Im Bett mit
Welt – mit Ausnahme der Bauern und an der das Land gebundenen Unfreien – war nahezu immer unterwegs. Das galt vor allem für Könige und Fürsten, die ihr Land bereisten, um Gerichtstag zu halten, Tribut einzunehmen und vor allem die riesigen Ländereien kennenzulernen, die ihrer Herrschaft unterstanden. Schlösser und Burgen, die sie bewohnten, standen die meiste Zeit leer, wenn man vom Dienstpersonal absah, das sie instand zu halten hatte. Die nackten Steinwände mussten erst durch den mitgebrachten Hausrat bewohnbar gemacht werden, ehe der König oder der Burgherr mit seinem Gefolge sich dort einquartieren konnte. Die Betten wurden bei solchen Gelegenheiten gleich als Ganzes mitgebracht. Noch im 15. Jahrhundert, als der Geschmack anspruchsvoll geworden war und der Aufwand des Wohnens sich beträchtlich gesteigert hatte, wurden die Betten der Herrschaft, zusammen mit dem übrigen Hausrat, im Tross von Schloss zu Schloss gekarrt und vor Ort neu aufgestellt.
ln der Frühzeit der Burg war diese eher ein Wohnturm mit einem einzigen großen Saal und einer Feuerstelle in der Mitte, für die ein Loch im Dach als Abzug diente. In dieser »Halle« spielte sich das gesamte häusliche Leben ab. Man aß, würfelte und zankte sich darin, war es Schlafenszeit, suchte man einen Strohsack oder einfach eine Laubschütte auf und streckte sich dort in den Kleidern zum Schlafen aus. Als Decke diente oft der eigene Umhang. Ausgenommen von dieser recht rustikalen Art des Schlafens war nur der Hausherr mit seiner Familie. Für ihn gab es schon bald eine eigene, mittels Wandbehängen oder Teppichen abgetrennte Schlafkammer. Oft fanden sich neben dem Ehepaar auch dessen Kinder darin behaust. Ältere Knaben wurden in den Gemeinschaftssaal verwiesen, wo sie von den Knappen »in die Lehre« genommen wurden. Für die Hausfrau und die erwachsenen Töchter wurde bald ein eigener Aufenthaltsraum gefunden, die Kemenate, die meist im Obergeschoß eines Wehrturms gelegen war. Schließlich musste der wertvollste Familienbesitz, die heiratsfähigen Töchter, mit deren Hilfe man durch günstige Eheverträge seinen Besitz vermehren konnte, vor unbefugten Zugriffen durch heimliche Liebhaber geschützt werden. Das Brautbett war im Übrigen ein wichtiger Teil der Brautausstattung, für die der Brautvater zu sorgen hatte. Noch heute ist es, wenn in bäuerlichen Kreisen eine traditionelle Hochzeit gefeiert wird, üblich, im Brautzug einen Kammerwagen mit einem aufwendig verzierten und ausgestalteten Bett und einem Brautkasten mitzuführen, in dem die Ausstattung der Braut verstaut ist.
Geschlafen wurde über einen langen Zeitraum hinweg gleichsam öffentlich. In den Herbergen, aber auch in den klösterlichen Gästehäusern standen wahre Monstren von Bettgestellen, in denen oft einander völlig fremde Personen nebeneinander schliefen. Der Komfort war gering. Selbst in den besseren Herbergen waren Strohsäcke und mit Werg gefüllte Matratzen allgegenwärtig. Decken und Leintücher wurden selten und nur gegen Aufzahlung gewechselt. Gar ein eigenes Bett in einer Einzelkammer zu ergattern – dafür musste man schon eine ganz besondere »Standesperson« sein oder ein exorbitantes Trinkgeld entrichten.
In den Klöstern, von denen so gut wie jeder Fortschritt im ersten Jahrtausend der abendländischen Gesellschaft ausging, schliefen Mönche und Nonnen zwar allein in einer Zelle, doch ihre Lagerstätten waren jedem Luxus abhold. Ein schmales Brett mit einem Strohsack darauf – manchmal aus Gründen der Selbstkasteiung aber auch ohne einen solchen – und eine dünne Decke oder ein Umhang mussten oft genug ausreichen, und selbst bei eisiger Kälte gab es kaum ein wärmendes Feuer. Zudem wurden die kargen nächtlichen Schlafstunden immer wieder durch die Gebetszeiten unterbrochen. Übereifrige Asketen schliefen sogar in sargartigen Betten, in denen sie sich nach einem entsagungsvollen und mühsamen Leben auch zur ewigen Ruhe betten lassen wollten.
Viele Jahrhunderte lang befanden sich Erziehung und Unterricht der Kinder weitgehend in der Hand von Ordensleuten. Die Kleinen lebten in Internaten fernab von den Eltern, um Lesen und Schreiben und all die anderen nützlichen Tätigkeiten zu lernen, die dazu beitrugen, sie zu gut erzogenen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft zu machen. Sie wurden zumeist in Schlafsälen untergebracht, wo sie eine von Vorhängen umgebene Bettstatt hatten und ihre wenigen Habseligkeiten in einer kleinen Truhe verstauen konnten.
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