Im Dunkel der Nacht (German Edition)
Augenbrauen nach oben und sah Veronica an. Pernell war gut gealtert. Dad hatte keinen dieser Männer gemocht, als sie noch Kinder waren, doch Pernell hasste er besonders stark. Er war der einzige Afroamerikaner in der Clique neben Max gewesen. Justin und seine ruhigen vietnamesischen Eltern waren George auch verhasst gewesen, doch bei Weitem nicht so stark wie Pernell. »Dafür ist es jetzt etwas spät, Ronnie, oder?«
»Ich weiß. Ich wollte trotzdem fragen.« Sie hätte vor Jahren hierher kommen und Fragen stellen sollen. Allerdings hatte sie es nicht getan. Sie wollte keine Fragen stellen, da sie gehofft hatte, Max würde eines Tages aus eigenen Stücken zu ihr kommen. Sie hatte ihn nicht jagen und dazu zwingen wollen, wieder ihr Bruder zu sein. Sie wollte, dass es sein eigener Wille war zurückzukommen. »Hat er mit einem von Ihnen Kontakt aufgenommen?«
Für einen Moment sagte keiner ein Wort, und Veronica hielt den Atem an.
»Warum glauben Sie, dass er zu uns hätte kommen sollen?«, fragte Jimmy und lehnte sich gegen den Türrahmen.
»Na ja, die Polizei meint, er muss hierher zurückgekommen sein, da er kein Geld und keinen Zufluchtsort hatte, nachdem er weggelaufen war. Er hat jemanden um Hilfe bitten müssen.« Sie blickte erneut von einem Gesicht zum nächsten in der Hoffnung, irgendetwas aufblitzen zu sehen.
»Ach, jetzt verstehe ich«, sagte Caleb. Er drehte sich zu seinen Freunden um. »Meine Mutter hat mir erzählt, dass die Polizei das Haus vom alten Osborne kürzlich auseinandergenommen hat. Die müssen glauben, dass er es war. Sie glauben, dass Max aufgekreuzt ist und seinen alten Herrn um Hilfe gebeten hat.«
»So dumm wäre Max nicht gewesen«, sagte Justin. »Niemand wäre so dumm gewesen.«
»Also hat ihn niemand von Ihnen gesehen? Er hat keinen von Ihnen um Hilfe gebeten?«, bohrte Veronica nach.
»Tut mir leid, Ronnie. Wir haben ihn nicht gesehen.« Jimmy drehte sich um, um wieder ins Haus zu gehen. Veronica drehte sich ebenfalls um und stieß mit Zachary McKnight zusammen, der sie am Arm packte. »Was zum Teufel machen Sie hier?«
8
In Sekundenschnelle packte McKnight sie am Ellbogen und brachte sie zu ihrem Auto zurück. Rodriguez sprach zwischenzeitlich mit Max’ Freunden.
»Was zum Teufel wollten Sie hier?«, fragte er energisch.
»Ich dachte, dass einer von ihnen vielleicht Max gesehen hat, nachdem er aus der Sierra School ausgerissen war. Warum sind Sie hier?«
Er presste die Lippen zusammen und gab keine Antwort.
Sie entzog sich seinem Griff. »Sind Sie aus dem gleichen Grund hier? Wollen Sie auch wissen, ob sie meinen Bruder nach seinem Verschwinden noch einmal gesehen haben?« Vielleicht hatte sie Zachary McKnight falsch eingeschätzt.
»Ms Osborne«, sagte er und beugte sich ein wenig über sie.
»Es ist nicht Ihre Aufgabe herauszufinden, was mit Ihrem Bruder passiert ist. Darum kümmert sich die Polizei. Sie bringen sich im schlimmsten Fall in Gefahr. Im besten wiederum ruinieren Sie die Ermittlungen, und wir werden nie herausfinden, was Max zugestoßen ist.«
»Ich soll also still halten und mir meinen hübschen Kopf nicht zerbrechen, während Sie meinen Vater des Mordes an meinem Bruder beschuldigen?« Ein Teil ihres Ärgers war auf das Adrenalin in ihrem Kreislauf zurückzuführen, doch hatte sie deswegen nicht weniger recht. Und wenn er glaubte, sie einschüchtern zu können, nur weil er größer als sie war, hatte er keine Vorstellung davon, wie es war, mit ein Meter sechzig durchs Leben zu gehen. Es hatte nicht die geringste Wirkung auf sie. Sie ging einen Schritt nach vorne, sodass sie Zehenspitzen an Zehenspitzen standen.
»So würde ich es zwar nicht formulieren, aber im Prinzip, ja.« Er riss die Arme in die Luft. »Wir haben nicht die Absicht, jemanden gegen die Wand zu drücken, aber wir betrachten Ihren Vater selbstverständlich als Verdächtigen. Die Familie ist immer verdächtig. Da Ihr Vater vorbestraft und ein Alkoholiker ist und obendrein Probleme damit hat, seine Aggressionen zu kontrollieren, steht er auf unserer Liste ganz oben. Nur weil seine Tochter sagt, dass er zu einer solchen Tat nicht fähig wäre, hat er weder ein Alibi, noch ist er über jeden Zweifel erhaben. Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch in alle anderen Richtungen schauen. Wir ermitteln in diesem Verbrechen. Halten Sie sich bitte raus, und lassen Sie uns unsere Arbeit machen.«
Verdammt, er hatte recht. Plötzlich war all ihr Ärger verflogen. »Darf ich
Weitere Kostenlose Bücher