Im Bett mit
angebliche Zughörigkeit zur Familie Grimani. Wieder blieb ihm nur die Flucht. Nach mehreren Zwischenstationen landete er, erschöpft und resignierend, auf Schloss Waldstein im verschlafenen Städtchen Dux, wo ihm der junge Graf Waldstein ein bequemes Asyl und die Stelle eines Bibliothekars bot. Dort beschäftigte er sich nicht nur mit der Abfassung seiner Memoiren, sondern führte auch eine reichhaltige Korrespondenz mit vielen Geistesgrößen seiner Zeit. Doch immer wieder drängten sich die Erinnerungen an seine zahlreichen Frauen in seine grau gewordene Gegenwart.
Der Alkoven, in dem sein seit Langem leer stehendes Bett untergebracht ist, wird von schweren Portieren umrahmt, auf dem Lehnstuhl, auf dem er während seiner langen Arbeitsstunden zu sitzen pflegte, liegt eine verblasste Seidenrose. Auf Schloss Waldstein geht die Geschichte um, dass ein Mann, der sich auf diesen Stuhl setzt, sein ganzes Leben lang Glück bei den Frauen haben werde.
Intermezzo VI
Von Sprungfedern und Lotterbetten
Die Wende zum 19. Jahrhundert brachte im Gefolge der Französischen Revolution und durch den Aufbruch in ein neues, industrialisiertes Zeitalter unzählige gesellschaftliche und wirtschaftliche Veränderungen mit sich. Von nun an bestimmte das arrivierte Bürgertum die gesellschaftlichen und kulturellen Leitlinien. Es übernahm aus dem weitgehenden Niedergang des Adels allerdings viel von dessen Lebensart. Nach der ersten großen Zerstörungswelle in Frankreich, der Schlösser, Klöster, unzählige Kunstwerke und kostbares Mobiliar zum Opfer fielen, raffte sich der besonnenere Teil der Bürgerschaft auf und rettete, was noch zu retten war.
Die zunehmende Verarmung der französischen Nobilität führte zu einer Schwemme an prunkvollem Inventar aller Art, soweit dieses nicht der vorangegangenen Plünderung zum Opfer gefallen war. Was davon übrig geblieben war, diente im Ausland dem Lebensunterhalt der ins Exil Geflohenen. Schmuck und Kunstwerke wechselten oft zu einem lächerlich geringen Preis den Besitzer, und so manches gute Möbelstück kam unter den Hammer, darunter auch etliche pompöse und wappengeschmückte Betten, in denen Fürsten und Grafen – von Königen und deren berühmten Mätressen gar nicht zu reden – geliebt und geschlafen hatten. Durch Antiquitätenhändler und Secondhand-Shops gelangten große Mengen an Luxusmöbeln auf den Markt und schmückten die Häuser ihrer neureichen Nachbesitzer.
Freilich änderte sich allmählich auch der Geschmack der Zeit. Viele der erlesenen Stücke wurden von Kunsttischlern daher umgearbeitet und dem antikisierenden Stil der nachrevolutionären Zeit angepasst. Seit in Frankreich unter der harten Hand Napoleon Bonapartes wieder Ruhe eingekehrt war, lebten die Handwerksbetriebe in Paris weitgehend von der Arbeit an veralteten und unmodern gewordenen Möbelstücken, um so deren Wert unbeschadet in eine neue Epoche zu retten. Die Betten der neuen großen Damen wie der Madame Récamier oder Napoleons späterer Gattin Joséphine de Beauharnais waren zwar noch immer aufwendig und zuweilen sogar protzig, doch dienten sie nur noch selten der persönlichen Repräsentation. Joséphine pflegte in einem Bett zu schlafen, zu dessen beiden Seiten riesige Schwäne aus wertvollem Murano-Glas Wache hielten, doch mit den prunkvollen Levers vergangener Zeiten war es vorbei. Eine Ausnahme war die Fürstin Borghese, eine der Schwestern Napoleons, die bei einer öffentlichen Redoute als schaumgeborene Venus in einem muschelförmigen Bett auftrat, das mit rosafarbenem Perlmutt belegt war. Auch der kleinwüchsige »Welteroberer« selbst liebte große, aufwendige Betten; er strebte auf allen Gebieten nach Größe, die eine böswillige Natur ihm versagt hatte. Über seinem Bett prangte stolz der Cäsarenadler, und vergoldete Lorbeerkränze schmückten seine Kaminaufsätze und sein Mobiliar. Im Allgemeinen aber wurde der Bettenaufwand bescheidener, seit das Schlafzimmer kein öffentlicher Empfangsraum mehr war.
Die preußische Königin Luise und ihr Gatte schliefen in einem recht bürgerlich anmutenden Schlafgemach, in dem sie ganz entschieden keine großen »Levers« abhielten, wie das im Ancien Régime der Fall gewesen war. Und als in England die junge Königin Viktoria an die Macht gelangte, war es mit dem königlichen Schaugepränge um das Bett des Herrschers endgültig vorbei. Das Viktorianische Zeitalter verlangte Zurückhaltung; es galt für die Dame als unschicklich, Bein und Bett vor
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