Im Bett mit
Bar aller Habe, musste der so ausgeplünderte Abbate Zuflucht bei seinem bessergestellten Bruder suchen, ehe es ihm gelang, in Treviso einen Lehrstuhl für italienische Literatur zu ergattern.
Angela wollte nicht auf ihn verzichten und verfolgte ihn mit ungezügelter Eifersucht, sie ging mit Dolch und Tintenfass auf ihn los, während er ernsthaft daran dachte, das Eheangebot einer jungen Venezianerin anzunehmen, die von ihrer Stiefmutter gezwungen werden sollte, »ein altes Scheusal« zu ehelichen. Auch Venedigs »Bettlerkönig« wollte ihn in das Ehebett seiner Tochter locken und versprach ihm eine reiche Mitgift, wie Lorenzo in seinen stark romantisierenden Memoiren behauptet. In beiden Fällen erinnerte sich da Ponte rechtzeitig seines Priesterstandes, der ihm eine legitime Ehe versagte.
Sein Stern schien unterdessen zunächst aufzugehen. Er machte sich als Dichter und sogenannter »Improvvisatore« – Verfasser von Gelegenheitsdichtungen, die er mit großem Elan selbst vortrug – einen Namen, verkehrte bald in den angesehensten venezianischen Literaturzirkeln und war in den Häusern der örtlichen nobiltà wohlgelitten, bis er sich durch sein auftrumpfendes Wesen und seine rasch wechselnden Liebesaffären genügend Feinde gemacht hatte, um vor das Inquisitionsgericht geladen zu werden. Einmal schon war er dem mit relativ heiler Haut entronnen, ein zweites Mal wollte er das Risiko nicht mehr eingehen und flüchtete nach Görz, die nächstgelegene österreichische Stadt. Er landete im Bett einer ebenso schönen wie gutherzigen Wirtin, die den völlig abgebrannten und halb verhungerten Literaten liebevoll aufnahm und versorgte.
Wieder waren es dubiose Umstände, die ihn dazu brachten, diese willkommene Zufluchtsstätte zu verlassen, noch ehe er dort wirklich Wurzeln hatte schlagen können. Eine von seinen Gegnern lancierte fingierte Einladung seines Dichterfreundes Caterino Mazzolà lockte ihn ins ferne Dresden, wo jener als Hoflibrettist tätig war. Die Residenzstadt der Sächsischen Kurfürsten war in den Tagen so bedeutender Komponisten wie Hasse, Graun und Zelenka zu einer wahren Hochburg der italienischen Oper geworden. Mazzolà nahm seinen nach einer passenden Anstellung strebenden Berufskollegen freundlich auf, doch reichte seine Fürsprache nicht aus, um ihm eine angemessene Stellung zu verschaffen. So erging es da Ponte wie dem jungen Mozart in München: Es gab keine Vakanz für ihn! Schließlich zerkrachte er sich auch mit Mazzolà und reiste gekränkt ins kaiserliche Wien ab. Zu spät entdeckte er, dass ihm der großzügige Ex-Freund nicht nur einen Beutel mit Dukaten, sondern auch ein Empfehlungsschreiben an den kaiserlichen Hofkomponisten Antonio Salieri zugesteckt hatte.
Wien war nach dem Tod Maria Theresias in einem kulturellen Umbruch begriffen. Als ihr Sohn Joseph II. zum Alleinregenten aufstieg, setzte er viele seiner Reformideen durch. Das galt auch für das kaiserliche Burgtheater, das er für die breite Öffentlichkeit zugänglich machte. Er, der für die feierliche opera seria nicht viel übrig hatte, förderte die italienische »buffa«, aber auch das deutschsprachige Singspiel. Es gab also viel zu tun für die Oper. Mit Salieris Hilfe konnte sich da Ponte schließlich doch als Hofopern-Librettist etablieren; in der Zusammenarbeit mit Mozart gelangte er auf den Höhepunkt seines Könnens.
Soweit es seine Beziehungen zum schönen Geschlecht anging, wohnten zwei Seelen in seiner Brust. Einerseits zog es ihn zu bequemen häuslichen Verhältnissen. Oft lebte er für eine Weile mit Frauen aus dem Volk zusammen, wie in Wien mit einer öffentlich kaum in Erscheinung tretenden »Annette«, mit der er Bett und Tisch teilte und die ihm sogar einen Sohn, Felipe, gebar, der allerdings zu einer recht obskuren Existenz mutierte. Andererseits prahlte er mit seinen Verhältnissen zu gefeierten Sängerinnen, die ihn – auf der Höhe seines Ruhms als einflussreicher Librettist – umschmeichelten und oft genug intime Einladungen als Tauschobjekt gegen Charakterrollen boten. Während seines Wiener Aufenthalts landete er des Öfteren im Bett einer anspruchsvollen Primadonna, blieb daneben aber auch seiner anonymen Annette ein dauerhafter Partner. Sie mag ihm so etwas wie eine intime Haushälterin gewesen sein.
Lorenzo gehörte zu den Männern, die niemals durch Schaden klug werden, und so war eine seiner berühmtesten Liebschaften, Adriana del Bene, die man ihrer Herkunft wegen La Ferrarese nannte, ein
Weitere Kostenlose Bücher