Im Bett mit
erkundigte sich nach meinem Befinden und schickte Geschenke, freilich nicht solche, wie er sie einst seinen Favoritinnen geschenkt hatte, ehe sein Geist sich durch die Untreue seiner Gattin verdüstert hatte. Nicht kostbare Stoffe und reichen Schmuck sandte er, doch einen sprechenden Papagei in einem goldenen Käfig – vielleicht als Hinweis darauf, in welcher Rolle er mich sah? Aber auch eine schneeweiße Katze mit unergründlichen Augen und einen schwarzen Eunuchen-Knaben, der sich darauf verstand, die Laute zu schlagen, ließ er in mein Gemach bringen. Dass er versuchte, in diesen tristen Tagen meiner Krankheit für Unterhaltung zu sorgen, rührte mich, auch wenn die Ungewissheit meines Schicksals mir zu schaffen machte. Was, wenn dieser unberechenbare Herrscher zu seiner verhängnisvollen Gewohnheit der »Frauen für eine Nacht« zurückkehrte und ich nur ein klägliches Intermezzo geblieben war?
Von dieser Furcht befreite mich schließlich der Besuch meines Vaters. Der König selbst hatte ihn herbefohlen, und nun saß er an meinem Lager, hielt meine Hand, an der noch immer der königliche Ring steckte – denn niemand hatte gewagt, ihn mir abzunehmen –, und berichtete, was sich im Königreich zutrug. »Die Boten, die das Land nach frischen Jungfrauen für ihren König durchstreiften, sind zurückbeordert worden«, erzählte er mir, »und das Königreich bereitet sich auf eine Hochzeit vor. Es scheint, dass unser Herrscher entschlossen ist, wieder eine Frau zu nehmen.« Da die Augen meines Vaters dabei hoffnungsvoll glänzten, war leicht zu erraten, dass er dabei an mich dachte. So kam es denn auch: Zwischen dem König und seinem Wesir wurde eine Art von Ehevertrag für mich ausgehandelt: Ich sollte sein Eheweib werden und sein Bett mit ihm teilen, darüber hinaus aber auch, sooft und solange er es wünschte, ihn mit meinen Geschichten unterhalten. Und: Wenn ich eine dieser mir auferlegten Pflichten vernachlässigte, sollte das meinen Tod bedeuten! Ansonsten gewähre er mir gnädig Sicherheit und königliche Ehren. Von Liebe war in dem Vertrag nicht die Rede, aber immerhin verstand ich mich darauf, zwischen den Zeilen zu lesen. Oder jedenfalls glaubte ich damals, dass ich das könne …
Nun, die Hochzeit wurde mit großer Pracht gefeiert, und meine Brautgeschenke übertrafen alle meine Erwartungen. Blieb noch die Brautnacht – ein Kapitel, über das zu reden einer anständigen Frau nicht zusteht. Nur so viel – der Herrscher erwies sich als ein großartiger Liebhaber, und die Nächte im königlichen Bett versprachen mehr Wonne, als ich erwartet hatte. Wir erprobten darin in mehr als tausend Nächten mindestens ebenso viele Stellungen und Experimente der Leidenschaft, und da sie mir alle ein Übermaß an Lust einbrachten, wurde ich bald ebenso süchtig nach dem Bett des Königs wie er nach meinen Geschichten. Bald wusste ich nicht mehr, was er mehr begehrte: meinen ihm entgegenblühenden Körper oder die unzähligen Geschichten, mit denen ich seinen Geist in Spannung hielt. Und allmählich ging es nicht nur um diese, denn auch er begann zu erzählen, sprach über seine Regierungsgeschäfte, seine Sorgen und Pläne. So entwickelte sich zwischen uns ein reger Gedankenaustausch, und ich wurde zu seiner geheimen Beraterin in allen Dingen und lenkte seine Entscheidungen nach meinen Vorstellungen – aber, wie ich voll Stolz behaupten kann, stets zum Besten des Landes. Denn ich wollte dafür sorgen, dass sich die Liebe, die ich für ihn empfand, bald auch auf sein Volk übertrug, das früher vor seiner Willkür gezittert hatte.
Die Jahre vergingen, und ich hatte ihm im Lauf der Zeit drei schöne Söhne geboren, von denen der Älteste des Königs Reich einmal erben würde, die beiden anderen aber sollten, wenn sie das Alter erreicht hatten, mit Glücksgütern reich gesegnet in die Welt hinausziehen und neue Reiche für sich begründen. Doch dann, von einem Tag auf den anderen, wendete sich das Blatt. Das war ausgerechnet an unserem Thronjubiläum. Ich machte meinem Gatten den Vorschlag, zur Feier des Tages vor versammeltem Hofstaat einige meiner schönsten Geschichten vorzutragen. Tatsächlich war in mir im Lauf der Zeit der Wunsch erwacht, meine Kunst vor einem größeren Publikum zu zeigen. Die Abgeschiedenheit des königlichen Gemachs und der einzige, wenngleich illustre Zuhörer genügten mir nicht mehr. Ich wollte ein größeres Publikum haben, sehnte mich nach dem Applaus der vielen. An den einen allein
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