Im Club der geheimen Wünsche
andere zu beschimpfen, unhöflich zu sein oder Menschen wehzutun, die versuchen, dir zu helfen."
Mary blinzelte erstaunt. „Sie wissen nichts darüber, was mir widerfahren ist."
„Dann würde ich mich freuen, wenn du es mir erzählst", erwiderte Jane schlicht.
Doch Mary warf sich mit dramatischer Geste in einen Ohrensessel, zog die Beine hoch und umschlang ihre Knie mit den Armen.
Jane wusste, dass es nicht helfen würde, die Stimme zu erheben, also wandte sie sich an die Blondine. „Ich weiß, dass du Philly heißt. Wie lautet dein vollständiger Name?"
„Ph...Philomena Melford", stotterte das Mädchen.
„Und du?", wandte sie sich an den Rotschopf.
Das Mädchen knickste. „Mein Name ist Arabella, aber alle nennen mich Bella."
Die stämmige junge Frau, die draußen vor dem Arbeitszimmer die Anführerin gewesen war, machte ebenfalls einen Knicks. „Ich bin Lucinda."
„Mein Nachname ist Thomas", erklärte Bella. „Aber das spielt eigentlich keine Rolle, nicht wahr?"
„Ihr seid Teil eurer Familien, ganz gleich, ob ihr dumme Verwandte habt oder nicht." Doch Jane konnte sehen, dass die Mädchen nicht sonderlich überzeugt wirkten. Obwohl sie zu viert waren, sahen sie alle einsam aus.
Eine von ihnen zupfte träge an den Saiten der Harfe, und Bella schaute hinüber zum Klavier. „Ich spiele, und ich spiele sehr gut."
Es gefiel Jane, wie selbstbewusst das Mädchen dreinschaute.
„Du spielst überhaupt nicht gut", murrte Mary. „Und bitte sing nicht!"
„Du darfst spielen, Bella." Jane legte die Hände auf die Schultern des Mädchens und führte sie zum Klavierhocker.
„Möchtest du die Nächste sein, Philomena?"
Das Mädchen wirkte ängstlich, und Mary lachte. „Es hat keinen Sinn, uns beizubringen, wie Damen zu spielen, denn wir sind keine Damen und werden niemals respektiert und in die Gesellschaft aufgenommen werden."
„Aber natürlich werdet ihr das!" Doch Jane bemerkte sofort, dass ihr entschiedener Ton Mary nur noch wütender machte.
„Ich dachte, Sie wissen, was wir sind", fauchte sie mit blitzenden Augen.
„Ich weiß, was euch widerfahren ist. Das sagt nichts darüber aus, wer ihr wirklich seid."
„Aber Mary hat recht", meldete sich Lucinda mit ernster Stimme zu Wort. „Wir kennen die Konsequenzen der Sünden, die wir begangen haben."
„Aber ihr habt keine Sünden begangen. Ihr seid Opfer."
Mary stieß einen spöttischen Laut aus. „Ich wurde mit vielen Frauen in einem Serail eingesperrt. Um zu überleben, musste ich lernen, vom Sultan als kostbarer Besitz geschätzt zu werden. Es gab nur diese eine Möglichkeit, oder man wurde gefesselt, in einen Sack gesteckt und in den Fluss geworfen. Kein ehrbarer englischer Mann würde mich jemals heiraten."
„Es gibt für eine Frau noch andere Möglichkeiten im Leben als die Ehe", erklärte Jane entschieden.
„Ja." Kokett legte Mary ihren Kopf schief und hätte auf diese Weise sicher jeden Mann um den Verstand gebracht.
„Ich habe vor, die Mätresse eines Herzogs zu werden."
„Du hattest vor, einen Diener zu heiraten", erinnerte Bella sie.
Mary reckte ihre Nase in die Luft. „Ich wusste, dass Lord Wickham das niemals zulassen würde. Und genau, wie ich es erwartet hatte, verfolgte er mich."
„Er hat verhindert, dass du eine Idiotin aus dir machst", stellte Bella richtig.
„Wenn es um dich gegangen wäre, hätte er das vielleicht nicht gemacht", schoss Mary zurück.
Als Bella den Mund öffnete, wurde Jane klar, dass die Mädchen sich gleich grausame Gemeinheiten an den Kopf werfen würden. Eilig schob sie Bella zum Klavierhocker.
Während die mühsam eine Sonate klimperte, saß Jane neben Lucinda auf dem Sofa. Philomena stand unsicher neben ihr, und Jane streckte den Arm aus, um das Mädchen aufzufordern, an ihrer rechten Seite Platz zu nehmen.
Ihr wurde klar, dass Christian es mit den Mädchen gut gemeint hatte, aber machtlos war, was ihre Zukunft betraf.
Genauso machtlos wie sie. Sie hatte ihnen gesagt, dass sie außer einer Ehe noch andere Möglichkeiten im Leben hatten. Aber welche? Wenn ihre Vergangenheit bekannt wurde, konnten sie keine Gouvernanten werden. Sie konnten nicht einmal einen Laden führen.
Die Mädchen hatten recht. Jane war wütend. Es wurde Zeit, dass die Opfer nicht länger für Verbrechen bezahlen mussten, die sie nicht begangen hatten!
Mary seufzte leise. „Lord Wickham hat mich auf eine sehr romantische Art aus meinem Gefängnis, dem Serail, befreit." Ihre
naive Heldenverehrung ließ das
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