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Im Bett mit

Im Bett mit

Titel: Im Bett mit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Fuerstauer
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aufgerissen, als der Tiger auf Ross und Reiter zugestürzt kam. Der König war tot – und ich fragte mich, ob nicht meine schwarzen Gedanken das Unheil heraufbeschworen hatten.
    Das Land versank in Trauer, und mich überkam bittere Reue. Doch das Leben ging weiter. Mein ältester Sohn wurde zum König ausgerufen, mein Vater übernahm die Regentschaft, ganz so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Bald würden meine jüngeren Söhne in die Welt hinausziehen, einem unbekannten, aber hoffentlich glorreichen Schicksal entgegen, wie all die abenteuernden Helden aus meinen Geschichten.
    Und ich? Ich war überflüssig geworden im Palast. Die Gemächer, die ich mit dem König geteilt hatte, erschienen mir nur noch öde und leer. Das königliche Bett, in dem ich so viele glückliche und auch manche fatale Stunden erlebt hatte, war nicht mehr das meine. Bald würde eine andere, jüngere Königin mit ihrem Gatten darin ruhen. Und so fasste ich den Entschluss, den Palast zu verlassen.
    Ich wies meine vertrauteste Magd an, einige Kleider, meine Juwelen, etliche Beutel mit Gold und den kleinen Täbris-Teppich einzupacken, auf dem ich zu sitzen pflegte, wenn ich dem König meine Geschichten erzählte. Auch ließ ich verlauten, dass ich auf Pilgerreise zum Grab eines berühmten Marabout gehen würde. Und so verließ ich nur in Begleitung meiner Magd den Palast, um in der Volksmenge unterzutauchen.
    In einem abgelegenen ruhigen Viertel der Stadt mietete ich ein kleines Haus mit einem Garten, in dem Schirasrosen einen köstlichen Duft verbreiteten. Ich wies meine Magd an, eine weiße Eselin und ein rot-weiß gestreiftes Zelt zu kaufen, wie es den Geschichtenerzählern des Landes als Wahrzeichen diente. Auch lehrte ich sie, mir Gesicht und Hände mit Nussöl dunkel zu färben, um mein Aussehen zu verändern. Zwar gab es nur wenige Menschen, die mein Gesicht unverhüllt gesehen hatten, doch – man konnte nicht wissen! Vom Vorsteher in der Straße der Kaffeesieder erwarb ich nach einigem Feilschen die Erlaubnis, dort mein rot-weißes Zelt zu errichten und mich als Geschichtenerzählerin zu etablieren.
    So bin ich zu Laila, der Geschichtenerzählerin geworden, während sich die Spuren von Scheherezade, der einstigen Königin, im Sand der Geschichte verloren. Wer weiß, vielleicht werde ich eines Tages mit einer Karawane aufbrechen und nach Bagdad oder Damaskus ziehen, und meine Geschichten werden mich begleiten und – vielleicht – meine Zeit überdauern.

Intermezzo III
Bettenfrust und Bettenlust
    Der Bettenluxus des Orients versetzte die Kreuzritter, die ausgezogen waren, um die Heilige Stadt Jerusalem von ihren islamischen Besatzern zu befreien, in kein geringes Erstaunen. Zuhause, in den zugigen Burgen, die mehr der Verteidigung dienten, als dass sie wohnliche Stätten waren, hatten sie es nicht so bequem. Seit dem Zerfall des Römerreiches waren die Zeiten unsicher geworden, und die jungen Völker des Abendlandes taten sich schwer damit, Ordnung in das Chaos zu bringen, das sich über das ganze damals bekannte Europa ausgebreitet hatte.
    Es ging überall um Eroberung und Landnahme, und man hatte immer mit Feinden zu rechnen, die das an sich zu reißen suchten, was man selber erst erobert hatte. Keine günstige Zeit, sich in seiner Behausung – ob Königspfalz, Rittergut oder Stadthaus – wohnlich einzurichten. Eigentlich rechnete man ständig damit, wieder losziehen zu müssen. Kein Grund also, sich mit festen oder gar anspruchsvollen Möbeln auszustatten. Beim Bett begnügte man sich häufig mit einer Art hölzerner Pritsche, auf die ein Strohsack oder eine Matte aus geflochtenen Binsen gelegt wurde; darauf kamen einige Felle von erlegten oder geschlachteten Tieren, sowie von den Frauen des Hauses gewebte Leintücher und Decken. Als Tisch verwendete man ein simples Holzbrett, das auf zwei Böcken ruhte. War die Mahlzeit vorbei, wurden die »Tafeln« an die Wand gestellt und die Böcke beiseitegeschoben. Das nannte man dann »die Tafel aufheben«. Als Sitzgelegenheiten dienten oft eisenbeschlagene Kisten mit Griffen daran, in denen man den wertvolleren Bestand seiner Habe verstauen konnte, wenn es wieder einmal hieß: Aufbruch ins Unbekannte. Die Kisten bargen neben Geld auch Kleider, gewebte und bestickte Stoffbahnen, mit deren Hilfe man ungemütlich zugige Säle in wohnlichere und vor allem wärmere Kammern unterteilen konnte, ferner allen möglichen Hausrat, Geschirr und, falls vorhanden, als besonderen Schatz Bücher.
    Alle

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