Im Bett mit
beinahe in seinen Armen – starb. Ihre Augen waren dunkel vor Entsetzen gewesen – war es das Wissen um ihren Tod oder die Erkenntnis, dass er, den sie geliebt hatte, ihn verschuldet hatte? Hieß es doch, dass Sterbende hellsichtig seien. Der König zitterte vor plötzlicher Kälte. »Ein Weib, bringt mir ein Weib ins Bett, ich friere!«
Der Knappe, der auf der Schwelle wacht, beeilt sich, den Wunsch des Königs an die Wirtin weiterzugeben. Auch die hat kein Auge zugetan – wie könnte sie, mit dem unheimlichen Gast in ihrem Haus? Sie nimmt die jüngste ihrer Mägde, zieht sie die Treppe hinauf, schubst sie vor des Königs Bett. Mit klammen Fingern greift Richard nach dem blühenden Fleisch, presst seinen kälteschauernden Leib gegen den lebenswarmen des Mädchens. Das – schreckensstarr – lässt alles mit sich geschehen, fühlt den Mann über ihr zusammensacken. Schwer atmend gleitet er in einen kurzen Schlummer. Zu früh für den erschöpften Schläfer dämmert der Morgen herauf, müde verlässt Richard sein Bett, lässt sich die silberne Rüstung anlegen, setzt den Helm mit dem Kronreif auf. Voll königlicher Würde reitet er in die Schlacht.
Am Abend wird er nackt im Gestrüpp eines Ginsterbuschs liegen, zwischen dessen Zweigen der Helm mit seiner verlorenen Krone hängt.
Die Wirtin »Zum blauen Eber« handelte entschlossen, als sie den Ausgang der Schlacht erfuhr. Es heißt, ein Zufall habe ihr geholfen, das Geheimnis des königlichen Bettes zu entdecken. Der König habe in der Hast seines Aufbruchs den Schlüssel seiner geheimen Schatzkammer im Bett verloren.
Der sei der Wirtin in die Hände gefallen, und sie habe, Beutel um Beutel, Richards Goldschatz in der Bettlade gefunden. Umsichtig, wie sie war, fasste sie sogleich ihren Entschluss. Sie ließ das Bett zerlegen und auf ein Fuhrwerk laden, wo es unter einer Schütte Stroh und allerlei Hausgerät wohl geborgen war. So brach sie mit doppeltem Pferdegespann und ihrem gesamten Gesinde auf nach London, das zur Hochzeit und Krönung des neuen Königs rüstete. Als kluge Frau, die sie war, wusste sie, dass sie den anrüchigen Schatz nicht ausgeben konnte, ohne sich in tödliche Gefahr zu begeben. Also war sie entschlossen, ihn dem neuen König, Henry Tudor, anzubieten, gegen ein Privileg ihrer speziellen Wahl, versteht sich. Und auch nicht, ohne dass sie ein oder zwei der schweren Beutel für die Verwirklichung ihrer Zukunftspläne abgezweigt hätte.
Henry Tudor war ein sparsamer Mann. Die Not seiner Jugend – immer auf der Flucht oder im französischen Exil – hatte ihn gelehrt, dass Gold eine zweifelhafte Ware war, die immer dann zu verschwinden drohte, wenn man sie am nötigsten brauchte. Das unverhoffte Anerbieten der Wirtin »Zum blauen Eber« kam ihm äußerst gelegen, war doch das Land ausgeblutet von den ewigen Kämpfen. Es würde die Krone viel Geld kosten, bis Land und Städte wieder saniert waren. Eine wahre Patriotin, mag er im Stillen gedacht und sich gefragt haben, was sie sich von ihm dafür erhoffte. »Gebt mir ein Privileg, Sire, für das größte und schönste Hurenhaus in ganz London, und ich will alle Tage für Euer Gnaden Glück beten!« Ein Angebot, das den König, der sonst eher ein ernsthafter Mann war, nicht wenig belustigt haben mag. Immerhin, der Tausch wurde vollzogen, und die Wirtin ging mit Entschlossenheit daran, unter des Königs Protektorat ihr Vorhaben zu verwirklichen. Sie sei, berichtet ein Chronist, danach viele Jahre die unumschränkte Gebieterin eines weitläufigen Anwesens in der Drury Lane gewesen. Es hieß, dass dort die besten Weine und die hübschesten Mädchen angeboten wurden, ja, dass selbst der König seinen älteren Sohn, den Prinzen Arthur, dort hingeschickt habe, damit er im Umgang mit dem weiblichen Geschlecht etwas Übung bekomme; denn der war ein schüchterner junger Mann und sollte demnächst mit einer spanischen Prinzessin vermählt werden. Bedauerlicherweise nützten ihm die Erfahrungen, die er im Haus der Wirtin »Zum blauen Eber« gesammelt hatte, nur wenig: Er starb, kurz nachdem er die Prinzessin Katarina geheiratet hatte. Sein Nachfolger im Brautbett, der spätere König Heinrich VIII., hatte wenig Gründe, Nachhilfe im Umgang mit Frauen zu suchen.
Wie dies oft bei brisanten Geschichten aus ferner Vergangenheit der Fall ist, existieren noch einige weitere Versionen davon. In einer heißt es, die Wirtin »Zum blauen Eber« habe von dem heimlichen Schatz in Richards Bett nichts gewusst,
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