Im blauen Licht der Nacht: Roman (German Edition)
sich. Meine Augen sind offen und ich wünsche mir Licht, um ihn anzusehen. Doch Daves Gesicht schiebt sich dazwischen, seine grauen Augen, sein breiter Mund. Sosehr ich mich auch bemühe, sein Bild zu vertreiben, er beobachtet mich, sieht alles.
Graham dringt so langsam in mich ein, als hätte er Angst, mich zu zerbrechen, er streichelt meinen Körper mit stummer Hingabe. Ich umklammere seine Taille mit meinen Beinen, spüre, wie ich mich öffne, als er in mich gleitet. Er hält meine Brüste in seinen Händen, liebkost meine Brustwarzen mit der Zunge, seine Hände bewe gen sich an meinen Seiten hinab. Geschickt dreht er mich herum, so dass mein Rücken auf dem kühlen harten Boden liegt. Er hebt mein Becken an, dringt tiefer in mich ein, stöhnt und erschauert. Ich hatte erwartet, dass es dieses Mal anders sein würde, eine völlig neue Erfahrung, ein nie da gewesenes Gefühl, doch mit Graham ist es genau wie mit Dave: Schmerz und Lust, sein Begehren, das wie ein Messer in meine Mitte vordringt, der physische Akt, unauflöslich mit einem größeren Ganzen verwoben, das im Gehirn beginnt und ins Herz hinabgleitet. Ich versuche, keinen Muckser von mir zu geben, vergebens. Die Laute, die mir entschlüpfen, werden in dem hallenden Raum um ein Vielfaches verstärkt.
Wir liegen still. Sein Gewicht drückt mich zu Boden, so dass es mir den Atem abschnürt. Wie kommt es nur, dass die Liebe mit einem Mann immer auf diese Weise zu enden scheint: sublimes Ersticken, die Lungen zusammengepresst und entleert, das Gefühl, an Substanz eingebüßt zu haben?
Kurz darauf lösen wir uns voneinander. »Ist dir kalt?«, fragt Graham.
»Ein wenig.« Er deckt mich mit seiner Jacke zu. Eine Jacke aus abgetragenem braunen Leder, mit einem Innenfutter aus Satin. Ich stelle mir vor, wie es wäre, in dieser Jacke zu leben, wie in einem geschlossenen Raum, und Graham mit der schieren Kraft meines Begehrens am Leben zu erhalten.
»Wie lange ist es her?«, fragt er.
»Ungefähr acht Monate. Und bei dir?«
»Zwei Jahre, über den Daumen gepeilt.«
»Dann war es höchste Zeit.«
Er lacht. »Längst überfällig.«
Wir nicken ein, verfallen in einen unruhigen Schlaf. Ich wache auf, mit hochgezogenem Kleid, Graham drückt meine Schenkel auseinander. Seine Zunge gleitet über mich, dringt in mich ein, seine Hände wiegen meine Hüften. Die kühle Nässe seiner Zunge, die dunkle Weite des Raumes, der schwache, feuchte Geruch des Flusses. »Ich möchte, dass du kommst«, flüstert er. Er küsst die Innenseite meiner Schenkel, sein Finger gleitet in mich hinein, krümmt sich nach oben, drückt gegen diese weiß glühende Mitte. Ich hebe ihm die Hüften entgegen, verstärke den Druck an der Stelle, wo sich sein Finger befindet. Ich explodiere, stoße einen Schrei aus, spüre, wie die Glut verströmt.
Er legt sich neben mich, mein Kopf ruht auf seiner Brust. Nach einer Weile frage ich: »Wie werde ich wissen, wann es passiert?«
»Wann was passiert?«
Ich antworte nicht, weil ich weiß, dass er verstanden hat. Ich stelle ihn mir in irgendeinem staubigen Motel in Australien vor, eine bezahlte Pflegerin an seiner Seite, eine, die schlau genug war, sich unter einem erfundenen Namen im Register einzutragen. Eine Glasflasche mit Medizin. Eine Spritze. Der hastige Aufbruch der Pflegerin mitten in der Nacht, zur Hintertür raus und ab ins wartende Taxi. Eine Schülerin von Jack Kevorkian, fest überzeugt von der Richtigkeit ihrer Sterbehilfe-Mission. Ich stelle sie mir blond und schlank vor, hübsch, jung, mit verhangenem Blick, als sie die Nadel setzt. Graham blickt sie an, verwechselt sie in seinen letzten Augenblicken, in denen er nicht mehr klar bei Verstand ist, mit einem Engel oder dem Teufel, je nachdem.
Ein langes Schweigen tritt ein. Ich höre das Schiff atmen, die Tiefe des Flusses breitet sich wie ein riesiger Sarg unter uns aus. Schließlich räuspert er sich, rückt mit seinem Kopf näher heran, so dass ich seinen Atem auf meinem Gesicht spüre. »Du wirst es wissen«, sagt er.
Als der Morgen dämmert und wir am Pult vorbeigehen, finden wir Bill Clinton schnarchend vor, den Kopf auf die Arme gebettet, ein voller Aschenbecher neben seinem Ellenbogen. Es sieht aus, als sei Schlafen für ihn ein Kinderspiel. Mehrere leere Flaschen Baiji Bier liegen verstreut auf dem Pult. Der Raum riecht nach Moder, abgestandenem Rauch und etwas anderem, vertraut und beunruhigend. Als ich alleine durch den Salon zu meiner Kabine gehe, die ich mit Dave
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