Im Bett mit
emotionslos-illusionistischer Bürokrat wie Robespierre an die Spitze der Bewegung setzte. Besessen von der Idee, dass erst alles Alte zertrümmert werden müsse, ehe man darangehen könne, eine neue, bessere Welt zu schaffen, fegte er mit seinen Anhängern – die bald genug seine Feinde wurden – durch ganz Frankreich. Da ihm ein »menschenfreundlicher« Arzt, Monsieur Guillotin, eine handliche Tötungsmaschine entworfen hatte, kannte der von Robespierre und seinesgleichen entfesselte Blutrausch bald keine Grenzen mehr. Nieder mit der Aristokratie, sie ist schuldig nach dem Geburtsrecht! Nieder mit dem Klerus, er ist schuldig an der Verdummung der Massen! Nieder mit dem Bündnis von Thron und Altar – es ist schuld an der Versklavung des Volkes! Setzt eine neue Gottheit, die der Vernunft, auf den vakanten Altar! Die ursprüngliche Devise der Revolution – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – erwies sich angesichts der gewaltigen Verheerungen als Chimäre. Wer betroffen war, konnte sein Heil nur in der Flucht finden, einer Flucht, die – womöglich mit Hab und Gut – häufig in London endete, von wo aus man noch am ehesten in die ferne Freiheit jenseits des Ozeans aufbrechen konnte, die man sich in der Neuen Welt erwartete. Längst hatte sich ja im fernen Kanada eine durchaus lebensfähige Provinz der Wagemutigen herausgebildet, und auch Neu England erwies sich als ein vielversprechender Hafen der Zuflucht für gestrandete Franzosen.
In London traf alles zusammen, was der Revolution und ihren Folgen entrinnen konnte. Die Emigranten fanden Unterstützung und Hilfe in der gehobenen englischen Gesellschaft, nicht zuletzt unter dem Aspekt der Furcht, dass sich die »Französische Krankheit« auch auf die englische Bevölkerung übertragen könnte. Viele der Flüchtlinge hatten es fertiggebracht, einen Teil ihrer beweglichen Habe nach England zu bringen, und fristeten nun vom Verkauf ihrer verbliebenen Besitztümer ihren Lebensunterhalt.
Die optimistischen unter ihnen glaubten, man müsse nur abwarten, dass die Stürme der Revolution wieder abebbten und die Rückkehr nach Frankreich möglich sein werde. Sie scharten sich um die gleichfalls emigrierten Mitglieder des Königshauses, vor allem um den Bruder des hingerichteten Ludwig XVI. Andere – realistischere Persönlichkeiten – glaubten zu wissen, dass Frankreich nie wieder das sein würde, was es einst gewesen war, und entschlossen sich, in der Neuen Welt eine angemessene Existenz aufzubauen. Darüber hinaus war man sich in England wie in vielen anderen kontinentaleuropäischen Staaten einig: Die Revolution musste mit allen Mitteln bekämpft werden!
… und zum Dritten
Inmitten dieses Londoner Hexenkessels von gestrandeten Existenzen bewegte sich auch Lorenzo da Ponte, einstiger Librettist am kaiserlichen Hof zu Wien, der – wohl gemeinsam mit Mozart – die Libretti zu drei der berühmtesten Opern geschaffen hatte. Er war – wie viele Italiener jener Zeit – eine abenteuerliche Persönlichkeit, die – aus zweifelhafter Herkunft nach oben strebend – dank ihrer vielseitigen Begabung Karriere machte, aber immer wieder Rückschläge hinnehmen musste, die hart an den Zusammenbruch seiner Existenz führten.
Als Sohn jüdischer Eltern geboren, wurde Emanuele Conegliano einst gemeinsam mit seiner Familie vom frommen Bischof Lorenzo da Ponte in Ceneda getauft und erhielt dessen Namen. Lernbegierig wie er war, landete der mittellose Knabe im Priesterseminar und wurde schließlich zum Abbate geweiht. Den Beruf des Geistlichen übte er, ähnlich wie der berühmte Komponist Antonio Vivaldi, nie wirklich aus, und bald verlor er seine ursprüngliche Berufung völlig aus den Augen. Seine Liebe galt der Oper, die damals in ganz Europa hoch in Mode war und alle Welt entzückte. Hinzu kam noch eine Vorliebe für das schöne Geschlecht. So verliebte er sich in Angela Tiepolo, eine verarmte Adelige aus großem Haus. Sie lebte mit ihrem Bruder in Venedig. Lorenzo folgte den beiden und wohnte auch in deren Haus; der Bruder war ein leidenschaftlicher Spieler und ständig in dunkle Geldgeschäfte verwickelt. Er verleitete auch Lorenzo zum Spiel in der Ridotta und verlangte von ihm, er solle ihn die Kunst des Goldmachens lehren, mit der jener im Scherz geprahlt hatte. Als Lorenzo sein Versagen zugeben musste, warf ihn sein zorniger Gastgeber, sehr zu Angelas Verdruss, kurzerhand aus dem Haus und ließ sogar sein Bett pfänden, in dem jener mit Angela gesündigt hatte.
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