwartetes Happy
End«, sage ich schnell. Darauf bin ich nämlich besonders stolz. Meiner Meinung
nach gehört zu jedem guten Film ein Happy End, sonst will ihn doch keiner ein
zweites Mal ansehen.
»Schlecht, sehr schlecht, denn damit haben wir keinerlei Aussichten
auf irgendwelche Filmpreise. Wären sie unter Umständen bereit, das zu ändern?«
»Nein, ganz bestimmt nicht, das würde doch den ganzen Zauber der
Geschichte zerstören«, antworte ich erschrocken.
Barbara Bowen lässt ihren Blick für ein paar Sekunden auf mir ruhen,
dann schiebt sie mein Buch beiseite und beugt sich zu mir vor. »Miss Tanner,
ich will ganz ehrlich zu Ihnen sein. Sie haben es sicher auch schon bei anderen
Agenturen versucht, und da Sie jetzt hier bei mir sitzen, nehme ich an, dass
Sie auch dort keinen Erfolg hatten. Um es kurz zu machen: Ich glaube nicht,
dass sie mit einer Geschichte wie Endless Love eine
Chance auf dem modernen Filmmarkt haben. Heute will das Publikum verrückte
Storys, Spezialeffekte und möglichst viel Sex, und je schräger ein
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