Im Bett mit
schien mir meine Kunst verschwendet.
Ach, ich ahnte nicht, was dieser Wunsch in ihm auslösen würde. Er wurde furchtbar zornig, nannte mich eine Treulose und schäumte, gewiss sei ich nicht besser als die Huren, die er zum Tod verdammt habe, und es werde nicht lange dauern, werde auf den geistigen Ehebruch auch der fleischliche folgen. Ich war sprachlos vor Entsetzen, warf mich ihm zu Füßen und versicherte, dass mein unschuldiger Wunsch nichts zu bedeuten habe, dass ich nicht habe ahnen können, dass ihm die Exklusivität meiner Erzählungen so wichtig sein könne. Nur allmählich gelang es mir, den Zornigen zu besänftigen, doch die heitere Stimmung des Festes war ein für alle Mal verdorben. Und auch in mir wuchs allmählich etwas von einem fatalen Misston. Dass der König so eifersüchtig darauf bestand, allein meine Geschichten zu hören, versetzte mich in die Lage eines Singvogels in einem Käfig oder eben jenes sprechenden Papageis, den er mir einst geschenkt hatte. Doch verbarg ich meinen Groll und fuhr fort, seine Abende mit meinen Erzählungen zu würzen.
Im Geheimen aber wuchs in mir der Wunsch, diesem goldenen Käfig zu entfliehen. Was mir einst überaus begehrenswert erschienen war, des Königs Liebe, wurde mir nun verhasst. Bald sah ich in ihr nur noch ein Hindernis auf dem Weg in eine Freiheit, die ich von Tag zu Tag heißer ersehnte.
Um diese Zeit geschah es, dass ein schwarzer Dschinn von mir Besitz ergriff und mir einredete: Wenn du deine Freiheit je erlangen willst, muss der König sterben! Nur sein Tod ist der Schlüssel zur Erfüllung deiner Wünsche! Anfangs spielte ich nur mit dem Gedanken und malte mir in meiner Fantasie Situationen aus, in denen der König zu Tode kommen konnte. Ich suchte und fand in meinen Geschichten Möglichkeiten dazu: einen inszenierten Jagdunfall etwa, ein politisches Attentat, Gift, von vertrauter Hand gereicht. Gab es nicht viele Familien im Land, die durch seine Raserei gegen die angebliche Untreue der Frauen eine geliebte Tochter verloren hatten? Hatte er nicht unzählige Menschen in den Tod geschickt und verdiente, dafür bestraft zu werden? Allmählich redete ich mir ein, es sei nur gerecht, wenn der Herrscher seine einstigen Verbrechen nun selbst mit dem Tod büßte. Ja, der Gedanke gefiel mir und setzte sich in mir fest. Ich begann, davon zu träumen, und selbst in meinen nächtlichen Erzählungen spielten ermordete Herrschergestalten eine zunehmend wichtige Rolle. Es war, als wollte ich damit mich selbst und die Abgründe meines Innersten entlarven.
Der König – mein Gatte – ahnte nichts von diesen Gedanken. Nach jenem gewaltigen Zornausbruch war unser Leben – nicht zuletzt durch meine demütige Unterwerfung – wieder in ruhigere Bahnen geraten. Aber ich spürte, wie ich – innerlich mehr und mehr ermattet – allmählich meinen Schwung und meine Erfindungskraft verlor. Bald würde mein Geist nur noch hohl wie eine ausgebrannte Ruine sein. Doch da kam mir der Zufall – oder war es der schwarze Dschinn? – zu Hilfe.
Der König beschloss wieder einmal, auf Tigerjagd zu gehen. Sein Leibarzt hatte ihm zu einem Gericht aus Tigerhoden geraten, um seine Manneskraft zu stärken. Wusste doch jedermann im Land, dass Tigerhoden nicht nur Kampfesmut bewirkten, sondern aus erschlafften Männern Giganten an Lendenkraft machten. Und obwohl mein Gatte, allmählich in die Jahre gekommen, sich noch immer viel auf seine Manneskraft zugutehielt, schien er doch von Zeit zu Zeit einer Stärkung zu bedürfen.
Eigentlich hätte ich ihn warnen müssen, denn eine Wahrsagerin hatte dem Land und mir einen schweren Verlust vorhergesagt. Doch eine ungewisse Stimme in mir weigerte sich, darüber etwas verlauten zu lassen. Ich beschloss, darüber zu schweigen: Insch’ Allah – mochte das Schicksal seinen Lauf nehmen!
Vom Fenster meines Gemachs aus sah ich den König und sein Gefolge davonreiten. Hinter ihm, auf seinem purpurgeschirrten Pferd, saß sein geschmeidiges schwarzes Pantherweibchen Selina und krallte sich am Fellbezug des Sattels fest. Den Tag verbrachte ich in gesteigerter Unruhe. Ich tadelte mich selbst, dass ich meinen Gatten nicht von dieser verhängnisvollen Jagd abgehalten hatte. Es war schon spätnachts, als der Jagdzug in tödlichem Schweigen zurückkehrte. Kein Hornsignal kündigte froh die Beute an. Auf einer Trage wurde der erlegte Tiger herbeigebracht, auf einer zweiten der tote König. Sein Pantherweibchen hatte ihm in Todesangst die Kehle
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