Im Dienst des Seelenfängers
nicht… Seltsam. Es ist weg. Eine Sekunde lang… Vergiß es.« Ich behielt ihn im Auge. Er hatte Angst. Mehr Angst, als die Anwesenheit des Unterworfe- nen es rechtfertigte. Als ob ihn ganz persönlich eine Gefahr bedrohte. Ich warf einen Blick auf Knochenknirscher. Auch er sah Einauge an. Später machte Einauge es wieder, während wir an verschiedenen Patienten arbeiteten. Ich sah auf. Hinter ihm sah ich auf Hüfthöhe Augen leuchten. Ein Schauer rann mir über den Rücken.
Mit zunehmender Nervosität musterte Einauge die Finsternis. Als er mit seinem Patienten fertig war, säuberte er sich die Hände und näherte sich dabei Knochenknirscher. Ein Tier schrie auf. In den Lichtkreis hinein raste ein dunkler Schatten auf mich zu. »Forva- laka!« japste ich auf und warf mich zur Seite. Die Bestie flog über mich hinweg, und eine Klaue riß mir meine Jacke auf.
Knochenknirscher warf sich dem Werleopard im gleichen Augenblick entgegen und prallte beim Aufsetzen mit ihm zusammen. Einauge ließ einen Zauber los, der mich, die Forvalaka und alle Zuschauer blendete. Ich hörte die Bestie aufbrüllen. Aus Zorn wurde Qual. Mein Au- genlicht kehrte zurück. Knochenknirscher hielt das Ungeheuer in einem tödlichen Griff um- klammert, der rechte Arm würgte die Luftröhre, der linke zermalmte die Rippen. Unkontrol- liert fuhren die Klauen durch die Luft, ohne etwas zu treffen. Angeblich sollte das Biest die Kraft von einem Dutzend normaler Leoparden haben. In Knochenknirschers Armen war es hilflos. Der Unterworfene lachte und fetzte ihm einen Bissen aus seiner linken Schulter. Einauge taumelte zur mir heran. »Den Burschen hätten wir mal in Beryll dabeihaben sol- len«, sagte ich mit bebender Stimme.
Einauge war so verängstigt, daß er kaum Luft bekam. Er lachte nicht. Ehrlich gesagt hatte ich auch nicht mehr viel Humor übrig. Nur reflexmäßigen Sarkasmus. Galgenhumor.
Fanfaren hallten durch die Nacht. Männer rannten auf ihre Plätze. Waffengeklirr übertönte
das Erwürgen der Forvalaka.
Einauge packte mich am Arm. »Ich muß hier raus«, sagte er. »Komm schon.« Der Kampf vor mir hatte mich in seinen Bann geschlagen. Der Leopard versuchte, seine Ge- stalt zu verändern. Er sah nun annähernd wie eine Frau aus. »Jetzt komm endlich!« Einauge stieß schweflige Flüche aus. »Das Ding war schließlich hin- ter dir her. Es wurde ausgesandt. Laß uns verschwinden, bevor es sich wieder losreißt.« Trotz Knochenknirschers immenser Kraft und Wildheit verfügte es noch über ungeheure Energie. Der Unterworfene hatte ihm praktisch die linke Schulter herausgefetzt. Einauge hatte recht. Auf der anderen Seite wurden die Rebellen unruhig. Jeden Augenblick konnten Kämpfe ausbrechen. Aus beiderlei Gründen war es besser, sich zu verziehen. Ich schnappte mir meine Sachen und wieselte von dannen. Auf dem Rückweg kamen wir an Sturmbringer und Seelenfänger vorbei. Beiden entbot ich einen spöttischen Gruß; ich weiß nicht, welcher Teufel mich dabei ritt. Ich war überzeugt da- von, daß einer der beiden den Angriff inszeniert hatte. Keiner der beiden reagierte irgendwie darauf.
Die Reaktion setzte erst ein, als ich mich auf der Pyramide bei der Kompanie in Sicherheit befand und nichts anderes zu tun hatte, als darüber nachzudenken, was alles hätte passieren können. Dann erwischte mich das Zittern so heftig, daß Einauge mir einen seiner Gutenacht- tropfen verpaßte.
Etwas suchte meine Träume heim. Inzwischen schon gut bekannt. Goldenes Leuchten und wunderschönes Gesicht. Wie gehabt: »Meine Getreuen haben nichts zu befürchten.« Im Osten wurde es hell, als die Wirkung des Schlafmittels nachließ. Ich erwachte weniger verängstigt, aber nicht gerade beruhigt. Dreimal hatten sie es jetzt versucht. Jeder, der mich umbringen wollte, würde eine Möglichkeit dazu finden. Ganz gleich, was die Lady mir er- zählte.
Fast sofort tauchte Einauge an meiner Seite auf. »Geht’s dir gut?« »Ja. Alles bestens.«
»Du hast eine sagenhafte Schau verpaßt.« Ich hob eine Augenbraue.
»Der Kreis und die Unterworfenen haben es darauf angelegt, nachdem dir die Lichter aus- gingen. Das hat erst vor kurzem aufgehört. Diesmal war es etwas rauhbautzig. Knochenknir- scher und Sturmbringer sind dabei draufgegangen. Sieht so aus, als ob sie sich gegenseitig erledigt hätten. Komm mit. Ich will dir etwas zeigen.« Murrend folgte ich ihm. »Was haben die Rebellen abbekommen?« »Da kursieren unterschiedliche Geschichten. Aber so einiges. Mindestens
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