Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Bett mit

Im Bett mit

Titel: Im Bett mit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Fuerstauer
Vom Netzwerk:
Kellerboden, mit geborstenem Schädel, einen Ausdruck ungläubigen Staunens in den erschlafften Zügen, inmitten eines Schwalls von rotem Burgunderwein. »Rasch, ins nächste Weinfass mit ihm«, rufen die Mörder. In ihren Wämsern klirrt das Gold, das sie für ihre ruchlose Tat belohnen soll. Ächzend schleppen sie den schweren Körper zu dem nächstgelegenen Fass; dessen Deckel ist abgenommen, die ruchlose Tat gut vorbereitet. Der Tote wird über den Rand gekippt. Doch der Geruch des verschütteten Weins verdichtet sich zu gefährlichen Dämpfen. »Nichts wie raus hier«, mahnt einer der Mörder. Gemeinsam stürmen sie auf die Kellertür zu, doch die ist verschlossen. Es gibt kein Entrinnen. Am Morgen darauf werden sie am Fuß des Fasses gefunden, in dem der Ermordete schwimmt. Es wird von einer Verschwörung gemunkelt, doch die Spuren verlaufen sich buchstäblich im verschütteten Wein …
    Der König, den Rücken gegen die hochgetürmten Kissen gelehnt, schließt die Augen, versucht die schrecklichen Bilder zu bannen, die ihn umkreisen. Nachts auf den ächzenden Treppen des White Tower: schleichende Schritte! Zwei Kinder in einem stillen Schlafgemach im Turm, zwölf und neun Jahre alt, Königskinder, vaterlos, und von ihm, Richard, zu Bastardkindern gemacht. Hat er nicht das Gerücht ausgestreut, die Königin sei schon längst in geheimer Ehe gebunden gewesen, ehe der damalige König von England sie geehelicht hatte? Nun war ihr Gatte tot, auf den Stufen, die zu seiner Kapelle führten, gestürzt und mit einer Kopfwunde aufgefunden; die alte Königin befand sich im Kirchenasyl, und er, Richard, hatte endlich die Krone, nach der er sich so lange gesehnt hatte. Aber um sie sicher zu haben, musste noch eines geschehen, die Kinder mussten verschwinden, für immer! Der König schließt die Augen, um die schrecklichen Bilder zu verdrängen, die ihn in dieser Nacht vor seiner letzten großen Schlacht umkreisen.
    Die Kinder sind müde, sie haben Ball gespielt auf dem Rasen des Tower, dort, wo die Blutgerüste aufgestellt werden, wenn es gilt, Verschwörer und Königsverräter hinzurichten. Das ist oft schon geschehen in letzter Zeit, und morgen wird es wieder so weit sein. Aber da geht’s ans Schlachten im Großen. Die Heerlager stehen einander gegenüber, morgen wird er, Richard, ins Feld reiten, mit blitzender Rüstung und dem Kronhelm auf dem Kopf. Und er wird siegen wie immer, wenn er zu Felde zieht. Wäre nur erst diese Nacht vorbei, die Nacht mit den schlimmen Bildern!
    War die Tür zum Schlafgemach der Kinder nur angelehnt? Knarrte die Treppe unter dem schweren Schritt der gedungenen Mörder? Eine einsame Kerze warf ein flackerndes Licht auf die unschuldigen Schläfer. Auf dem Tisch im Erker stand ein angefangenes Schachspiel. Der König war meilenweit weg, seine Städte im Norden zu besichtigen. Niemand sollte ihn in der Nähe wähnen, wenn die Untat geschah. Es war schnell getan – zwei Kissen wurden auf die Gesichter der schlafenden Prinzen gedrückt; der ältere bemerkte kaum, wie ihm geschah, doch der jüngere erwachte und begann, verzweifelt um sein Leben zu kämpfen. Ein Schlag mit dem Schwertknauf – und er lag tot, mit zerschmettertem Schädel. Der König hat die kleinen Leichen nie gesehen, aber jetzt erschienen sie ihm, zwischen Wachen und Traum. Ihre Körper liegen irgendwo in den Tiefen des Tower verscharrt, die Luft schwirrt von üblen Gerüchten. Entführung, raunen die einen, Mord, flüstern die anderen; und immer öfter wird ein Name genannt – der Richards, des neuen Königs!
    Aber da ist noch ein Kind, ein Knabe, sein eigener Sohn! Jetzt tritt er wie ein fahler Schatten in des Königs Bewusstsein, sein Sohn, der einzige, den er je hatte. Tot, hinweggerafft von einer tückischen Krankheit, die Strafe Gottes für den Prinzenmord, murmeln die Stimmen. Totwürgen möchte er sie, um sie zum Verstummen zu bringen. »Tot, – tot …«, raunt eine liebliche Stimme – die seiner Königin, der sanften Anne Neville. Ach, was hat er sich angestrengt, mit ihr noch einen Sohn zu zeugen, den Erben, dem es bestimmt war, den Fortbestand des Hauses York zu sichern. Nacht für Nacht war er zu ihr ins Bett gekommen – alles vergeblich. Aber ein neuer Sohn musste her, und das bedeutete, Platz zu schaffen für eine neue Gemahlin. Auch Anne musste geopfert werden. Er tat es behutsam, mit eigener Hand – Tag um Tag nur ein wenig von dem Gift, sie fühlte nur, wie sie schwächer und schwächer wurde, bis sie –

Weitere Kostenlose Bücher