Im Bett mit
sondern es vielmehr in der Stadt Leicester ahnungslos einem Kneipenwirt verkauft. Der stellte das sperrige Ding in das eheliche Schlafgemach, allerdings ohne den verräterischen Baldachin; den hatte die kluge Wirtin schon vor Antritt ihrer Reise am Heuboden des Blauen Ebers verstecken lassen. Auch der neue Besitzer sei nur durch Zufall hinter das Geheimnis gekommen und habe damit als Kaufmann sein Glück gemacht. Schließlich sei er sogar zum Friedensrichter in seiner Gemeinde ernannt worden. Doch missgünstige Stimmen raunten, er sei mit dem Teufel im Bunde. Und nach seinem Tod fielen Räuber über seine Witwe her und ermordeten sie, um sich in den Besitz ihres Reichtums zu bringen. Die Räuber freilich wurden gefasst und dem Henker übergeben, der sie allesamt an den Galgen brachte.
Dem Chronisten dieser Version des königlichen Bettes verdanken wir übrigens auch dessen Beschreibung: Reich und eigentümlich verziert, aus Eichenholz geschnitzt, die Holzverkleidungen mit Intarsien in Schwarz, Braun und Weiß, die Pfosten mit Hochreliefs von Sarazenenfiguren geschmückt, verrät die Einzigartigkeit seiner Konstruktion den eigentlichen Zweck, für den es gebaut worden war. Jeder Teil davon, mit Ausnahme des Corpus, war so gemacht, dass es sich nach Belieben in Einzelteile zerlegen und wieder zusammenbauen ließ, sodass man es für die Reise in eine riesige Truhe umwandeln konnte. – So viel zu König Richards Bett. Allerdings, wo es wirklich geblieben sein mag, kann heute niemand mehr sagen. Mag es im Nebel der Geschichte verschwunden sein!
Es war übrigens William Shakespeare persönlich, dem wir die Vorstellung von König Richards »Gewissenstraum« verdanken. Der große Dichter erwies sich dabei auch als großer Psychologe. Nacheinander lässt er in seinem Drama Richard III. die Geister der von jenem Ermordeten mit ihren Anklagen auftreten, ihn verfluchen und seinen Untergang vorhersagen. In mehr als 58 Zeilen versuchen diese Geister, sein Gewissen wachzurütteln, und verkünden gleichzeitig seinem Widersacher, dem Herzog von Richmond (später König Heinrich VII.), einen glanzvollen Sieg. So der in jugendlichem Alter ermordete Prinz Edward, der Sohn König Heinrichs VI.:
Lass morgen schwer dir auf der Seel’ mich lasten
und denk, wie in der Blüte meiner Jahre
du mich gemordet hast.
Verzweifle drum und stirb!
Es folgt eine lange Reihe der durch Richard zu Tode Gekommen, deren Anklagen mit dem immer gleichen Refrain enden:
Verzweifle drum und stirb!
Und der als Letzter ungerecht Hingerichtete, der Graf von Buckingham, fügt noch hinzu:
Träum’ weiter du, von blutgen Taten und vom Tod!
Die Reaktion des so vielfach Verfluchten ist nicht etwa Reue, sondern Selbstmitleid. Er fühlt sich von allen verdammt und verzweifelt:
Keine Kreatur ist da, um mich zu lieben,
und sterb ich, keine Seel, die um mich trauert!
Shakespeares Königsdramen wurden im Elisabethanischen Jahrhundert und zur Zeit Jakobs I. sehr oft aufgeführt. Theater war in dieser Zeit immer auch politische oder religiöse Meinungsbildung für das Volk. Die radikale Schwarzzeichnung des Vorgängers und Rivalen der relativ jungen Tudor- und Stuart-Dynastien sollte wohl dazu beitragen, ihn auch historisch und moralisch in der öffentlichen Meinung hinzurichten, indem ihm jeder Funke von Sympathie entzogen wurde. Richard III. wurde vor allem durch Shakespeares Drama zu dem machtgierigen und skrupellosen Monstrum, als das er in die Geschichte eingegangen ist. Angesichts dieser Entwicklung ist allerdings nicht klar festzustellen, ob sich Shakespeare von den zahlreichen Gerüchten inspirieren ließ, die um die Person des zwielichtigen Königs ohnehin im Umlauf waren, oder ob er selbst es war, der durch seine eindringliche Zeichnung des »königlichen Mörders« diese erst ins Leben gerufen hatte.
Tatsache ist jedenfalls, dass die neuere Forschung das Leben und die Regentschaft König Richards aus größerer Entfernung etwas objektiver und damit gerechter beurteilt als seine Zeitgenossen und Nachfolger. Mag sein, dass er dadurch doch noch ein Stück jener öffentlichen Empathie bekommt, deren völlige Abwesenheit er als so bejammernswert empfunden hatte.
Und noch einmal: Richard III., einst auf dem Schlachtfeld von Bosworth verschollen, taucht aus dem Nebel der Geschichte wieder auf. An einem Augusttag des Jahres 2012 waren Bauarbeiter auf einem Parkplatz am Rande der Stadt Leicester am Graben. Dabei stießen sie auf ein offenbar sehr altes Skelett,
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