Im Bus ganz hinten
los? Das glaub ich nicht.« Ich konnte kaum sprechen.
»Was ist denn passiert?« Bushido antwortete nicht.
Was genau an diesem Tag nach unserem Interview geschehen ist, habe ich bis heute nicht erfahren. Ich weiß nur, dass Maxim auf der Straße von einem Rentner erstochen worden ist. Mit einem Messer – genau ins Herz.
Ein paar Monate später saß ich mit Bushido, den Aggros und ganz vielen Leuten aus Berlin-Schöneberg bei der Gerichtsverhandlung zu dem Mord an Maxim. Der alte Mann, der unseren Kumpel erstochen hatte, saß selbstgefällig neben seinem Anwalt. Er hatte schneeweißes Haar, war braun gebrannt und trug viele Goldketten. Er war ein richtig vornehmer, dekadenter Herr. Als der Prozess begann, mussten alle den Raum verlassen. Natürlich wurde dieser Sack am Ende freigesprochen. Dabei konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Maxim ihm irgendetwas Böses getan hatte. Eines stand jedenfalls fest: Nachdem er weg war, ging das Chaos bei Aggro Berlin erst richtig los. Als er sich nicht mehr schützend vor den Laden stellte, hielten die unterschiedlichsten Leute die Hand auf. Allen voran die Gangster aus der Steinmetzstraße.
Die Trennung
Der Druck vonseiten der Araber wurde immer größer, und die Stimmung bei Aggro war dementsprechend beschissen. Bushido stritt sich ständig mit den Chefs, besonders mit Halil. Ich konnte den Zoff nicht so richtig nachvollziehen, denn eigentlich lief ja alles super: Bushidos erstes Album Vom Bordstein bis zur Skyline war gerade draußen, und nun wollte ich, dass er mich produzierte, damit auch ich endlich zum Zug kam. Ich war genervt davon, dass er sich ausgerechnet jetzt mit den Aggro-Leuten zoffte. Deshalb stellte ich ihn bei einem Anruf zur Rede. Er erklärte mir, dass er sich von Halil verarscht fühlte, und erzählte mir einige pikante Geschäftsdetails. Mir wurde klar, dass ein paar Sachen gelaufen waren, die Bushido den Chefs niemals würde verzeihen können. Außerdem war bei Aggro ganz klar Sido die Nummer eins.
Sie hatten sich immer schon mehr auf ihn konzentriert – er bekam die Maske und ein sauteures Video. Wahrscheinlich lag es daran, dass die Chefs das Gefühl hatten, Sido besser im Griff zu haben. Er war halt ein friedlicher Kiffer, nicht so ein Rabauke wie wir. Trotzdem war es ungerecht! Und deshalb konnte ich Bushidos Entscheidung, sich von Aggro Berlin zu trennen, am Ende auch verstehen.
Scheiße fand ich nur, dass er mir nicht gerade das Gefühl vermittelte, es wäre ihm wichtig, dass ich mit ihm ging. Es schien ihm ziemlich egal zu sein, was aus mir wurde. Er sagte: »Wenn du willst, komm mit. Aber ich werde dich nicht darum bitten.« Und dann ergänzte er: »Aber eines ist klar, wenn du bei Aggro bleibst, werde ich nicht mehr mit dir arbeiten!« Ich hatte keine Lust, mich von ihm unter Druck setzen zu lassen, und sagte deshalb: »Weißt du was: Geh du deinen Weg. Und ich geh meinen.« Und damit war es vorbei. Wir hörten anschließend eine ganze Weile nichts mehr voneinander.
Sind wir nicht alle ein bisschen Shizoe?
Zum Glück gab es da noch einen anderen Menschen, dem ich wirklich vertrauen konnte. Er hieß Stefan Dippl, hatte blonde kurze Haare und blaue Augen. Ich kannte ihn schon sehr lange, weil er mit Nikola Hoffmann verheiratet war und deshalb wie ich die Familie gut kannte. Sein Vater war ebenfalls Pastor, womit er natürlich gut zu den Hoffmanns passte. Stefan war ziemlich gläubig, und das fand ich super. Die meisten Leute, mit denen ich zu tun hatte, hielten ja nicht so viel von Gott. Mit Stefan dagegen konnte ich gut über Religion sprechen – wie früher schon mit Nikolas Bruder. Er nahm mich öfter mit in die Gemeinde am Südstern und beantwortete mir all meine Fragen zu dem Thema. Ich fand, dass er ein richtig korrekter Typ war. Selbst für meine ständigen Psychoprobleme hatte er ein offenes Ohr. Während meine eigene Familie nichts davon wissen wollte, versuchte er ganz ernsthaft, mir zu helfen.
Und ich brauchte auch dringend jemanden, der jetzt für mich da war, weil ich wieder öfter meine Panikattacken bekam. Ich hatte Angst, allein in meiner Wohnung einzuschlafen.
»Kann ich heute bei dir pennen?«, fragte ich deshalb eines Abends.
»Kein Problem«, antwortete Stefan sofort. Für ihn war das gar keine Frage! Dabei ging’s auch ihm zu der Zeit nicht besonders gut: Wie ich hatte er nicht besonders viel Kohle, und zudem hatte er sich gerade von seiner Frau Nikola getrennt. Er lebte jetzt allein in einer
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