Im Bett mit
Schenck von der 20th Century Fox oder Harry Cohn, der Leiter der Columbia Studios, und einige von ihnen waren zweifellos nicht nur von ihrer Ausstrahlung beeindruckt oder genossen es, sich mit ihr zu schmücken, sondern waren aufrichtig in sie verliebt. Und die Frau mit nunmehr erblondeter Lockenmähne und dem neuen, bühnenwirksamen Namen – Marilyn Monroe eben, mit dem sie binnen Kurzem zu MM wurde – liebte es, geliebt zu werden, und war ihrerseits immer bereit, Liebe zu schenken. Sie war kein männerfressender Vamp wie manche ihrer berühmten Kolleginnen, sondern ein warmherziges weibliches Wesen, das um die Schwächen der Männer wusste und sich ihrer wohl zu bedienen verstand, aber neben dieser Schwäche auch Mitleid mit ihnen empfand. Denn: Fühlten sie sich ihrem unwiderstehlichen Sex-Appeal nicht ebenso hilflos ausgeliefert wie sie sich den Ängsten ihres Lebens?
Endlich – nach etlichen unbedeutenden Nebenrollen, für die sie im Vorspann an 13. oder 14. Stelle genannt wird, öffnen sich ihr Hollywoods Pforten für eine echte, wenn auch recht eingleisige Karriere:
All about Eve, How to Marry a Millionaire, Gentlemen Prefer Blondes, Niagara
und die sentimentale Western-Story
River of No Return
, später auch die Musikkomödie
Some Like it Hot
– das Publikum ist entzückt von ihrer komödiantischen Leichtigkeit und jubelt ihr zu, ohne zu wissen, mit wie viel Ängsten und Qualen diese erkauft wurde. Kein Zweifel, Marilyn ist ein Star – sogar der Lieblingsstar eines Millionenpublikums, allerdings ganz und gar nicht der der Studiobosse. Die haben sie auf den Typus der verführerischen und komisch unbedarft wirkenden Blondine festgelegt, haben ihr die Rolle der Lorelei Lee aus der spritzigen Novelle von Anita Leos auf den Leib geschrieben. Das – so behaupten sie – sei ihr Erfolgsrezept, das sie deshalb auch beibehalten soll. Dabei möchte sie doch so gerne eine ernsthafte Schauspielerin sein und mit großen Charakterrollen brillieren.
Je berühmter sie wird, desto ängstlicher ist sie bestrebt, ihr Bestes zu geben. Sie hat so heftig um Anerkennung gekämpft, jetzt befürchtet sie vor jeder neuen Aufgabe, sie nicht bewältigen zu können. »Ich habe Angst, genommen zu werden, und Angst, nicht genommen zu werden«, bekennt sie. Und es ist wie in ihren Kindheitstagen. Die Ängste, die sie verfolgen, rauben ihr Nacht für Nacht den Schlaf. Gerade der aber ist in ihrem Beruf unverzichtbar. Sie muss, wenn sie ans Set kommt, ausgeruht und strahlend aussehen, eben die Marilyn Monroe mit schwingendem Röckchen und dieser gewissen Leichtigkeit der Bewegung sein, die sie so unwiderstehlich macht. Aber wie kann sie das, mit all ihren ängstlichen Gedanken, ihrer nächtlichen Unruhe im Kopf? Sie sucht – und das ist ein absolut verheerender Schritt – Hilfe bei zahlreichen Größen der psychiatrischen Zunft, die an dieser verängstigten Seele herumpfuschen, wie sie es eben gelernt haben und wie es für ihre eigene Bedeutung am besten ist. Marilyn wird von ihnen abhängig und bemerkt nicht, wie sehr ihr dies zum Verhängnis wird. Die Zeit ihrer großen Krisen ist jene Epoche, in der Sigmund Freuds Methode der Psychoanalyse in Amerika einen Höhepunkt der Verbreitung gefunden hat. Die Ärzte, die sie behandeln, sind mit Freuds Tochter Anna in Kontakt, und für sie scheint es ganz offensichtlich, dass ihre Patientin der klassische Fall für Freuds Analyse ist. Der von Ängsten aller Art gepeinigte Star sieht das anders: »Es geht mir nicht darum, wo ich hergekommen bin. Das weiß ich. Aber ich muss wissen, wie es mit mir weitergehen soll!« Nicht die Aufarbeitung ihrer eigenen Vergangenheit ist ihr Problem, sondern vielmehr, diese zu vergessen: »Ich möchte nichts anderes als das ganze Unglück und Leid meiner Jugend zu vergessen. – Ich kann es nicht vergessen, aber ich möchte es gerne. Wenn ich Marilyn Monroe bin und nicht an Norma Jeane denke, funktioniert es manchmal …«, gesteht sie.
Um zu vergessen, greift sie immer öfter zu den in Hollywoods anstrengender Glitzerwelt weit verbreiteten Psychopharmaka. Damals wie heute gab es für jedes Psycho-Übel eine Pille: Pillen gegen Stress, Pillen gegen die Angst, Pillen als Gemütsaufheller, und vor allem Pillen für einen ungestörten Schlaf. Marilyn hatte schon als Kind an Schlafstörungen gelitten, und diese wurden gerade in der Zeit ihrer großen Erfolge für sie wieder mehr und mehr zum Albtraum, gegen den sie mit allen Mitteln anzukämpfen
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