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Im Blutkreis - Roman

Im Blutkreis - Roman

Titel: Im Blutkreis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limes
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die grünen Augen, die üppig herabfallenden, aschgrauen Locken. Sie ist allein auf dem hellen Marmor. Nathan erhebt sich und läuft auf die Fahrbahn, der Wind gleitet über seine Haut. Er geht durch die Tür, betritt die Halle. Alles verlangsamt sich. Weiße Gesichter, besorgte Wachsmasken entziehen sich seinem Blick. Die Welt um ihn herum wird immer verschwommener. Sie steht an der Rezeption, in ein helles Cape gehüllt. Der Raum dreht sich. Er stolpert, fängt sich wieder. Zwei Männer kommen auf ihn zu, aber sie bleiben stehen, ohne ein Wort zu sagen, als hätten sie bemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt, dass da nicht einfach nur ein Wrack in die Hotelhalle eindringt. Brennender Schmerz quält ihn, glühenden Kohlen gleich; es gibt kaum eine Stelle seines Körpers, die nicht schmerzt, und seine eiskalten Hände verkrampfen sich auf seinen Unterarmen. Er spürt den Boden unter seinen Schritten, die leicht wie der Tod sind, nicht mehr. Dann dreht sie sich um, sieht ihn, und alles erstarrt.
    Da sind nur noch die Jadeaugen, die in seiner Finsternis tanzen … Ein Arm schiebt sich um seine Taille …
    Danach erinnert er sich an nichts mehr.

    23
    Als er wieder zu sich kam, lag Nathan zusammengekauert auf einem roten Sofa, den Körper in einen Bademantel gehüllt. Gedämpfte Geräusche, bernsteinfarbenes Licht, weiße, reglose Blumen … Er hatte das Gefühl zu träumen. Die Magnetkarte auf dem niedrigen Tisch trug die Nummer 915. Die Nummer von Rhodas Zimmer.
    Bis jetzt hatte er in der Leere geschwebt, sich von den Luftströmungen tragen lassen. Während Rhoda mit ihrer leicht brüchigen Stimme, die seine Schmerzen gemildert hatte, zu ihm gesprochen hatte, hatte sie ihn langsam ausgezogen und gewaschen; dann hatte sie seinen von Blutergüssen bedeckten Körper untersucht, um sich zu vergewissern, dass er nichts gebrochen hatte. Und dann hatte sie ihm Fragen gestellt. Nathan hatte von seiner Amnesie erzählt, die durch einen Tauchunfall ausgelöst worden sei, aber mit keinem Wort den Angriff der Killer erwähnt. Rhoda hatte sich damit begnügt, stumm zuzuhören. Nathan hatte dieses Schweigen als von Respekt und Fragen erfüllt empfunden. Ein Detail jedoch machte ihn stutzig … Die junge Frau hatte ihn mehrmals »Alexandre« genannt. War das eine neue Facette im Spiel um seine Identität?
    Er sollte es schon bald erfahren.
     
    Rhoda erschien in der Badezimmertür.
    »Wie fühlst du dich?«
    »Besser.«
    Sie trug noch immer das weiße Cape, in dem sie ihm erschienen war. Sie zog ihre hellen Ledersandalen aus und kam auf ihn zu, wobei sie einen kleinen Kasten mit einem Kreuz darauf schwenkte.
    »Der Etagenkellner hat mir gerade gebracht, was ich brauche, um dich zu verarzten.«

    Sie öffnete den Erste-Hilfe-Kasten, tränkte eine sterile Kompresse mit einem Antiseptikum und begann, Nathans aufgeplatzten Augenbrauenbogen zu säubern.
    »Haben sie keine Fragen gestellt?«
    »Doch.«
    Rhoda zerriss die Hülle einer zweiten Kompresse.
    »Du bist mein Freund, und du bist auf dem Weg zu mir überfallen worden. Sie wissen, dass ich Ärztin bin, sie haben nicht weiter nachgefragt.«
    »Danke … Du bist Ärztin?«
    »Kinderpsychiaterin, ich arbeite für One Earth … Du weißt, die blauen Reisetaschen.«
    Nathan versuchte sich aufzurichten, aber der Schmerz lähmte ihn.
    »Warum bist du in Paris?«
    »Ein Kongress über humanitäre Psychiatrie.«
    Schweigen.
    »Du hast gestern am Flughafen gelogen, wir sind uns schon einmal begegnet, nicht wahr?«
    Sie nickte leicht.
    »Sag mir … wo.«
    »Geduld.«
    Als sie seine Verletzungen desinfiziert hatte, versorgte sie die Stellen, wo es ihn am schlimmsten erwischt hatte, mit selbstklebenden Nähten.
    »So, damit müsste es dir bald besser gehen.«
    Rhoda stand wortlos auf und brachte ihm einen kleinen Schminkspiegel. Abgesehen von den Verbänden zog sich ein prachtvolles Hämatom über sein Gesicht, von der linken Schläfe bis zum Kiefergelenk, aber die Verletzung an seiner Lippe war nur oberflächlich. Die Killer hatten ganze Arbeit geleistet … Die Bilder vom Kampf kehrten zurück. Das schwarze Gewölbe des Kellers, die leblosen Körper, seine tödlichen Gegenangriffe … Seine Nerven verkrampften sich bei der Erinnerung an
den Dolch. Er entzog seine Hand Rhodas Blick, steckte sie unauffällig in den Parka, der auf dem Sofa lag, und suchte mit seinen Fingern nach dem kalten Metall … die Waffe war verschwunden.
    »Wenn du nach deiner Waffe suchst, die habe ich mit deinen

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