Im Bett mit
arm war, einen tüchtigen Anwalt mit dem Fall zu betrauen. Wie so oft in seinem Leben, war ihm eine Hoffnung genommen worden. Doch immerhin gab es neue Lichtblicke. Eine italienische Operntruppe unter der Leitung des spanischen Tenors Manuele Garcia war nach New York gekommen, um dort eine Opernsaison zu eröffnen – die erste, seit Lorenzo amerikanischen Boden betreten hatte. Der alte Mann lebte auf bei der Vorstellung, dass damit endlich seine große Chance gekommen sei, sein Lieblingskind, die italienische Oper, auch in New York heimisch zu machen. Eine der Töchter Manuel Garcias wurde unter ihrem ehelichen Namen, Maria Malibran, eine der berühmtesten Sängerinnen ihrer Zeit – aber in Europa. Heute wird sie durch die nicht minder berühmte römische Mezzosopranistin Cecilia Bartoli verkörpert, die gerne in ihre Rolle schlüpft.
In New York wurde die italienische Oper mit gemischten Gefühlen aufgenommen, wie Garcia und Lorenzo bald erfahren mussten. Anfangs strömte allerdings alle Welt in das neu errichtete Park Theatre, wo die Veranstaltungen stattfanden. Lorenzo hatte das große Glück, Mozarts – und seinen –
Don Giovanni
einem entzückten amerikanischen Publikum zu präsentieren und sich als Librettist des gefeierten Werkes vorzustellen. Doch der ersehnte Erfolg hielt nicht lange. Gewiss, die Oper gefiel – doch alles in allem hatten die Amerikaner leichte englische Theaterstücke mit Gesang- und Tanzeinlagen lieber.
Um Lorenzo da Ponte wurde es nach der Abreise der »Italiener« merklich stiller. Seine Frau war unterdessen gestorben, der bitterste Schicksalsschlag, der ihn treffen konnte. Auch der Verlust zweier Kinder, die an der Krankheit jener Zeit, der Lungenschwindsucht, starben, war für den einsam gewordenen alten Mann schwer zu überwinden. Sein großartiges und ehrgeiziges Projekt der Verpflanzung der italienischen Oper in die Neue Welt war gescheitert, seine Geldgeber und treuen Freunde auf ein kleines Häufchen zusammengeschmolzen. Der letzte Band seiner Memoiren, der über die spätesten seiner Jahre in Amerika Aufschluss geben könnte, blieb verschollen. Bitter fasste er in einem Resümee seines Lebens zusammen: »Ich habe von Rosen und Lorbeer geträumt – aber von den Rosen empfing ich nur die Dornen und vom Lorbeer die Bitterkeit.«
Lorenzo da Ponte starb am 17. August 1838 im Kreis der wenigen Freunde, die ihm noch verblieben waren. Sein Sterbebett wie sein Grab wurden vom Staub der Geschichte verschüttet; New York wurde über sein Grab hinweg weiter gebaut. Seine Gebeine teilen das Schicksal jener Mozarts: Niemand weiß, wo sie geblieben sind.
Intermezzo VII
Bettpatent und Schrankbetten – Früchte der Industrialisierung
Die Veränderungen, die durch die zahlreichen Erfindungen des 19. Jahrhunderts bewirkt wurden, machten auch vor dem Bett nicht halt. Zunächst einmal begegnen wir ihm nicht mehr als Einzelexemplar, das von geschickten Handwerkerhänden hergestellt worden war, wobei individuelle Einfälle und Formgebung eine wichtige Rolle gespielt hatten. Vielmehr wurde es nun, im Zeitalter der Industrialisierung, als Fabrikware erzeugt. Wohl gab es unterschiedliche Pläne mit Modellen ganzer Schlafzimmer, doch die wurden nun von Schichtarbeitern maschinell und in Serie erzeugt. In den rasch entstandenen Werkhallen wurde gehobelt und geschliffen, genagelt und geleimt, was das Zeug hielt. Einzelne Arbeitsgruppen wurden für die verschiedenen Handgriffe eingeteilt, wobei jede Gruppe nur mehr einen Arbeitsvorgang zu bewältigen hatte. Vorbei war es mit dem Handwerksstolz, der sich des Wertes seiner Arbeit bewusst war. In der neuen Arbeitswelt Fabrik galt der Mensch bestenfalls als Schraube im Gefüge des Ganzen, und da es unendlich vieler dieser »Arbeitsschrauben« gab, konnten sie jederzeit durch andere ersetzt werden, wenn sie den Ansprüchen, die an sie gestellt wurden, nicht entsprachen oder noch billiger zu haben waren. Wir kennen das heute wieder infolge der häufigen Verlegung von Arbeitsplätzen in die sogenannten Billiglohnländer. Mit einem Wort, im Verlauf des 19. Jahrhunderts war das sogenannte Industrieproletariat entstanden, und Hunderttausende von Großstadtbewohnern versanken im Elend ihrer hoffnungslosen Existenz. Die oft im Akkordlohn hergestellten Möbel landeten wenig später in den Auslagen mehr oder weniger exklusiver Möbelhändler. Herstellung und Verkauf, die sich jahrhundertelang in einer Hand befunden hatten, gingen von nun an getrennte
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