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Im Bett mit

Im Bett mit

Titel: Im Bett mit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Fuerstauer
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noch besten Jahren gerne gesehen, wobei sich eine mehr oder weniger strenge Hausordnung zuweilen als Chimäre erwies.
    Mancherorts galten die bieder nebeneinander platzierten ehelichen Doppelbetten als überholt. In den zwanziger und dreißiger Jahren schworen fortschrittliche Paare – sofern die Wohnungsgröße es zuließ – auf das Einzelbett, scherzhaft »Liegewiese« genannt, in getrennten Schlafzimmern, weil man die Illusion eines dauernden Liebespaares aufrechterhalten wollte. Doch viele Paare machten die Erfahrung, dass sich damit auch eine allmähliche Entfremdung einstellte. Man kann nicht ein Jahrzehnt lang Liebespaar spielen, das sich, von Leidenschaft getrieben, nächtlicherweise besucht. Getrennte Schlafzimmer mögen für eine Weile der Erotik förderlich sein, gemeinsame Betten hingegen stärken entschieden die eheliche Vertrautheit. In Amerika, das schon früh ein Dorado für Ehescheidungen war, wurde sogar behauptet, dass getrennt zu schlafen die Zahl der anstehenden Ehescheidungen anschwellen ließe. Manche Frauenvereine machten infolgedessen gezielte Propaganda für das gemeinsame Ehebett.
    Mit neuen Schlafgewohnheiten kamen auch neue Formen der Bettbekleidung in Mode. Damen begaben sich jetzt gerne in kurzen kecken Schlafhemdchen zu Bett oder machten ihren Partnern den Pyjama streitig – übrigens ein englisches Mitbringsel aus indischen Kolonialzeiten. Dort wurde er vor allem von den Sikhs getragen. Tucholsky meinte, schliefen Mann und Frau getrennt, bevorzugten beide den Pyjama. Beim Paarschlaf trüge die Dame allerdings lieber reizvolle Nachthemden, die viel Bein zeigten. Überhaupt, die Beine! Diese waren nach Jahrzehnten der Zurückhaltung nun zum beliebtesten weiblichen Blickfang geworden. Auf dem »Lotterbett« hingeräkelt die in Seiden- oder Netzstrümpfe reizvoll verpackten Beine zu präsentieren, war in den Roaring Twenties das Nonplusultra weiblicher Erotik. Es war zu dieser Zeit auch schick geworden, elegant verpackte Strümpfe als passendes Herrengeschenk für die Dame zu betrachten.
    Während in Studenten- und Künstlerbuden gerne die Nacht zum Tag gemacht wurde, lebte man in fleißigen Bürgerkreisen eher nach der Devise: Nur der frühe Vogel fängt den Wurm. »Early to bed and early to rise makes a man healthy, wealthy and wise«, lautet eine moralisierende Sentenz bei den Engländern. Nun, einer ihrer Großen, Winston Churchill, strafte sie Lügen. Er arbeitete bis spät in die Nacht, stand unangemessen spät auf und gönnte sich nach dem Mittagessen noch einmal eine Stunde Schlaf. Auch Albert Einstein gehörte zu der oft als »Faulpelze« verurteilten Gruppe der Langschläfer. Er liebte den Aufenthalt in seinem Bett und behauptete, er brauche im Normalfall zehn Stunden Schlaf, aber wenn er mit etwas besonders Wichtigem beschäftigt sei, müssten es unbedingt elf Stunden sein. Ähnliches galt auch für viele Künstler, von denen so manche gar nicht aufstehen wollten, wenn sie ihre Kompositionen oder Texte verfassten. Für sie war das Bett Inspirationsquelle und Rückzugsgebiet in einem.
    Für die meisten unglücklichen Arbeitstiere des industriellen Zeitalters aber war das Bett der notwendige Erholungsort nach einem anstrengenden Arbeitstag. Bei täglich bis zu vierzehn Arbeitsstunden blieb für private Interessen wenig Raum. Der Schlaf diente lediglich dazu, die Individuen halbwegs arbeitsfähig zu erhalten. Man hatte zu funktionieren wie eine Maschine, und dementsprechend wurde den Menschen vermittelt, dass sie lebten, um zu arbeiten, und nicht, dass Arbeit eigentlich dazu dienen sollte, um ein mit sich und der Welt zufriedenes Leben führen zu können.

Colette – ein Bett für jede Lebenszeit
    Sie war eine Göre, und das Bett erwies sich in mancherlei Hinsicht als ihr Schicksal. Ihre Kindheit verbrachte sie in einem burgundischen Dorf, Saint-Sauveur-en-Puisaye. Ihre Mutter hatte nach dem Desaster einer Ehe mit einem notorischen Trunkenbold zwar dessen Besitz, aber auch seine Schulden geerbt. Mit ihm hatte sie schon zwei Kinder, als sie den Steuereinnehmer und pensionierten Hauptmann der »glorreichen« französischen Armee, Jules Colette, ehelichte, der als Vater der kleinen Sidonie-Gabrielle in den Büchern der großen Colette eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Er trug sich sein Leben lang mit der Idee, ein Buch über seine militärische Laufbahn zu schreiben, doch daraus wurde nie etwas. Gabrielles Kindheit war geprägt von ihrer Liebe zu den Tieren und einem

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