Im Bett mit
Feldbett des Königs. Er pflegte es auf seinen Reisen durch das Königreich stets mit sich zu führen. Der Platz, wo er es aufstellen ließ, galt als zeitweiliger Mittelpunkt des Reiches. Aber sollte es jetzt, mitten im Krieg, nicht besser im Feldherrenzelt inmitten seines Heerbannes stehen? Was sollte die seltsame Laune des Königs, es in einem friedlichen Gasthof aufzuschlagen? Und was, wenn die Schlacht verloren ging und des Königs Gegner sein Bett entdeckten? Würde sie dann nicht für seine Parteigängerin gehalten und ihr Haus gebrandschatzt werden? Diese und andere verängstigte Gedanken mögen der Wirtin durch den Kopf gegangen sein, während sie zusah, wie die Männer des Königs ächzend und schwitzend das in Teile zerlegte schwere Bett über die steile Treppe nach oben schleppten, in die Schlafstube, die nun völlig kahl war von allem anderen Gerät. Dort wurde es aufgestellt mit Blickrichtung zu den niedrigen Fensterhöhlen, die mit gelblichem Pergament bespannt waren. Da stand es nun, massiv und sperrig, die Stirnwand des Baldachins zeigte die Wappen des Königs: eine Strahlensonne für das Haus von York und den weißen Eber für Gloucester. Dazu in den Bettvorhängen, die von den flinken Fingern der Mägde befestigt worden waren, gesticktes Rosengerank mit der weißen Rose, die als ein weiteres Emblem des Hauses York galt.
Die Wirtin, die ihrerseits überall rasch mit Hand anlegte, das königliche Bettzeug geordnet und einen Tisch am Fenster hatte bereitstellen lassen, stellte einen Krug mit kräftigem Burgunderwein und ihr bestes Zinngeschirr dazu – es gab genug Speisen aufzutragen: Hühner- und Wildpasteten und ein deftiger Wildschweinbraten. Ob der König, so nahe an einer entscheidenden Schlacht, wünschen mochte, etwas zu essen? Sie fragte sich insgeheim, wie sich diese großen Herren wohl fühlen mochten, in der Nacht, bevor sie aufeinander losgingen und Tausende von wackeren Männern mit sich in den Tod rissen?
Ein einzelnes Hornsignal riss sie aus ihren Gedanken: vor dem Tor ein Reiter auf einem fahlen Grauschimmel! Kein Zweifel, der König! Die Ritter, die ihn begleiteten, hielten sich im Hintergrund. Ein dunkler Umhang verbarg die glitzernde Rüstung. Der Helm mit dem gezackten Goldreif ließ ihn majestätisch erscheinen, trotz der nach oben geschobenen schiefen Schulter, die einen Buckligen aus ihm machte. Die Knie der Wirtin zitterten, als sie sie beugte, die Worte der Begrüßung kamen ihr nur stockend über die Lippen. Der König winkte ungeduldig ab: »Einen Krug Wein, Gevatterin, und einen Bissen zu essen!«, befahl er.
Schon ist er vom Pferd gesprungen, seine Rüstung klirrt bei jeder Bewegung. Zwei Herren seines Gefolges begleiten ihn, als er die steile Treppe nach oben steigt. Der Raum, der sich ihm auftut, duftet wie eine Sommerwiese. Ungeduldig lässt er sich aus seiner Rüstung schälen. Hastig verschlingt er, was die Mägde ihm auftragen, stürzt einen Becher Wein hinunter und noch einen, steht eine Weile sinnend vor dem Bett, lässt sich dann gegen die hochgeschichteten Kissen sinken. »Wein, noch einen Krug Wein«, befiehlt er. Die Wirtin stellt den ans Kopfende des Bettes, schließt behutsam die Tür hinter sich, als sie hinausgeht. Der König ist allein mit seinen Gedanken. Der Raum ist von Kerzen diskret erleuchtet, die Flammen werfen im Windhauch, der von den Fenstern herüberweht, ungewisse Schatten. Der König greift nach dem Krug, tut einen tiefen Zug – weitet sich der Rand des Gefäßes da nicht zu einem breiten Rund, und schwimmt nicht ein feistes Gesicht in dem überschwappenden Wein, aus dem gurgelnde Geräusche nach oben steigen? Entsetzt stößt Richard den Krug von sich, sein Inhalt ergießt sich auf die Binsen am Boden. »Clarence, was willst du? Geh … lass mich allein!«, stöhnt er; »was willst du an meinem Bett? Ich musste es tun … du hättest mir die Krone gestohlen, die du doch nur vertan hättest, elender Säufer, der du warst!« Er sieht den schweren, fülligen Mann, seinen Bruder, wie er lachend die Leiter hinanschwankt zu einem Weinfass im oberen Teil des königlichen Kellers, das will er eigenhändig anschlagen. Er hat gewettet, er könne es ebenso gut wie der Kellermeister. Doch beweisen kann er es nicht mehr. Dafür sorgen die beiden obskuren Gestalten am Fuß der Leiter. Diese stürzt um, und Clarence, der unersättliche Säufer, fällt ins Bodenlose, reißt im Sturz ein Fass mit sich, liegt wie ein hilfloser dicker Käfer auf dem harten
Weitere Kostenlose Bücher