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Im Bett mit

Im Bett mit

Titel: Im Bett mit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Fuerstauer
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erfindungsreiche Frau, die ihr Leben mithilfe ihrer Erfindungsgabe rettet, aus durchaus männlicher Sicht geschildert. Sie ist der tugendhafte Gegenpol zu den ausschweifenden und treulosen Sünderinnen, die den tödlichen Zorn des Herrschers provoziert haben, sodass er künftig jede seiner Bettgefährtinnen in den Tod schicken will. Die Frage ist nun: Was, wenn diese fiktive Märchenerzählerin als reale Frau in die Öffentlichkeit getreten wäre und das feinmaschige Gespinst ihrer Fantasie vor einem ungleich größeren Publikum ausgebreitet hätte? Für eine muslimische Zuhörerschaft jener Epoche völlig undenkbar! In diesem Kulturraum tritt eine gesittete Frau nicht öffentlich auf. Und wenn, würde sie es möglicherweise nicht weniger mit dem Leben bezahlt haben als eine Ehebrecherin.
    Aber stellen wir uns diese Scheherezade – die, so wie wir sie aus den Geschichten kennen, ein Wunschbild männlicher Idealvorstellungen ist – einmal als kluge, emanzipierte Dichterin vor – ähnlich vielen selbstbewussten Frauen des heutigen Iran, die genug davon haben, ihre Begabungen in der Diskretion einer nach außen verschlossenen Häuslichkeit und ihr Gesicht hinter einer Burka zu verstecken; eine Frau, die es hinauszieht in die bunte Welt der Basare und des öffentlichen Lebens, die dort Anerkennung und Bewunderung sucht und findet – wer weiß, wie sie dann die Geschichte ihres Lebens erzählt hätte.
    Es wäre wohl reizvoll, einen Blick auf diese andere, freizügige und weltoffene »Scheherezade« zu werfen, die – vielleicht – in den Köpfen vieler orientalischer Frauen schon längst spazieren geht!

Laila und die tausend-und-zweite Nacht
    Man nennt mich Laila, und ich bin eine Geschichtenerzählerin auf dem Basar der »Goldenen Stadt«, wie Samarkand noch genannt wird. Tag für Tag sitze ich vor meinem rot-weiß gestreiften Zelt an der Straße der Kaffeesieder. Ringsum in den bunten Buden schlürfen die Männer ihren Kaffee und rauchen ihre Tschibuks, die langen Wasserpfeifen, vertreiben sich mit Würfelspielen die Zeit oder feilschen um ihre Geschäfte, indes in den Läden verschleierte Frauen ihre täglichen Einkäufe verrichten und die Kinder sich in den umliegenden Straßenzügen balgen. Doch wenn ich meinen kleinen kostbaren Täbris-Teppich vor meinem Zelt ausbreite, dann strömen die Leute herbei und umringen ihn in engen Trauben, denn sie wissen, gleich schlägt die Stunde der Geschichten. Alle in der Gegend kennen und loben meine Erzählkunst und füllen meinen Münzkasten auf, zum Dank für die bunten Bilder, die ich in ihrer Fantasie entzünde.
    Jeden Morgen lasse ich meine einzige Magd, die mir in dieses neue abenteuerliche Leben gefolgt ist, mein Gesicht und die Hände mit Nussöl dunkel färben, damit ich das Aussehen einer Nubierin bekomme. Für den Rest haben die Jahre gesorgt, die ihre Falten in mein Gesicht gegraben haben. Heute würde mich wohl kein Mensch, der mich einst gekannt hat, wiedererkennen. Meine Geschichte ist vielleicht die abenteuerlichste von allen, die ich je erzählt habe. Tausendmal und öfter bin ich dem Tod entronnen, habe alle Genüsse des Lebens kennengelernt und bin in die tiefste Verzweiflung gestürzt. Doch immer wollte ich nur das eine: erzählen, erzählen, erzählen!
    Als ich ein kleines Mädchen und die einzige Tochter des Großwesirs unseres Herrn, des Königs war, hat alles angefangen. Mein Vater hatte bei einem der zahlreichen Kriegszüge auf dem Schlachtfeld einen alten verhutzelten Mann getroffen, der war irgendwie zwischen die Fronten geraten. »Töte mich nicht!«, flehte der Alte angesichts des blutigen Schwertes, das mein Vater in der Hand hielt, »glaube mir, ich kann dir noch von Nutzen sein!« »Wozu sollte ein Elender wie du mir schon nützen können?«, versetzte mein Vater verächtlich. »Ich bin der beste Geschichtenerzähler weit und breit und kann deine Tage mit den Erfindungen meines Geistes bereichern«, prahlte der Alte. Nun muss man wissen, gute Geschichtenerzähler sind in unserer Gegend äußerst begehrt. Neugierig geworden, nahm ihn mein Vater mit zu seinem Palast, um seine Kunst auf die Probe zu stellen. Er lud seine Freunde zu einem Mahl und befahl dem Erzähler: »Nun zeig, was du kannst, und erzähle! Doch wisse, wenn du bei meinen Freunden keinen Gefallen findest, wird es dich den Kopf kosten.« Köpfe waren damals, wie auch sonst überall in der Welt, eine billige Währung in Samarkand.
    Um diese Zeit war ich ein Mädchen von fünf oder

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